1831
Ernte: mäßig, Konjunktur: mäßig
Aufstieg des Republikanismus
Die Zentralkommission zur Untersuchung hochverräterischer Umtriebe warnt in einem Bericht zuhanden der Fürsten davor, dass eine Tradition des dauerrevolutionären Frankreichs zunehmend im Deutschen Bund Fuß fasst: Die Formierung von republikanischen Clubs in den großen Städten. Die Kommissionsmitglieder warnen eindringlich vor dieser Entwicklung und sehen in den Republikanern mittlerweile eine ebenso große Gefahr wie in den Burschenschaften. Den Fürsten wird eindringlich dazu geraten die Repression gegen diese Feinde der Monarchie zu intensivieren.
Lippe-Detmold
Bei der letzten Versammlung der Landstände von Lippe-Detmold, die im Juli wegen der Revolutionsgefahr vorzeitig aufgelöst wurde, waren zuletzt die vom Fürsten vorgelegten Ideen zur Linderung der sozialen Not im Fürstentum beraten worden. Zugestimmt hatten sie der Einführung von Heiratsbeschränkungen, weiteren Geldern für soziale Einrichtungen, der Förderung der Auswanderung und einem Beitritt zur mecklenburgischen Sozialkommission.
Die neu in Detmold tagende Nationalversammlung, die sich selbst nur als provisorische Institution sieht, hat sich unter dem Eindruck der anhaltenden Kriegsgefahr bisher nicht intensiv mit den Fragen befasst, daher sind bei ihr keine klaren Präferenzen erkennbar. Es scheint jedoch klar, dass man in einem ersten Schritt die Prioritäten auf die Behebung der Brandschäden in der Residenzstadt legen wird und die Abgeordneten hoffen mit öffentlichen Bauaufträgen gegen die grassierende Arbeitslosigkeit ankämpfen zu können.
Anhalt
Die Vorbereitungen für ein gemeinsames Parlament der drei Herzogtümer erweist sich als wichtiger Punkt bei den identitätsstiftenden Bemühungen des Herzogs. Da die Gendarmerie das öffentliche Versammlungsverbot in den folgenden Monaten nur halbherzig durchsetzt, finden in der Residenzstadt erstmals größere politische Veranstaltungen statt, selbst als der Winter in Dessau Einzug hält. Hierzu reisen politisch interessierte Bürger auch aus den anderen Teil-Herzogtümern nach Dessau zum Stadtpark, den man zu Ehren der russischen Kaiserin kurzerhand in Katharinenpark umbenennt. Selbst die der Entwicklung in Anhalt gegenüber eher kritisch eingestellte Mainzer Zentraluntersuchungskommission erkennt in ihrem Bericht zumindest an, dass die politische Agitation in den Herzogtümern in letzter Zeit rückläufig ist.
In Dessau werden als Vorbereitung außerdem Teile der Verwaltung zentralisiert und die entsprechenden Niederlassungen in Köthen und Bernburg aufgehoben, damit sie dem neuen Parlament im folgenden Jahr an seinem Tagungsort zur Verfügung stehen.
Thüringen
Die Land- und Forstwirtschaftsschule kann in diesem Jahr erstmals Weiterbildungskurse für die Bürger der Konföderation anbieten, die anfangs zwar noch etwas kritisch beäugt, aber dennoch rege genutzt werden. Der Streit innerhalb des Dekanats der Teilschule Schwarzburg kann durch die strikte Trennung der beiden Fakultäten vorerst beigelegt und auch der Bau des Stahlwerks nun begonnen werden.
Bei der Konferenz über die Zukunft des Deutschen Bundes, die in der Frage der Zölle von den jüngsten Ereignissen überholt wird, sind die zahlreichen Teilnehmer hinsichtlich der zukünftigen Wirtschaftspolitik aller deutschen Staaten in zwei etwa gleich große Lager gespalten. Das eine ist mit dem jetzt erreichten, den ca. drei Zollräumen innerhalb des Bundes, soweit zufrieden und will den Bund mit hohen Außenhandelszöllen so abschotten, dass der Binnenhandel gestärkt wird und die sich entwickelnde Industrie vor der übermächtigen Konkurrenz des Auslands geschützt ist. Man könne allenfalls, wenn die Zollunionen sich bewähren und das politische Klima dafür besser geeignet ist, anstreben die nord- und die süddeutsche Union zu vereinen und so den gemeinsamen Wirtschaftsraum noch grösser zu machen.
Dem gegenüber steht eine Koalition, die von der Thüringer Gesellschaft für Internationalen Handel und Vertrieb angeführt wird. Sie befürworten zwar an und für sich den Fall der Zollbarrieren innerhalb des Bundes ebenfalls, sprechen sich aber dezidiert gegen hohe Importzölle aus. Sie stehen dem Ideal des Freihandels, das vor allem von Großbritannien propagiert wird, deutlich näher und wollen daher alle Beschränkungen vermeiden, die internationale Handelspartner allenfalls zu vergleichbaren Zollstrafen greifen lassen würden.
Hinsichtlich der politischen Entwicklung zeigt man sich ähnlich ratlos wie die Hexarchen. Grundsätzlich müsse man die Institutionen des Bundes weiter stärken, doch zeigten die bei jeder sich bietenden Gelegenheit ausbrechenden Grabenkämpfe zwischen den Fürsten, dass dies möglicherweise eine Sisyphusarbeit sein werde. Hinter vorgehaltener Hand wird viel von den an Stärke gewinnenden deutschnationalen und republikanischen Bewegungen gesprochen, die eines Tages die Fürsten vielleicht zu einer Abkehr von ihrem bisherigen Verhalten zwingen könnten.
Oldenburg
Die Regionalparlamente und Kommunen erhalten im Jahr 1830 erstmals Gelder und beginnen damit diese auf Anraten des Großherzogs in größere Infrastrukturprojekte zu investieren. Die angebotenen zinslosen Darlehen werden vollständig ausgeschöpft und nach Auskunft der Verwaltung wäre man wohl problemlos noch einmal die gleiche Summe losgeworden, wenn man allen Anfragen der Regionen nachgekommen wäre. Bei der Planung der neuen Straßen versucht man zunächst soweit möglich entsprechend den Anweisungen die Entstehung kleiner Seen zu begünstigen. Allerdings legen gerade die Kommunen die Straßen bevorzugt entlang der landwirtschaftlich am besten nutzbaren Flächen an, weshalb man da oft in Konflikt mit den Landbesitzern gerät, die nicht bereit sind Ackerfläche zu opfern. In einigen Fällen kann man sich mit den Eigentümern über höhere Entschädigungszahlungen einigen, aber oftmals werden die Seen entlang ganzer Straßenabschnitte wieder aus den Plänen gestrichen, gerade da die 5% Mehrkosten bei weitem nicht den Mehraufwand an Arbeit abdecken.
Die britischen Wirtschaftsblätter danken dem Großherzog für sein Interesse, aber man sieht gegenwärtig keinen Sinn darin in Oldenburg ganze Redaktionen einzurichten. Einige Verlage planen jedoch gemeinsam einen fest angestellten Korrespondenten in der Börse von Rüstringen zu beschäftigen.
Die Armeeverwaltung hat zudem die zu erwartenden für die Schützenvereine mal grob überschlagen und kommt, selbst wenn man den Unterhalt der Schützenhäuser und ähnliches zu den Kommunen delegiert, auf jährliche Kosten von mindestens 1'220 G. Mit dem Geld könnte man im Verlauf der nächsten Jahre eine ausreichende Zahl an Gewehren für alle dienstpflichtigen Männer besorgen und den halbwegs seriösen Unterhalt der Waffen sicherstellen. Bei anderen, mit erheblich höheren Aufwendungen verbundenen Varianten gehen die Schätzungen bis zu 6'000 G oder noch höher, aber die hält man nicht für finanzierbar.
Mecklenburg-Strelitz
Die Wahlen des Jahres 1830 gehen ohne nennenswerte Zwischenfälle vonstatten, da sie glücklicherweise vor dem Übergreifen der revolutionären Unruhen in den Deutschen Bund stattfanden. Das Parlament genießt unter den politischen Kräften im Großherzogtum durch den zur Zufriedenheit aller Beteiligten geschlossenen Kompromiss bereits eine recht hohe Akzeptanz, auch weil Teile der Regierung mit dem Arrangement über die Ernennung der Minister erstmals der Legislative zur Rechenschaft verpflichtet sind. Der neue Senat der Hansestadt Lübeck hat im Übrigen zugesagt, dass man das Angebot des Großherzogs annehmen und zwei Beobachter entsenden wird, die den Sitzungen des Parlaments beiwohnen werden.
Sachsen
Im Frühling des Jahres 1830 wurde in Sachsen mit hohem Aufwand begonnen die Abschaffung der sogenannten Dreifelderwirtschaft nach dem Vorbild Bayerns durchzuführen, die Bemühungen kamen allerdings im Herbst zeitweise durch Krieg und Revolutionswirren fast vollständig zum Erliegen. Damit wurden die Maßnahmen zwar begonnen, aber noch nicht flächendeckend durchgesetzt, man rechnet damit, dass dies noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen könnte.
In Dresden wird die vom König eingebrachte Verfassung mit knapper Mehrheit angenommen, die Gegenstimmen kamen dabei vor allem aus den Reihen des Adels und des konservativen Bürgertums. Genug Stimmen für die Verabschiedung kommen dabei erst zusammen, als die Nationalversammlung zusätzlich zu den Zusicherungen des Königs den Zensus für das Wahlrecht der ersten Kammer recht hoch ansetzt, um so den Einfluss des gemeinen Volkes auf das Oberhaus zu begrenzen.
Bei der zeitgleich mit der zweiten Nationalversammlung tagenden Wirtschaftskonferenz kommt man zu dem Ergebnis, dass den Wiederaufbauarbeiten der sächsischen Manufakturen erste Priorität eingeräumt werden müsse, nachdem diese durch Maschinenstürmer und in Chemnitz tagelangem Artilleriebeschuss erheblich in Mitleidenschaft gezogen wurden. Man rechnet damit, dass hierfür staatliche Kredit- und Investitionsfonds in der Höhe von mindestens 50'000 G notwendig sein werden, eine Summe, die man sich nötigenfalls auch durch höhere Staatsschulden beschaffen müsse. Ein solches Bauprogramm hätte zusätzlich noch den Vorteil, dass es für einige Jahre den zahlreichen Arbeitslosen in den Städten gute Beschäftigungschancen bieten würde.
In der Nationalversammlung nebenan werden, um die in den Städten durch zuströmende arbeitslose Landarbeiter noch verschärfte soziale Not zu bekämpfen, noch weitergehende Ansätze verlangt. Der Staat solle gemeinnützigen Produktionsgenossenschaften großzügig Kredite gewähren und so weiter Arbeitsplätze schaffen. Hierzu gibt es allerdings erhebliche Bedenken von Seiten des Großbürgertums, welches die Effektivität solcher Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und die Qualität der dort geleisteten Arbeit bezweifelt. Man sagt außerdem voraus, dass solch massive staatlichen Eingriffe in die Wirtschaft die bereits jetzt eingesetzte Abwanderung von Betrieben in die Nachbarstaaten, vor allem dem vergleichsweise stabilen Thüringen, verschärfen und die privaten Investitionen einbrechen lassen werden.
Bayern
Die Förderung von verarbeitenden Betrieben für landwirtschaftliche Erzeugnisse in Bayern wird sehr positiv aufgenommen, wozu ab dem Herbst auch die Ereignisse in Sachsen, die den Warenverkehr nach Osten weitgehend lahmlegen, entscheidend beitragen. Da Lieferverträge etwa mit dem preußischen Manufakturen in Schlesien nicht mehr eingehalten werden können, wenden sich viele Bauern den neuen lokalen Betrieben zu, die mit staatlicher Unterstützung vor allem in der Umgebung von München und Nürnberg in großer Zahl entstehen. Dem Einsatz der Dampfkraft steht die Industrie allerdings sehr kritisch gegenüber, man kennt diese Technologie noch kaum, sie gilt als teuer in der Anschaffung und aufgrund mehrerer Unfälle in England vor allem als extrem gefährlich.
Man weist aber darauf hin, dass ob dem industriellen Aufschwung in manchen Gegenden die schwierige finanzielle Lage vieler Bauern nicht vergessen werden dürfe. Der Wegfall bisheriger Abnehmer hat viele von ihnen in hohe Schulden gestürzt und im nördlichen Franken kommt noch die Belastung durch die einquartierten Soldaten hinzu. Nur die in den Städten geschaffenen neuen Arbeitsplätze bringen eine gewisse Linderung der Not. Man fürchtet neue Bauernaufstände auch in anderen Gegenden Bayerns.
Im Zuge der Neugründungen der Kloster ergeben sich mancherorts Probleme mit dem bayrischen Militär. Dieses hat in den vergangenen 15 Jahren säkularisierte Klostergebäude und ihr Umland oft als Kasernen genutzt und ist nicht bereit diese ohne weiteres aufzugeben. Man erwartet hier vom König einen Grundsatzentscheid, ob in solchen Fällen die Kloster oder die Armee den Vorrang haben sollen. Alternativ, um beide Gruppen vollständig zufrieden zu stellen, bliebe sonst nur der Neubau vieler Kasernen übrig, was aber eine nicht unerhebliche finanzielle Investition wäre (konkret eigener Schwerpunkt und über mehrere Jahre Kosten bis zu 100'000G).
Württemberg
Die staatlichen Investitionen in die Tuchmanufakturen und die Senkung der Exportzölle auf Salz in die Schweiz sorgen in beiden Branchen trotz des schwierigen finanziellen Umfelds für ein moderates Wachstum. Unter den Wirtschaftsliberalen ist die Maßnahme zwar umstritten, sie argumentieren, dass auf diese Weise mit staatlicher Unterstützung auch so manch ein Betrieb über Wasser gehalten wird, der im Sinne der Marktwirtschaft besser bankrott gegangen und Platz für fittere Unternehmen gemacht hätte. Im Parlament findet ein Antrag gegen die Industrieförderung jedoch angesichts der immer noch hohen Arbeitslosigkeit im Königreich keine Mehrheit.
Da man allgemein unglücklich über die Teilnahme des Württembergischen Heeres am als sinnlos empfundenen sächsischen Krieg ist, senkt das Parlament die Steuern um einen Prozentpunkt.
Das Wirtschaftswachstum zusammen mit den neuen Rekrutierungen für die königliche Armee sorgen tatsächlich dafür, dass nach Schätzungen der Verwaltung in Württemberg erstmals seit Jahren die Arbeitslosenzahlen wieder sinken. Es wird sich freilich erst in Zukunft zeigen, ob dieser Trend nachhaltig ist oder es sich nur um eine kurze Episode handelt.
Nassau
Die Kommission legt dem Herzog (wo hat er wohl das 'Groß' gestohlen? ) einen umfassenden Bericht zu möglichen Varianten beim Straßenbau in Nassau vor. Da seit der Gründung des Deutschen Bundes nie in die Infrastruktur des Herzogtums investiert wurde, ist der Nachholbedarf auf die benachbarten Staaten entsprechend groß, weshalb man 10'000G für eine Basisversion veranschlagt, bei der zumindest die größeren Ortschaften verbunden und einzelne Verbindungsstraßen zu den Nachbarländern errichtet würden.
Wenn der Herrscher gewillt ist in größerem Umfang zu investieren, wären auch Ausgaben im Rahmen von bis zu 25'000 G möglich, hierbei würden zusätzlich entlegene aber für den Bergbau interessante Gebiete erschlossen sowie die teilweise herunter gewirtschafteten Hafenanlagen an Rhein und Lahn wieder instand gesetzt. In dem Zusammenhang empfiehlt man dem Herzog sich mit der mittlerweile weitgehend versandeten Diskussion über die Schifffahrt auf dem Rhein auseinander zu setzen. Sowohl stromaufwärts als auch stromabwärts bestehen nach wie vor Stapelrechte und die meisten Rheinanliegerstaaten unternehmen nur sehr wenig zur durchgehenden Schiffbarmachung des Stroms, was den Warenverkehr behindert und sich damit negativ auf die möglichen Zolleinnahmen Nassaus auswirkt.
Baden
Die freien Audienzen in Schloss Karlsruhe waren das ganze Jahr über gut besucht. In den Unterredungen mit dem Großherzog waren vor allem unsinnige bürokratische Regelungen, die oftmals noch auf die Zeit des alten Reiches zurück datieren, ein beliebtes Thema. Im Parlament wurden daraufhin entsprechend den vorgebrachten Vorschlägen eine Reihe von Reformen zum Steuerwesen und den Zollgesetzen beschlossen, von denen man sich die Behebung einiger der unsinnigen Hürden der Bürokratie verspricht.
Eine ebenfalls häufig genannte Kritik waren die Exportförderungen, die das benachbarte Königreich Württemberg neuerdings seinen Salinen für die Ausfuhr von Salz in die Schweiz gewährt. Manch eine Saline in Baden hat daher mit Absatzschwierigkeiten im Süden zu kämpfen, da ihnen die württembergischen Betriebe die Marktanteile abjagen. Man wünscht sich daher vom Großherzog geeignete Maßnahmen gegen die Erosion dieses für die Außenhandelsbilanz bedeutsamen Geschäfts, etwa indem er selber ähnliche Förderungen betreibt oder beim König von Württemberg auf das Ende dieser umstrittenen Praxis drängt.
Da man allgemein unglücklich über die Teilnahme des badischen Heeres am als sinnlos empfundenen sächsischen Krieg ist, senkt das Parlament die Steuern um zwei Prozentpunkte. Man hält dies auch für dringend nötig um in dern neuen Zollunion gegen das wesentlich geringer besteuerte Württemberg bestehen zu können.
Die Eingliederung der Milizionäre in das reguläre Militär gelingt nur in seltenen Ausnahmefällen. Die meisten der Freiwilligen, die sich für die Miliz gemeldet hatten, sind Bürger in Uniform, die neben dem Teilzeitdienst bereits einer geregelten Beschäftigung nachgehen und kaum Interesse haben an einer Karriere in der Armee. Die Militärführung empfiehlt stattdessen die Einberufungsquoten zu erhöhen, um die Truppe auf die gewünschte Mannstärke von 10'000 Soldaten aufstocken zu können.
Österreich
Die gesetzliche Aufhebung der Erbuntertänigkeit und Leibeigenschaft bewirken einen erstmaligen Anstieg der Bauernbefreiung im Kaisertum auf 5%. Dies ist jedoch ein Durchschnittswert des gesamten Reichsgebiets, regional zeigen sich zum Teil erhebliche Abweichungen. Denn während die Maßnahmen in Norditalien und Böhmen mehrheitlich positiv aufgenommen und rasch durchgesetzt werden, widersetzen sich der selbstbewusste ungarische und deutschösterreichische Adel und setzen die Ersatzzahlungen schon fast missbräuchlich hoch an. Eine vollständige Bauernbefreiung in ganz Österreich bis zum Jahr 1840 hält man daher im Kabinett auch für sehr unrealistisch, bei der Fortführung der angekündigten Strategie dürfte man bis dahin nicht über 15% kommen. Dies sei aber keineswegs nur negativ zu bewerten, denn bei der gegenwärtigen Struktur der österreichischen Landwirtschaft würde man mit einem zu schnellen Anstieg auch in gewaltige Probleme rein laufen, etwa einer verbreiteten Arbeitslosigkeit auf dem Land und der Verarmung des niederen Adels. Sollte der Kaiser den Fortschritt der Bauernbefreiung noch ein Stück weit beschleunigen wollen, werde man um zusätzliche Fördermaßnahmen nicht herum kommen, etwa nach dem Vorbild Oldenburgs eine staatliche Beteiligung an der Abzahlung der Bauernhöfe, und die Landaristokratie in Österreich und Ungarn stärker an die Kandare nehmen müssen.
Preußen
Über die Auswirkungen der Heeresreform wird Ende des Jahres in Preußen kontrovers diskutiert. Die Heeresleitung zeigt sich weitgehend zufrieden, hat die preußische Armee doch während ihres Einsatzes in Sachsen, abgesehen von der Niederlage bei Freiberg, den gegnerischen Truppen durchs Band die höheren Verluste zugefügt und die Zerschlagung eines 20'000 Mann starken feindlichen Heeres wurde nur durch den Waffenstillstand in letzter Sekunde abgewendet. Man rät dem König in dem Zusammenhang beim österreichischen Kaiser auf die baldige Freilassung der Kriegsgefangenen hinzuarbeiten, insbesondere dem bei Freiberg in Gefangenschaft geratenen Regiment.
In vielen Landtagen, insbesondere denjenigen Westfalens und des Rheinlands, ist der Sachsenkrieg hingegen höchst umstritten. Man sieht den Vorwurf des Vorjahres bestätigt, demnach der preußische Staat sein Geld vorzugsweise für militärische Abenteuer verschleudert, anstatt es zu investieren, um das Königreich voran zu bringen. Mancherorts ertönen auch patriotische Rufe, welche die Erwerbung des Herzogtums Limburg und die Integration dessen deutscher Gebiete in die Rheinprovinz feiern. Dennoch setzen die Parlamentarier mehrheitlich eine Steuerkürzung um 2 Punkte durch. Erstens hält man dies für gegeben um in der neuen Zollunion konkurrenzfähig zu bleiben, zweitens will man so weitere militärische Abenteuer gegen den Willen des Volkes vermeiden, wie in Sachsen. Als Bedingung für eine Neuverhandlung in Steuerfragen setzen die Parlamentarier Einsparungen beim Militär.
In Berlin wird unterdessen mit Spannung der Beginn die für das Frühjahr geplanten Konferenz mit den Bürgerräten der unruhigen Westprovinzen erwartet. Ungeklärt ist nach wie vor die Frage, ob es den Räten, die sich spontan auch in Schlesien und der Provinz Sachsen gebildet haben, ebenfalls erlaubt sein soll Vertreter in die Hauptstadt zu entsenden.
Dänemark
Der Schiffsverkehr zwischen Nord- und Ostsee nimmt nach der Eröffnung des Eiderkanals und der Senkung des Sundzolls merkbar zu, so dass trotz der besagten Zollsenkung und dem Abtreten von 8% der Kanaleinnahmen an Mecklenburg-Strelitz am Ende des Jahres ein nennenswerter Mehrbetrag in der Staatskasse übrig bleibt. Dem metrischen System gegenüber bestehen währenddessen noch erhebliche Widerstände. Die großen Handelsunternehmungen haben wegen ihrer Beteiligung am Kolonialhandel mit Frankreich zwar schon seit längerem auf das neue Einheitensystem umgestellt, beim kleinräumig organisierten Gewerbe Dänemarks herrscht dagegen noch Skepsis. Es wird vermutlich noch ein gewisser Aufwand notwendig sein, um das metrische System (-> Reaktion) überall im Königreich verbindlich durchzusetzen.
Dänisch-Westindien profitiert 1830 von erneut schlechten Ernten im Süden der USA, politischen Unruhen auf Haiti und dem Produktionseinbruch der Zuckersiedereien in Schlesien, weshalb die in den Kolonien tätigen Handelsunternehmen beispiellose Gewinne erzielen und an die 10% zum dänischen Etat beitragen. Allerdings fürchtet so manch ein Anleger, dass das Ganze sich mehr und mehr zu einer Spekulationsblase entwickelt und ein Fallen der Zuckerpreise absehbar ist. Dementsprechend nehmen einige Großanleger in diesem Jahr die Gelegenheit wahr ihre bisherigen Gewinne zu sichern und ziehen ihre Investitionen aus den Unternehmen ab.
Den rekordverdächtigen Einnahmen aus dem Kolonialhandel stehen sinkende Steueraufkommen in manchen Gegenden des Königreichs gegenüber, einerseits wegen der seit Herbst einbrechenden Konjunktur aber auch weil es den Beamten kaum gelingt in den aufständischen Regionen die noch ausstehenden Steuern einzutreiben.
Hannover
Der Besuch bei der Stockton and Darlington Railway stand unter etwas anderen Vorzeichen als derjenige einer Delegation aus Thüringen zwei Jahre zuvor, ist das tragische Unglück vom 1. Juli 1828 doch noch allen in Erinnerung. Die explodierte Locomotion No 1 wurde mittlerweile wieder instand gesetzt und befährt die Strecke nun seit mehreren Monaten wieder, dennoch herrsche eine gewisse Zurückhaltung gegenüber der Eisenbahn vor. Nichtsdestotrotz hat man sich mit Konstrukteur Timothy Hackworth ausgetauscht und die Möglichkeit des Einsatzes der Eisenbahn in Hannover diskutiert. Man ist sich darüber einig, dass das Potential in dem flachen Königreich recht groß ist, doch sind sicher einige Jahre der Erprobung notwendig, bevor man einen fahrtüchtigen Prototypen zum Einsatz bringen kann.
Zur Unterstützung der Moorkolonisation wird der Finanzminister von nun an wie verlangt jährlich selbstständig die Summe von 2'000 G abziehen, durch diesen Automatismus brauchen die Gelder nicht mehr separat im Etat aufgeführt zu werden. Man empfiehlt aber in einigen Jahren die Arbeiten einer kritischen Prüfung zu unterziehen, um zu sehen, ob das Projekt wie geplant verläuft.
In Hannover beginnt Ende Jahr der Wahlkampf um die Sitze in dem neuen Parlament, das im Frühling dann erstmals zusammentreten soll. Ein wichtiges Wahlkampfthema ist dabei der Einsatz der hannoveranischen Soldaten in Irland, die Verlegung von Wehrpflichtigen nach Übersee ist nämlich in den Bevölkerung recht unpopulär. Das Kabinett empfiehlt in dem Zusammenhang vorsichtig zwischen den Treuepflicht zu Großbritannien, die selbstverständlich vom Statthalter erwartet und von London auch entsprechend honoriert wird, und seiner Verantwortung gegenüber dem Volk von Hannover abzuwägen. Noch sei ein Ende des Einsatzes nicht abzusehen und kritische Rückfragen an das Hauptquartier der britischen Armee sicherlich gerechtfertigt. Man könne auch darüber nachdenken die vor allem im Großraum Dublin eingesetzten hannoveranischen Soldaten in einer öffentlichkeitswirksamen Art und Weise zu unterstützen.
Mecklenburg-Schwerin
Wie im Landesteil Strelitz ist die Reform des Gerichtswesens beim Volk sehr populär, trotz der Kompromisse an die Landstände verspricht man sich von der Übertragung der Gerichtsbarkeit an unabhängige Richter endlich faire Verfahren für jeden Kläger unabhängig seines Standes. Im Gegenzug äußern die vom Großherzog beschäftigten Spitzel gewisse Bedenken. In der Vergangenheit waren sie, wenn vom Landesherrn Prozesse gegen spezifische Gruppen wie etwa aufmüpfige Studenten angestrengt wurden, recht unzimperlich was die Beschaffung von Beweisen und Zeugen anging. In Zukunft werden sich Prozesse daher sehr viel aufwändiger gestalten, da ein unabhängiges Gericht illegal beschaffte Beweise logischerweise ablehnen wird.
Liechtenstein
Die zusätzlichen Strafen und häufigen Kontrollen für den 'Verlust' von Pässen sorgen nach einiger Zeit für einen deutlichen Rückgang der Versuche das Gesetz zu umgehen. Die Geheimpolizei hat mittlerweile etwa 500 Personen auf der Beobachtungsliste, die besonders häufig beim Versuch auffielen die Passbestimmungen zu umgehen. Kehrseite des ganzen ist, dass man diese Personen zunehmend Schuldhaft stecken muss, weil sie die verhängten Strafen gar nicht bezahlen können. Vom Mittel der Zwangsarbeit wird deshalb etwas häufiger Gebraucht gemacht, als es der Fürst prophezeit hatte.
Militär und Geheimpolizei machen sich etwas Sorgen um die Finanzierung des nächsten Jahresetats, da die Staatskasse Liechtensteins einmal mehr leer ist. Mit den gegenwärtigen Einnahmen werden sich nicht einmal die laufenden Kosten begleichen lassen.
Mit großem Aufwand wird in Balzers mit dem Bau von Unterkünften für die Pilger begonnen, die erwähnten Zwangsarbeiter zum Ausbau der Straßen eingesetzt. Die Werber tun ihr bestes, um den Wallfahrtsort in den katholischen Gebieten der genannten Länder bekannt zu machen, sie sind aber nicht besonders optimistisch, dass auf absehbare Zeit gleich ein großer Ansturm von Pilgern einsetzen wird. Die Grenze nach St. Gallen und Graubünden ist nun schon seit mehreren Jahren abgeriegelt, von der Seite könne man daher überhaupt keine Besucher erwarten. Dass das Fürstentum Liechtenstein im nahen Ausland hinter vorgehaltener Hand spöttisch ein 'Pulverfass, das nur darauf wartet hochzugehen' genannt wird, hilft dabei auch nicht gerade und schreckt Pilger ab.
Wie immer sind natürlich einige Fehler eingebaut um zu schauen ob ihr auch wirklich aufpasst!