1830
Ernte: ordentlich Konjunktur: ordentlich
Lippe-Detmold
Weitere Finanzierungen aus der Kasse des Fürstentums erweisen sich als nicht notwendig, Johann Theodor von Natorp kann die Arbeiten alleine mit den Spendeneinnahmen durchführen. Das Hoftheater wird im August nach gerade mal 6 Monaten Bauzeit mit einer prunkvollen Eröffnungsfeier eingeweiht, zu der die führenden Ultraroyalisten aus ganz Europa anreisen. Die Feier und die Erstaufführung der Oper 'La clemenza di Tito' bleibt freilich dem angereisten Adel und einigen wenigen hochrangigen Vertretern des Großbürgertums vorbehalten, das gemeine Volk zeigt sich dem Theaterbetrieb gegenüber recht distanziert.
Eine Umfrage der fürstlichen Verwaltung unter den Vertretern der Landstände zeigt, dass sich die kompromisslose, reaktionäre Haltung des Fürsten auch unter den Ständen weitgehend durchgesetzt hat. Die moderaten Royalisten stellen nur noch eine kleine Minderheit, auch weil auf Druck der Politischen Polizei viele zwischenzeitlich ihres Amtes enthoben wurden, wenn sie sich der aktuellen Politik des Fürstenhauses zu stark widersetzten.
Anhalt
Auf das Jahresende liegen die Daten der Volkszählung vor:
Seit der letzten Zählung von 1815 ist die Bevölkerung von ca. 170'000 auf 191'926 angewachsen. Die weitaus größte Einwohnerzahl weist hierbei das östliche Anhalt-Dessau auf. 130'511 Menschen, was beinahe 68% der Einwohner entspricht, sind hier ansässig, vor allem im Großraum der Residenzstadt Dessau. Anhalt-Bernburg weist 34'546 Einwohner (18%) und Anhalt-Köthen 26'869 Einwohner (14%) auf. Viele Einwohner in den östlichen Landesteilen sind zwar ursprünglich slawischer Herkunft, was mancherorts noch an den Ortsnamen der Dörfer zu erkennen sind, jedoch sind slawische Sprache und Kultur überall seit mindestens 100 Jahren, meist schon viel länger, verschwunden. Man verweist in diesem Zusammenhang etwa auf die historischen Akten der Stadt Bernburg, wo das Sorbische ab 1293 als Gerichts- und Verwaltungssprache verboten wurde.
Zu den Konfessionen konnte die Verwaltung aus Zeitmangel nur noch sehr begrenzt Daten erfassen. Das reformierte und das lutherische Glaubensbekenntnis sind vorherrschend, in Anhalt-Bernburg und Anhalt-Dessau sind diese in den Unierten Landeskirchen vereint, während sie in Anhalt-Köthen noch getrennte Kirchen bilden.
Wirtschaftlich ist Anhalt von der Landwirtschaft geprägt. Die Einnahmen daraus machen aktuell 3/4 der Einnahmen der Herzogtümer aus, der Anteil der Arbeitsplätze in der Landwirtschaft liegt noch höher. Etwa 10% der Bevölkerung leben in teils bitterer Armut, weil es in Anhalt schlicht nicht genug Arbeitsplätze für sie alle gibt. Nach Einschätzung der befragten Professoren sind die größten Probleme der Wirtschaft die vergleichsweise hohen Steuern in Anhalt und eine nur mäßig ausgebaute Infrastruktur, welche den Binnenhandel enorm erschwert.
Thüringen
Die Land- und Forstwirtschaftsschule kann auf keine bestehenden Institutionen aufbauen und in Thüringen finden sich abgesehen von einigen ehemaligen Austauschstudenten aus Oldenburg auch kaum Fachkräfte in diesem Bereich. Daher widmet sich das Institut in einem ersten Schritt erst mal der Akkumulation von Wissen, insbesondere indem man die Publikationen der Ackerbauschule Württemberg studiert und im Land bereits vorhandenes Praxiswissen zusammenträgt. Die Schulleitung ist zuversichtlich ab nächstem Jahr den regulären Lehrbetrieb aufnehmen zu können.
Auf Anweisung der Hexarchen erhebt die Verwaltung mit Hilfe der Gewerbebücher zusätzlich auch die genauen Arbeitslosenzahlen in der ganzen Konföderation. Der damit verbundene Aufwand wird, wie der Gewerbebuch-Ausschuss im Vorfeld gewarnt hatte, allerdings zu einer gewissen Verringerung des Effekts der Gewerbebücher führen, da einige Beamte damit beschäftigt sind die Daten mit dem Bürgerbuch abzugleichen statt sich der ständigen Aktualisierung der Bücher zu widmen.
In der Teilschule Schwarzburg entbrennt in diesem Jahr ein ernsthafter Streit innerhalb des Dekanats. Die führenden Grundlagenforscher der technischen Fakultät lehnen das Stahlwerk in der geplanten Form ab und betrachten es als eine Herabsetzung ihrer Arbeit, wenn ihr Fachbereich quasi zu einem Anhängsel der Schwerindustrie degradiert werde. Eine Gruppe um den neu angeworbenen Sadi Carnot hingegen drängt darauf den Wünschen der Hexarchen zu entsprechen und den Fokus von Schwarzburg mehr auf die Angewandten Ingenieurswissenschaft zu legen und den theoretischen Wissenschaften weniger Platz auch im Lehrplan einzuräumen. Die mit Planung und Bau des Stahlwerks beauftragten Beamten haben das Projekt daher vorläufig auf Eis gelegt und die Gelder gesperrt, bis die Regierung Thüringens einen Grundsatzentscheid getroffen hat.
Oldenburg
Während die Justizreform in der 2. Kammer trotz der Bedenken einiger konservativer Abgeordneten mehrheitlich positiv aufgenommen wird, führt sie in der 1. Kammer zu beinahe tumultartigen Szenen. Die Aristokraten betrachten dies als einen nicht gerechtfertigten Eingriff in ihre Privilegien, da der Landadel bis anhin meist auf seinem Besitz die erste Gerichtsinstanz bildete. Um kurz vor den Wahlen keinen öffentlichen Streit loszutreten, verzichtet man zwar darauf die Reform völlig zu blockieren, verlangt aber vom Großherzog sie im Jahr 1830 noch einmal zu überarbeiten. Die Minimalforderung ist, dass der Adel die für ihn zuständige erste Gerichtsinstanz selber bestimmen respektive die Richter ernennen kann, wie dies in Mecklenburg-Strelitz der Union der Landstände zugestanden wurde. Sollte der Großherzog nicht dazu bereit sein der 1. Kammer entgegen zu kommen, droht ihr Vorsitzender ganz offen damit die geplante Steuererhöhung im nächsten Jahr zu abzulehnen und das Regionalparlamente-Projekt zu Fall zu bringen.
Die rechtliche Gleichstellung der Juden, per Dekret vor Jahren formell schon verkündet, ist dagegen in beiden Kammern unumstritten.
Die Bauleitung verkündet, dass man auf Anfang 1830 planmäßig alle Arbeiten am Jadehafen abschließen wird. Das Direktorium der Oldenburgisch-Französischen Hafengesellschaft tritt bereits im Dezember in Rüstringen das erste mal zusammen, um sicherzustellen, dass die Einrichtungen des oldenburgischen Hafenteils für den wirtschaftlichen Betrieb der Sonderzollzone bereit sind.
Auf Anweisung des Großherzogs gibt die Ersparniscasse die Weisung heraus fortan keine Staatspapiere mehr zu akzeptieren und stößt die bereits gehaltenen Anleihen, zum überwiegenden Teil Schuldverschreibungen Österreichs, im Verlauf des Jahrs ab. Dieser Entscheid, der das Interesse mehrerer britischer Wirtschaftszeitungen weckt, wird damit zu einem der Auslöser für den Anstieg der Zinsen auf österreichische Staatsanleihen.
Mecklenburg-Strelitz
Die Vereinheitlichung der Justiz ist beim einfachen Volk recht populär, da bei Verkündung der Reform allgemein die Meinung vorherrscht, dass man es nur leichter haben werde auch gegenüber dem Adel seine Rechte zu verteidigen. Dabei wird in der anfänglichen Begeisterung die Tatsache, dass sich die erste Instanz im Gebiet der Ritterschaften nach wie vor unter deren Kontrolle befindet, etwas übersehen und es wird sich erst mit der Zeit zeigen, ob sich der mit den Landständen ausgehandelte Kompromiss bewährt.
In der militärischen Führung gibt es noch immer einige Vorbehalte gegenüber der neuen Miliz, allerdings können die hohen Offiziere die Erfolge der Nationalgarde nicht leugnen. Freiwillige finden sich vor allem in Neustrelitz mehr als genug und es wird effektiv gewährleistet, dass eine ausreichend große Zahl der Bürger in der Lage ist mit einer Waffe umzugehen.
Sachsen
Man profitiert bei der Flurbereinigung von den Erfahrungen in Bayern und kommt daher mit der Umlegung der Parzellen etwas schneller voran, da man die heikelsten Maßnahmen noch etwas zurückstellt, auch aus Rücksicht auf die angespannte Lage im Land. Insbesondere vermeiden die Beamten es im ersten Jahr die Allmenden aufzulösen, da dies gemäß den bayrischen Staatsdienern in den Dorfgemeinschaften immer der eine Punkt war, an dem sich bisweilen der Widerstand der Bauern entzündete. Man rechnet auch in Sachsen damit, dass die landwirtschaftliche Produktion merkbar ansteigen wird, wenn in einigen Jahren die Flurbereinigung überall im Königreich durchgesetzt wurde. Allerdings verweist man auch darauf, dass durch die Effizienzsteigerungen arbeitslos gewordene Knechte in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten ein nicht unerhebliches soziales Risiko darstellen können.
Bayern
Das Regionalparlament der Pfalz ist hochzufrieden damit, dass sich der König in den Verhandlungen nach dem etwas schwierigen Start als sehr konstruktiv erwies und den Pfälzern letztlich alle ihre Bitten erfüllt hat. Auch dass die Rheinbegradigung nun angegangen wird, nachdem man vor ein paar Jahren an vielen Flüssen im Deutschen Bund Hochwasser befürchtete, wird von den Abgeordneten positiv aufgenommen. Nach einer längeren Diskussion entscheidet sich das Regionalparlament mit knapper Mehrheit dafür das der Pfalz zugestandene Regiment aus Berufssoldaten zu bilden. Der Ausrüstungsstand entspricht nach Einschätzung des Oberkommandos zwar nicht den Standards der bayrischen Armee und die Einheiten verfügen über keinerlei Artillerie, doch solange man das Regiment nur im Inland einsetze, erwarte man keine Probleme.
Der dritte Schritt der großen bayrischen Agrarreform wird vom Bauernstand wesentlich besser aufgenommen als die eher unpopuläre Flurbereinigung im Vorjahr, die sich noch einige Jahre hinziehen wird. Da infolge der Aufhebung der Dreifelderwirtschaft auch der Flurzwang aufgehoben wird und im in der Hinsicht konservativen Bayern ein erster kleiner Schritt in Richtung der Bauernbefreiung erfolgt, sind die Bauern auch erstmals in der Lage frei darüber zu entscheiden, was genau sie anbauen wollen. (Der Schritt ist aber sehr klein, Wert bleibt bei 0%) In besonders großem Ausmaß entscheiden sie sich für den Anbau von Zuckerrüben, um damit die Zuckersiedereien in Schlesien zu beliefern. Der lange und aufwändige Transport lohnt sich in diesen Jahren deshalb, weil die französischen und dänischen Karibikinseln aufgrund der anhaltend schlechten Ernten in den USA praktisch ein Monopol auf den Vertrieb von Zucker im Deutschen Bund haben und rekordhohe Preise erzielt werden.
Württemberg
Die Kosten für die Volkszählung übersteigen die Schätzung des Königs stark, gegen Ende des Jahres hat der württembergische Staat mit 7'500 G eine dreifach höhere Summe aufgewendet. Seit der letzten Erhebung ist die Einwohnerzahl des Königreichs von 1'410'000 auf 1'598'875 angewachsen. Von den Erwerbstätigen entfallen 326'119 auf die Landwirtschaft und 113'064 auf Gewerbe und Industrie, 7'500 sind Militärangehörige. Das Gewerbe ist allgemein stark von kleinen Betrieben mit nur wenigen Mitarbeitern geprägt, die sich vor allem auf die Herstellung von Textilien spezialisiert haben. Eine wichtige Stütze der Außenhandelsbilanz sind außerdem die Salinen des Königreichs, die Tafelsalz vor allem in die Schweizer Kantone exportieren und dabei in starker Konkurrenz zu den Betrieben im Großherzogtum Baden stehen. Am meisten Sorgen bereitet den Behörden die infolge der Volkszählung festgestellte Arbeitslosigkeit. 168'269 männliche Bürger gehen keiner regelmäßigen Beschäftigung nach, diese Menschen und auch deren Familien leben in bitterer Armut. Ein soziales Problem, das in den vergangenen Jahren immer größer geworden ist.
Die Ingenieure kommen betreffend der Befestigungen um Stuttgart zu folgendem Ergebnis: An den genannten Standorten gibt es entweder keine oder nur nicht mehr zeitgemäße Festungsanlagen, man müsste in jedem Fall neue errichten. Die Kosten für eine Stadtfestung um Stuttgart, welche die vier Hügel einschließt, wären geradezu astronomisch hoch und ließen sich mit der Armee Württembergs gar nicht besetzen, daher müsste man die vier Standorte einzeln befestigen. Im Kriegsfall könnten solche Anlagen etwa mit je 1'500 Soldaten bemannt werden. Die Ingenieure weisen aber darauf hin, dass die Festungsstandorte bereits zu weit auseinander liegen, um sich im Falle eines Angriffs gegenseitig decken zu können, selbst die Besetzung Stuttgarts wäre möglich ohne sie direkt anzugreifen. Die im Vergleich zu einer Stadtfestung kleinere Dimension der Wehranlagen und die geringere Besatzung würden es potenziellen Angreifern außerdem ermöglichen die Festungen bei einer ausreichenden zahlenmäßigen Überlegenheit im Sturm zu nehmen.
Nassau
Die Volkszählung liefert folgende Daten:
Das Herzogtum zählt insgesamt 352'716 Einwohner, von der erwerbstätigen Bevölkerung sind insgesamt 91'371 in der Landwirtschaft tätig, 12'485 in Gewerbe und Industrie, sowie 3'300 beim Militär. Allgemein ist das Gewerbe in Nassau auch im Vergleich zu den umliegenden deutschen Staaten stark unterentwickelt und das einzige nennenswerte Exportprodukt sind unverarbeitete Bodenschätze, vor allem Roheisen. Die Zahl der Arbeitslosen beträgt 28'500 Personen, man muss aber berücksichtigen, dass diese Leute meistens auch noch Familien haben, womit im Endeffekt zwei bis dreimal mehr Personen unter dieser Arbeitslosigkeit leiden.
Baden
Gemäß den Anweisungen des Großherzogs beginnt man die sich bereits im Umlauf befindenden Wechsel einzuziehen und durch die neuen Exemplare zu ersetzen. Da dies nicht über Nacht geschehen kann, da die Händler ihre Scheine nicht immer gleich wieder umtauschen, schätzt die Badische Bank, dass die Umstellung sich noch einige Jahre hinziehen wird.
Mit den zusätzlich bewilligten Geldern für die Miliz wird deren Ausrüstungsstand merklich angehoben und auch die Ausbildung verbessert. Das grundlegende Problem der eher geringen Kampfmoral aller Teilzeit-Soldaten bleibt jedoch erhalten und wird sich gemäß den hohen Offizieren auch mit einem doppelt so hohen Etat nicht lösen lassen. Man empfiehlt daher, die Milizionäre vor allem für den Festungsdienst und ähnliche Aufgaben einzusetzen, bei denen sie nicht weit entfernt von ihrer Heimatstadt eingesetzt werden. (Bitte in Zukunft die Zahl der Milizionäre im Etat erwähnen, erleichtert die Auswertung, wenn man das nicht in zwei Jahre alten Zügen nachschlagen muss)
Der Finanzminister wird die jährlichen 2'000 G von nun an im Budget fest einplanen. Die Spenden und privaten Fördergelder fließen in diesem Jahr noch nicht besonders großzügig, man hofft aber, dass sich die Summe mit der Zeit erhöhen wird, wenn das Polytechnikum an bundesweitem Prestige gewinnt.
Das Metrische System wird in Baden ohne große Schwierigkeiten durchgesetzt. Die Firmen in Kehl und Rastatt waren aufgrund des Handels mit Frankreich ohnehin an die Verwendung der genormten Maßeinheit gewöhnt und profitieren jetzt davon, dass auch ihre Zulieferbetriebe im übrigen Großherzogtum darauf umstellen.
Österreich
Die Umsetzung der Gewerbereform gestaltet sich im Kaiserreich anfangs schwieriger als im Vorbild Thüringen, da Österreich ein größeres und wesentlich konservativeres Land ist als die Konföderation. Ab der zweiten Jahreshälfte intervenieren zentrale Verwaltung daher und übt massiven Druck auf die lokalen Behörden aus, damit diese die Reformen endlich ernsthaft angehen und die Auflösung der Zünfte durchsetzen sollen. Nach Schätzung eures Kabinetts wird die Gewerbefreiheit, wenn man den gegenwärtigen Kurs beibehält, in etwa 10 Jahren die gewünschten 75% erreichen. Man warnt den Kaiser auch davor, die Reformen zu schnell durchzupeitschen, da man von der Gewerbefreiheit zwar wichtige wirtschaftliche Impulse erwarten kann, aber wie in Thüringen auch eine rasche Verarmung der vom harten Wettbewerb verdrängten Handwerker befürchten muss.
Der öffentlich verkündete Entscheid des Großherzogs von Oldenburg, dass die dortige Ersparniscasse keine Staatspapiere mehr akzeptieren solle, führt in der britischen Wirtschaftspresse zu einem breiten Echo. Die Journalisten nehmen in mehreren Leitartikeln die finanzielle Lage der Staaten im Deutschen Bund unter die Lupe und kommen vor allem bei Österreich zu einem recht kritischen Urteil. Seit Jahren schon steigen die Schulden des Kaisertums stets stärker als der Etat, den das Finanzministerium alljährlich veröffentlicht. Deshalb kommt die Wirtschaftspresse zu dem Schluss, dass sich die weitere Verschuldung Österreichs wohl auch in Zukunft fortsetzen wird und der Staat mittelfristig auf einen Staatsbankrott zusteuere. Infolge steigen die Zinsen auf österreichische Staatsanleihen auf durchschnittlich 6,8%.
Preußen
Die Bewilligung der Gelder für die Regionallandtage wird in den Provinzen mehrheitlich positiv aufgenommen. Die Regierung in Berlin blieb mit 10 statt 25% zwar weit unter den Forderungen, die man gestellt hatte, aber man ist vorerst zufrieden damit, ein wenig mehr Einfluss gewonnen zu haben. Das Geld der nächsten zehn Jahre ist schon für diverse Projekte zur Verbesserung der Infrastruktur verplant. So können bisher vernachlässigte Regionen in Zukunft hoffentlich aufholen. Auch das geplante Tagungsgebäude wird von den Abgeordneten des Vereinigten Landtags begrüßt, dieses spiegle die gewachsene Legitimität und Akzeptanz der Volksvertretung wider, was man der preußischen Regierung hoch anrechnet. Einzig die vom Kanzler vorgebrachte Begründung, dass man den Provinzen vor allem deshalb keine weiteren Gelder zusprechen könne, weil die Militärausgaben als größter Budgetposten das nicht zulassen, stößt bei einigen Mitgliedern der Landtagen der neupreußischen Gebiete auf Ablehnung. In der Rheinprovinz oder Posen ist das preußische Militär recht unpopulär und vor allem als Werkzeug der Unterdrückung verschrien, weshalb man ständig wachsende Ausgaben dafür dort eher negativ aufnimmt. Man verweist auf das bayerische Beispiel mit lokal organisiertem Militär.
Die Straßenverbindung zwischen Saarbrücken und Saint-Avold wird zu Jahresende fertig gestellt und mit einer Zeremonie der lokalen Behördenvertreter am Grenzübergang feierlich eingeweiht. Damit verfügt das Saarland und die dahinter liegenden Gebiete nun über einen direkten Anschluss an die viel befahrene Handelsstraße von Metz nach Osten.
Dänemark
Nachdem jetzt der Ausbau im gesamten dänischen Königreich angegangen wird, sind die Berater beruhigt, welche den alleinigen Ausbau der Infrastruktur nur in den Herzogtümern kritisiert hatten. Sie empfehlen dem Straßenbauprojekt II in den nächsten Jahren Priorität einzuräumen und so eine Angleichung im Stand der beiden Projekte zu erreichen. So werde in den dänisch bevölkerten Gebieten der Eindruck verhindert, dass der König die deutschen Herzogtümer bevorzuge. Die Planer benötigen allerdings für den Ausbau der Kolonien etwas konkretere Angaben, da ihnen im Moment nicht ganz klar ist, was der König denn in Dänisch-Westindien ausbauen will.
Die Verwaltung des Eiderkanals benötigt für den Betrieb noch Angaben, welche die Höhe der Zölle und Gebühren betreffen. Wenn mit dem Kanal vor allem der Handel entlang der gesamten dänischen und deutschen Küste gefördert werden soll, wäre es sinnvoll die Abgaben gerade so hoch anzusetzen, dass die erzielten Einnahmen des Kanals gerade ausreichen, damit er sich selber trägt. Sollen dagegen möglichst hohe Einnahmen für Dänemark und Mecklenburg-Strelitz erzielt werden, könnte man Zölle und Gebühren auch wesentlich höher ansetzen, so dass sich die Passage des Kanals sich im Vergleich zur Umrundung Jütlands für die Schiffe gerade noch rechnet.
Der Zuckerhandel aus den Kolonien ist weiterhin hoch profitabel und schlägt mit 10% des Etats zu Buche. Durch die Produktionsausfälle anderer Anbieter in den vergangenen Jahren haben die Handelsfirmen aus den dänischen und französischen Kolonien beinahe ein Monopol auf Zucker im Deutschen Bund aufgebaut. Etwas gedämpft wird die anhaltende Zucker-Hausse lediglich durch die Zuckersiedereien in Schlesien, die zunehmend in den Markt drängen und den Preis wieder etwas drücken.
Hannover
Die hohen Militärs sind, was nicht überrascht, wenig begeistert von der Truppenreduktion, sie fürchten um die Sicherheit des Königreichs. Bei den entlassenen Soldaten bleibt die Lage dagegen relativ ruhig, da sie mit einem ganzen Jahressold recht großzügig entschädigt werden. Vom Angebot sich an der Moorkolonisation zu beteiligen, machen aber nur wenige der Ex-Soldaten Gebrauch.
Allgemein geht die Moorkolonisation im Königreich Hannover nur sehr langsam voran. Die Finanzierung ist für ein so großes Königreich wie Hannover noch immer recht dürftig. Die Arbeit in den Mooren ist außerdem recht unbeliebt, weil arbeitsintensiv. In der Regel gilt die Auswanderung nach Brasilien, sofern man sich die Überfahrt leisten kann, als die weitaus lohnendere Alternative, der Leidensdruck unter der Bevölkerung ist zumindest in Hannover offenkundig nicht groß genug.
Mecklenburg-Schwerin
Auf Druck der von Mecklenburg-Schwerin entsandten Beamten in der Sozialkommission legt diese einen besonderen Schwerpunkt auf die Arbeitsanstalt, welche der Großherzog mit den Worten 'Holt die ungewaschenen Massen von der Straße' ins Leben gerufen hat. Man greift daher bei den Zwangsmaßnahmen für Arbeitslose stärker durch als es etwa in Strelitz oder Lübeck der Fall ist und verfrachtet sie zum Teil auch ungeachtet ihrer Fähigkeiten in großer Zahl auf die Bauernhöfe. Dieses strikte Vorgehen ist bei den Erwerbslosen zwar unbeliebt und führt dazu, dass auf manchen landwirtschaftlichen Betrieben ineffizient viele Leute beschäftigt sind. Auf der anderen Seite sorgt es dafür, dass Mecklenburg-Schwerin nach Schätzungen der Sozialkommission die vermutlich niedrigste Arbeitslosenquote im ganzen Deutschen Bund aufweist, die Leute sind zwar unzufrieden, aber gehen einer geregelten Arbeit nach und können ihre Familien versorgen.
Die Heiratsbeschränkungen werden an die entsprechenden Gesetze aus Lübeck und Strelitz angepasst und in Kraft gesetzt, was nach Ansicht der Kommission die Verelendung der untersten Bevölkerungsschicht ebenfalls wirksam bekämpfen wird.
Liechtenstein
Am Kataster wird gearbeitet, das Fürstentum Liechtenstein ist zwar ein kleines Land, dennoch benötigt die Arbeit ihre Zeit, vor allem da die Beamten den Anspruch haben auch die entlegenen Gebiete im Gebirge genau zu vermessen. Sie rechnen mit der Fertigstellung auf das Jahresende 1830. Die Kosten können aber erfreulich niedrig gehalten werden und betragen lediglich 100 G, womit sich der Schuldenstand nur auf 159 G beläuft. Die laufenden Kosten und Angaben, welche das Katasteramt liefert, wird im wesentlichen denjenigen der bereits bestehenden Ämtern im Deutschen Bund entsprechen.
Die Einführung des Passes gestaltet sich in der Praxis äußerst schwierig, die Bewohner des Fürstentums entwickeln erstaunlich viel Kreativität dabei die Passbestimmungen zu umgehen. Die Personen etwa, die auf Anweisung des Geheimdienstes irgendwelche Vermerke in ihren Pass erhalten, entwickeln eine Tendenz dafür diesen regelmäßig zu verlieren, allein im ersten Monat nach der Einführung muss das Amt an die 1'000 neue Pässe ausstellen. Zudem hat man im Land, sofern nicht gerade eine Razzia durchgeführt wird, auch kaum Möglichkeiten zu kontrollieren, ob ihn irgendjemand auf sich trägt.
Zahlen: