Troja
Daenerys saß an ihrem großen Schreibtisch in ihrem Solar. Wieder und wieder las sie die Mitteilung aus Bethania durch. Jene beinhaltete ganz andere Informationen, als sie erhalten hatte. Was nur eines bedeutet - Sie wurde verraten. Genau genommen wurden ihr nur gewisse Details vorenthalten, aber auch das ist Verrat.
Es kann nicht wahr sein. Sie schlug die Hände über dem Kopf zusammen, aber richtete sich wieder auf, als Die massive Eichentür sich öffnete. Ratsherr Varis trat in Begleitung von zwei Gardisten in ihr Solar.
„Ratsherr, könnt ihr euch denken, warum ich euch zu mir bringen ließ?“ Der kahlköpfige nach Himbeeren duftende Mann verbeugte sich tief vor ihr. „Nein euer Gnaden, ich bin überaus überrascht.“ Ihr war klar, dass er das sicher nicht war. Niemand konnte Varis überraschen. Außer vielleicht die Durchii, aufgrund ihrer Andersartigkeit war es sehr schwer Spione in ihren großen Städten wie Har Greaf unterzubringen. Weshalb Troja blind für alles war, was dort vor sich ging, aber das ist eine andere Geschichte.
„Gut Ratsherr, wenn ihr spielen wollt, lest selbst.“ Sie überreichte ihm die bethanische Verlautbarung. Der rätselhafte Mann las sie Wort für Wort vor und, als er fertig war, richtete er sich fragend an sie. „Ihr habt mich doch sicher nicht kommen lassen, um euch vorzulesen, euer Gnaden?“
„Nein. Die Bethanier berichten von Versklavungen und Massaker durch angmarische Truppen. Habt ihr davon gewusst?“
„Hätte ich davon wissen sollen?“
„Ihr habt überall eure Vögelchen und ich habe dieses Spiel leid. Warum habt ihr mir nichts gesagt?“ Sie war ungehalten und so klang auch ihre Stimme.
„Gute Frage. Ich diene dem Reich euer Gnaden und leider trifft auch der beste Monarch... pardon die beste Monarchin nicht immer die besten Entscheidungen für das Reich. Ihr wärt gegen Angmar zu Felde gezogen und hättet Troja in einen Krieg am Ende der Welt gestürzt, wenn ihr davon erfahren hättet. Wie ich sagte diene ich dem Reich. Ihr seid die Königin, deshalb tue ich alles um Schaden von euch fernzuhalten, aber ebenso tue ich alles um euch davon abzuhalten dem Reich Schaden zuzufügen.“
„Was zum Wohle des Reiches ist und was nicht entscheidet nicht ihr. Ihr habt mir wahrheitsgemäß über alle Sachverhalte zu berichten. Ich entscheide dann, was dem Wohle des Reiches dient und was nicht.“
„Wie ihr meint.“ Er lächelte sie so süffisant nichtssagend an.
Er nimmt mich nicht ernst genug. Na warte...
„Wachen, ergreift diesen Mann!“ Kaum sprach sie das letzte Wort aus, packten die Hände der Gardisten den Ratsherren und drückten ihn zu Boden. Dany ging auf Varis zu und schaute auf ihn herab. „Ich habe euch einmal gewarnt, dass ihr mir gegenüber ehrlich sein sollt und ihr habt euch dem widersetzt. Für solch einen Berater habe ich keine Verwendung und ihr wisst zu viel, als dass ich euch einfach entlassen könnte.“ Sie wandte sich von ihm ab. „Schneidet ihm die Kehle durch und versenkt die Leiche im Meer.“ Während ein Gardist den Ratsherrn festhielt, zückte der andere einen reichlich verzierten Dolch und hielt jenen dem nun erschrockenen ängstlich dreinblickenden Mann an die Kehle. Ehe er jene aufschneiden konnte hob die Königin ihre Hand. „Wartet, ich habe es mir anders überlegt. Lasst in in Ruhe.“
Sie schaute Varis an und musterte ihn von unten nach oben. „Erhebt euch, Geheimrat. Ich hoffe ihr versteht mich jetzt besser, wenn ich euch sage, dass ich künftig über solche Sachen vollumfänglich in Kenntnis gesetzt werden will.“
„Wir verstehen uns nun besser, euer Hoheit.“
„Nun wisst ihr, was passiert, wenn ihr mich noch einmal missversteht. Ihr dürft gehen, Geheimrat.“
Der Mann verbeugte sich und verließ auf leisen Sohlen ihr Solar.
„Daenerys, ihr steigert euch zu sehr in diese Sache herein.“ vernahm sie die belehrende Stimme Memnons, welcher der vorangegangenen Szenerie schweigend folgte. Immer, wenn er sie über irgendetwas belehren wollte, sprach er sie nicht mit ihrem Titel sondern mit ihrem Namen an. „Angmar war ein Sklavenstaat von der übelsten Sorte. Ich hätte ihn viel früher stürzen können, wenn mich mein eigener Ratgeber nicht hintergangen hätte.“
„Ihr könnt nicht überall auf der Welt jedes Unrecht beenden.“ „Ich kann es...“
Draußen auf dem Flur begegnete Geheimrat Varis dem Ratsvorsitzenden und der Rechten Hand der Königin Troilos. „Ich habe alles auf mich genommen. Wenn ihr noch einmal wollt, dass ich der Königin etwas verheimliche, dann halte ich euren Namen künftig nicht mehr raus.“
„Schade und ich dachte wir wären Freunde.“ Seine Stimme klang sarkastisch. „Nun, wie hat sie reagiert?“
„Sie hat gedroht mir die Kehle durchzuschneiden.“
„Ihr Armer. Und hattet ihr Angst?“
„Natürlich nicht, ich wusste, dass das nur inszeniert war. Dennoch habe ich ihr Angst vorgespielt. Ich befürchte jedoch das nächste Mal wird sie es wirklich tun.“ Er faltete seine Hände zusammen, soweit man das durch die weiten Armel seiner Robe erkennen konnte.
„Wir hatten keine andere Wahl. Ein ausgewachsener Krieg zur damaligen Zeit am anderen Ende der Welt hätte eine Adelsrebellion ausgelöst. Mein eigener Vater wäre sehr erbost darüber gewesen Kriegsabgaben für einen Feldzug gegen Angmar leisten zu müssen.“
„Nun, dieses Mal haben wir das schlimmste verhindert.“
„Das haben wir und nun entschuldigt mich. Die Königin erwartet mich.“
Mit diesen Worten ließ Troilos den Geheimrat stehen und watschelte in Richtung des königlichen Solars. Als er eintrat verbeugte er sich vor Daenerys. „Euer Gnaden, wie ich mitbekam hattet ihr eine sehr eindringliche Unterhaltung mit Varis.“
„Wir hatten etwas zu besprechen und konnten es klären. Nehmt Platz Ratsherr.“
Er setzte sich auf den Sessel ihr gegenüber und ließ sich von Doreah ein Glas Wein bringen.
„Ihr trinkt um diese Uhrzeit?“
„Ich trinke zu jeder Uhrzeit.“
„Solange ihr noch denken könnt soll es mir recht sein. Angmar war ein Sklavenstaat. Sie haben zwar alle weißen Sklaven damals freigelassen, um in meinen Augen gut dazustehen, aber sie behielten die Dunkelhäutigen und versteckten jene vor meinen Kontrolleuren. Varis hat es gewusst und mir nichts gesagt. Doch das können wir leider nicht ungeschehen machen.“
„Der gute Ratsherr schien bei den ganzen Geheimnissen in seinem Kopf dieses eine wohl vergessen zu haben.“ witzelte Troilos. „Nunja womit kann ich euch in dieser Angelegenheit dienen?“
„Mit dem Zusammenbruch Angmars haben bedeutende Politiker und Offiziere des Landes bei uns Zuflucht gesucht. Lasst sie verhaften und liefert sie nach Bethania aus und nehmt bei der Gelegenheit offizielle Beziehungen mit der Stadt auf.“
„Es wird geschehen.“
„Darüber hinaus bereitet ein Expeditionskorps vor. Angmar ist zerfallen, aber in vielen Gegenden wird es nicht besser als zuvor aussehen. Ich will die verbliebenen Sklaven befreien, falls es noch welche gibt.“
„Das wird uns Geld kosten.“
„Wir haben erst kürzlich welches erhalten und ich bin mir sicher, dass euch und Baelisch noch die ein oder andere Möglichkeit einfällt mehr Sesterzen und Drachen zu verdienen.“
Zu Schade, dass sie es mitbekommen hat. Auf der einen Seite hat sie Recht - Sklaverei ist ein Verbrechen, aber wir dürfen uns nicht übernehmen und ich habe mich auf einen ruhigen Nachmittag mit Selia gefreut. Sie wird nicht erfreut sein, dass ich sie nun wieder versetze...
Troja – Bethania
Mit großem Wohlwollen hat Königin Daenerys davon Kenntnis genommen, dass es auf Essos noch zivilisierte Orte gibt. Ratsherr Troilos bot der Stadtregierung von Bethania im Namen ihrer Majestät die offizielle Aufnahme diplomatischer und Handels-Beziehungen ein. Zugleich lud er die Staatsführung des jungen Stadtstaates nach Troja zur Vermählung von Königin Daenerys mit Prinz Prometheus ein.
Darüber hinaus bot er Bethania die Auslieferung von angmarischen Würdenträgern an, die in Troja um Asyl ersucht haben.
Sonstiges
Handelsanfrage erging auch an Mirtan, welches zur königlichen Hochzeit geladen wurde.