Licht und Schatten in Hamburg
Hamburg. Der FC St. Pauli ist zu beneiden. Nach dem geglückten Aufstieg in die erste Bundesliga scheint Fortuna dem Club wohlgesonnen zu sein. Die Mannschaft hat - entgegen anders lautenden Meldungen - keine namhaften Abgänge zu verzeichnen und glaubt man den Gerüchten, werden einige interessante Neuverpflichtungen den Erstligakader der Kiezkicker bereichern.
Auch finanziell könnte es dem FC St. Pauli nicht besser gehen. Vorbei die Tage, in denen Freundschaftsspiele gegen süddeutsche Rekordmeister und "Retter"-T-Shirts für das Überleben des Clubs notwendig waren. Eine gesunde finanzielle Planung in der Vergangenheit sorgt heute für ein Polster, mit dem auch die Herausforderung der Zukunft gemeistert werden können. Die Zusatzeinnahmen durch die erste Liga sind hier ein erfreulicher Bonus.
Die Clubführung in Person von PaulMic erntet sowohl bei Trainer als auch bei Spielern und Fans große Begeisterung. Warum auch nicht, schließlich hat PaulMic den Verein finanziell auf eine gesunde Basis gestellt und den Aufstieg geschafft. Die Aussichten sind glänzend.
Anders beim "großen Bruder" aus Hamburg. Die Rothosen leiden unter der verpassten Qualifizierung für den internationalen Pokal. Nicht erst seit der Entlassung des Trainers wird dem Sportdirektor des HSV, Hawkeye, nachgesagt, den Verein nach Gutsherrenart zu regieren. Auch die Tatsache, dass er keine starke Persönlichkeit als Trainer neben sich duldet und die Art und Weise, wie er den Verein führt, ärgert viele Fans.
Immer noch nicht geklärt ist die Trainerfrage. Das Chaos beim HSV geht weiter. Gerüchten zufolge trat Hawkeye bei der Suche nach einem geeigneten Übungsleiter in ein großes Fettnäpfchen. Angeblich wollte der HSV-Boss Holger Stanislawski vom FC St. Pauli loseisen. Doch der lehnte ab, "ich wäre doch verrückt, wenn ich zu diesem Sch...-Verein gehen würde" soll Stanislawski gesagt haben. Vom FC St. Pauli hörte man indes nur "kein Kommentar", auf Nachfrage erklärte man, dass die gute Zusammenarbeit mit Holger Stanislawski weiter fortgeführt werde, ein neuer 3-Jahresvertrag winke sogar.
So bleiben nach dem Abgang von Bruno Labbadia die üblichen Verdächtigen. Lothar Matthäus, Jürgen Klinsmann, Steve McClaren, Gérard Houllier und Marcel Koller sind nur einige der Namen. Doch hinter vorgehaltener Hand heißt es aus dem HSV-Umfeld, dass niemand an eine vernünftige Lösung unter dem derzeitigen Clubpräsidenten glaubt. Die Trainersuche sei typisch für den Club-Chef. Nichts mache er richtig, aber vieles falsch, so einige verbitterte Stimmen.
Versinkt der HSV also nächste Saison im Niemandsland der Tabelle? Fußballexperte ThorBall sieht das anders, wenn auch nicht weniger dramatisch. "Der HSV steht vor einer entscheidenden Saison. Die verpasste Europaleage-Qualifikation und das gleichzeitige Missmanagement im Verein wird bei vielen Spielern ein Abwandern bewirken."
Die zu erwartenen schlechten Leistungen der eigenen Mannschaft und das Auftauchen von Pauli in derselben Spielklasse könnte dazu führen, dass sich viele Fans vom Verein abwenden. Die Fehler sieht der Experte ganz klar beim Sportdirektor. "Springt er jetzt nicht über seinen eigenen Schatten, gehen für den HSV die Lichter aus." Ein Abstieg in die zweite Liga wär die Folge - der erste in der Vereinsgeschichte!
Aber während es für den HSV düster aussieht, scheint der Kiezclub weiter auf der Welle des Erfolges zu schwimmen. "Wir wollen angreifen!" so der Clubpräsident PaulMic. Die Meisterschaft könne man in der ersten Saison wohl noch nicht erwarten, wohl aber eine bessere Platzierung als der stadtinterne Konkurrent. "Die Nr. 1 im Hamburg sind wir!" so die selbsbewusste Ansage vom vermeintlichen Underdog.