Wenn der Jaguar springt...
"Wenn der Jaguar springt und sich auf seine Beute stürzt, dann kennt er kein Erbarmen mehr. Wenn sich seine scharfen Krallen in das Fleisch graben und die spitzen Zähne sich um die Kehle schließen...", das alte Männlein bewegte den Kopf plötzlich ruckartig nach vorne und riss den Mund weit auf. Der Anblick des kaum noch mit Zähnen besetzen Gebisses und die plötzliche Bewegung ließ einige der versammelten Kinder ängstlich zurück weichen und andere amüsiert auf quietschen.
"Wenn die Zähne also die Haut ritzen...", begann der Greis von neuem, doch dieses Mal wurde ihm das Wort abgeschnitten: "Lass die Kinder mit deinen Geschichten in Frieden, es ist heller Tag und wir müssen noch ein gutes Stück wandern, bevor wir am Feuer sitzen", konnte man die Stimme des jungen Kriegers vernehmen.
Sein Name war U-Ch'ix-K'an und er war erst seit einigen Monaten Anführer des Stammes. Ein kräftiger Kämpfer und guter Redner, doch das war nicht der Grund, weshalb er zum Anführer erwählt worden war. Es waren seine Augen – die Augen eines Jaguar. In diesen Augen lag die Sehnsucht nach der Ferne und einem verwunschenen Ort. Dort sollte das Wasser weiter reichen als ein Mensch blicken konnte und es sollte kräftig, wie mit einer Faust, an das Land schlagen. In diesem Meer aber sollten sich mehr Fische tummeln, als an irgend einem Fluss oder See im Wald. So hatte er sein Volk aus dem dampfenden Regenwald in die Weiten der Ebene geführt, über das saftige Gras, auf dem die Tiere grasten. Es hatte Wochen gedauert und noch immer waren sie unterwegs.
"Also los, wir müssen weiter", trieb U-Ch'ix-K'an die versammelte Rotte an. Einiges Murren war zu vernehmen, doch schließlich fügten sich alle in ihr Schicksal. Sicher wären die Kinder fröhlicher gewesen, wenn sie gewusst hätten, was Ihnen bevorstand....