[Mizuko. Neu-Babel]
Mit laut dröhnendem Motor fährt die Limo durch die Stadt. Lambert und Andrej sitzen vorne, Mizuko ist hinten allein und während sie gedankenverloren ihre Reflexion in der Scheibe betrachtet und sich von einer Stimme berieseln lässt, lässt sie jenseits des Fensters die Sehenswürdigkeiten Neu-Babels an sich vorüberziehen und verpasst so die beiden Türme 'Tod' und 'Teufel', die Hütten des Ghettos der Minori-Mutanten und das schwarze Glas des Monolith-Wohnblocks. Die Stimme sagt dazu: "Die Erstbesiedelung des Mars geschah zur Zeit der 26. Dynastie durch trojanische Flüchtlinge um den Priamossohn Marmoros herum, die am Vesuv durch ein Hohlweltportal stürmten und hier strandeten. In der Anfangszeit exportierten sie Keramik und roten Sand zur Erde, ehe nach dem Fall Alba Longas der Kontakt abriss und sie ganz auf sich gestellt waren..."
Mizuko fühlt sich allein. Sie möchte sprechen, doch sie wagt es nicht, und verliert sich wieder in ihrer Reflexion. Ihre Sonnenbrille fehlt. Die liegt noch im Shuttle, weil die von der Abwehr sie ihr abnahmen. Da erkennt sie, dass die Jungs vorne von ihr sprechen.
Lambert sagt: "... ja, ich meine, ja, Rassenschande ist immer schlecht, aber wir müssen doch zugeben, dass sie ganz lecker ist, mit ihren Mopsis und so. Oder was meinst du?"
Andrej sagt: "Ich finde, sie ist kein Gretchen. Wusstest du übrigens, dass die Gretchentragödie mit ihren verborgenen Schätzen, dem Soldatenbruder und so weiter Goethes einzigen, zaghaften Versuch eines bürgerlichen Trauerspiels darstellt?"
Lambert sagt: "Wohl wahr. Ich finde es übrigens furchtbar, dass keine Inszenierung den Erdgeist mit Gretchen zusammenfügt und diese warme Erdrolle als Vorandeutung der Erlösung Fausts durch den weiblichen Schoß verwendet, was den episodischen Aufbau des Stücks zudem mehr in Richtung eines klassischen Dramen-Spannungsbogens verschiebt. Aber wir sollten ein Spiel spielen - und Zuko wird es gefallen."
Er sucht ihren Blick über den Rückspiegel und sie errötet. Ihre Mutter nennt sie Zuko.
Lambert fährt fort: "Wir spielen jetzt ein Spiel und wenn ich gewinne, daaaann... dann muss unser Küken für mich das Auto waschen - und zwar nackt." Er fügt nach hinten an: "Nichts gegen dich, Kleine, aber dein Fahrstil ist scheiße", ehe er sich wieder an Andrej wendet: "Und du? Was willst du von ihr?"
Andrej überlegt, dann antwortet er: "Ich würde sie furchtbar gerne zum Essen ausführen, in ein edles Lokal, vielleicht Sushi, das mögen wir beide. Dann könnten wir noch auf einen Drink bleiben - Wodka für mich, stilles Wasser für sie - und über Gott und die Welt reden. Aber dann will sie sicher nicht mit auf einen Kaffee hochkommen, also Fuck it! Ich will einen Dreier mit ihr und dem Captain!"
Lambert grinst: "Also dann. Best of Drei. Schnick schnack schnuck. Schnick schnack schnuck."
Mizuko möchte etwas sagen, doch sie bekommt kein Wort heraus. Sie weiß, dass die Türen verriegelt wurden, was geschah, um sie vor dem fehlenden Sauerstoff zu schützen.
Sie hört sie vorne spielen. Sie weiß nicht, wie es steht.
Lambert nimmt sich eine Pause und sucht ihren Blick: "Sag mal, kleiner Eisvogel, wer soll dich denn gewinnen?"
Sie stammelt nur: "Manche Formen des Christentums erlauben Gatten mehr als eine Frau, aber ich weiß nicht, ob ich für mich damit einverstanden..."
Er wendet sich um und fällt ihr mit einem dreckigen Grinsen ins Wort: "Aber er will dich doch nicht heiraten. Er möchte den Captain und dich einfach nur richtig hart durchficken."
Mizuko sagt: "Na dann..." Sie weiß selbst nicht, wie sie es meint.
Sven steigt neben ihr ein und sagt: "Ich unterbreche euch ja nur ungern, aber der Doktor ist tot und deshalb muss ich unseren Piloten vivisezieren. Wenn ich also kurz..." Mit einem Skalpell in der Hand sticht er zu, direkt auf ihre Kehle, und sie...
Mizuko erwachte im Fahrgastraum des Mietwagens, den dröhnenden Handstaubsauger neben ihr liegend. Ihre Stimme schalt sie, doch sie war erst einmal nur verwirrt.