Österreich: Gewinner der Revolution
- Eine politische Analyse von Karl Jäger -
Das letzte Jahr im deutschen Bund war mehr als turbulent. Ein Ereignis nach dem anderen ließ uns aufhorchen und fesselte für eine gewisse Zeit unsere Aufmerksamkeit. Doch oft bleibt das Auge des Betrachters nur für kurze Zeit auf ein Geschehnis fokussiert und sobald sich andern Orts die Geschehnisse wieder überschlagen, geraten die Dinge wieder in Vergessenheit. Nachdem sich nun die französische Julirevolution erstmals jährt, ist es an der Zeit mit einem Gewissen Abstand die Dinge zu betrachten, die Zusammenhänge zu erkennen und neu zu bewerten.
Ich will nun nicht auf die einzelnen Aufstände und Umstürze eingehen, auch die unglaublichen Geschehnisse im kleinen Lippe interessieren und hier nicht. All dies ist belanglos, wenn wir betrachten, wer der große Gewinner des letzten Jahres ist.
Nein, es ist ganz gewiss nicht das französische Volk, dort wurden nur die Figuren ausgetauscht, die weiter das alte Spiel spielen.
Gewinner ist der Kaiser von Österreich.
Nun der aufmerksame Zeitgenosse wird sich, fragen wie der Autor diese gewagte These in den Raum stellen kann. Konnte Österreich eine Niederlage in Sachsen doch nur mit letzter Not abwenden und stehen in Italien nicht weiterhin die Österreicher gegen die Carbonari im Felde? Sind nicht die Schulden des Kaisers in unermessliche gestiegen?
Der Friede von Moritzburg ist ein Glanzstück österreichischer Diplomatie. Während das österreichische Heer gemeinsam mit den Verbündeten im November 1830 kurz davor stand von den preußischen Truppen eingekesselt und aufgerieben zu werden, gelang quasi in letzter Minute eine diplomatische Lösung.
Dabei wurden preußischer Kanzler und König geschickt gegeneinander ausgespielt, so dass der eigentlich militärisch überlegende Feind seine starke Verhandlungsposition nicht nutzen konnte und ein für Österreich vorteilhafter Frieden geschlossen wurde. Leidtragender ist freilich der sächsische König, der nun nicht mehr Herr im eigenen Lande ist.
Und um als Sahnehäubchen konnte der Habsburger Kaiser sein Haus mit den Hohenzollern vereinen. Die jüngste Hochzeit des preußischen Königs mit einer Habsburger Prinzessin ist vielmehr als das Siegel des Vertrages von Moritzburg, sondern bindet die Preußen an die Habsburger.
Dies wird mit dem dänisch-preußisch-österreichischen Garantie und Beistandspakt noch weiter untermauert. Dieser Vertrag kann nicht genug gewürdigt werden, garantieren darin doch die beiden deutsche Großmächte gegenseitig den Bestand all Ihrer Territorien und auch die Verteidigung dieser. Wahrlich ein geschickter Schachzug, der es Österreich erlauben wird, die Preußen zur Not auch zum Beistand in Italien oder auf den Balkan zu verpflichten.
Doch wie es derzeit aussieht, benötigt Österreich in Italien keine Unterstützung durch seine Verbündeten.
Doch auch innerhalb des Bundes konnte der österreichische Kaiser seine Macht gezielt ausbauen. Offenbar aus Furcht vor dem eigenen Volk, willigten die Fürsten in Waldeck, Homburg und Schaumburg nur allzu bereitwillig ein, österreichische Truppen die die eigenen um eine vielfaches überlegen sind, ins Land zu lassen. Welche Ziele diese Truppen verfolgen sollen, bleibt dabei im Verborgenen, denn spätestens seit dem Luxemburg an die Niederlande abgetreten wurde, gibt es keine österreichischen Besitzungen, die es zu verteidigen gilt.
Dass der Kaiser von Österreich seine Interessen auch im Norden vertreten möchte, beweist auch der Kauf von Anteilen an der Kopenhagener Werft.
Welche Interessen das sein können liegen derweil im Dunkeln.
Wenn wir uns nun den Verkauf von Luxemburg an die Niederlande betrachten, dann erscheinen auch das Londoner Protokoll und das Titelgeschacher von Saarbrücken unter einem gänzlich anderen Licht.
Zuerst sichert sich der Österreicher, unter welchen Vorwänden auch immer, die Hoheit über ein Land fern ab seiner eigen Domäne. Ohne selber ernsthaft in den Konflikt involviert zu sein. Anschließend wickelt der Kaiser die hohen Häuser Europas mit ein paar nichtssagenden Titeln um den Finger, damit er neben dem Land Luxemburg auch den passenden Titel erhält.
Nur um anschließend das Gesamtpaket an den ehemaligen Eigentümer zu verkaufen.
Ein vergleichbares Handeln gilt unter ehrbaren Kaufleuten zurecht nicht nur als unlauter.
Die Frage ob nun der Kaiser von Österreich ein Teil des Bundes an eine fremde Macht verkaufen kann, ohne dass der Bund dort ein Mitspracherecht erhält wird ebenso wenig gestellt werden, wie die Frage, ob der König der Niederlande den Titel des Großherzogs von Luxemburg, der Ihm zu vor genommen und dann von den Dynastien Europas dem Kaiser von Österreich zugesprochen wurde, einfach per Vertrag zurückkaufen kann.
Nein solche Fragen stellen sich nicht, denn es geht hier allein um die Macht!
Die Zukunft wird sicher Zeigen, welche Ziele in Wien verfolgt werden. Als stolzer Deutscher sehe ich diese Entwicklung mit einem gewissen Unbehagen.