Zitat von
http://www.g-geschichte.de/forum/antike-hochkulturen/2479-hethiter-eisenwaffen.html#post68340
Servus!
bekannt war Eisen schon in der Bronzezeit, und nicht nur bei den Hethitern. Im ganzen Alten Orient war Eisen als Schmuck verbreitet. Anfangs wohl nur als Meteoriteneisen, aber schon bald auch als verarbeitetes Eisenerz. Allerdings konnte man noch keinen Stahl herstellen (Tutenchamun bspw. bekam einen einzelnen (!) Eisendolch mit ins Grab), das Eisen rostete also und war spröde. Vielleicht war aber gerade die Rotfärbung des Rostes ein Grund, Eisen als Schmuck zu verwenden (ähnlich war es ja auch mit dem grün werdenden Kupfer).
Schon früh beherrschten die Hethiter (wohl aufgrund von Anatoliens Eisenreichtum) den Eisenguß. Einer der ersten Könige, Anitta, besass einen Eisenthron. Und das zu einer Zeit, als mit (Alt-)Assyrern Eisen ungefähr zum 40fachen Wert von Silber gehandelt wurde!
Schon im 14.Jahrhundert spricht eine hethitische Quelle davon, dass "die Worte des Herrscher, önigs und Großkönigs Arnuwanda (...) von Eisen (sind), nicht zu vernichten, nicht zu brechen." (Brandau/Schickert: Hethiter. Die unbekannte Weltmacht. S.233.) Ein Jahrhundert später bittet der assyrische König den Hethiter Hattusili III. um "gutes Eisen" (er bettelt vielmehr darum).
Zu dieser Zeit kannten also die Hethiter schon die Möglichkeit, Eisen etwa durch Zufuhr von Kohlenstoff bei der Verarbeitung so zu veredeln, dass es sowhol starr als auch biegsam ist. Daraus hergestellte Waffen "zerbrachen" Bronzeschwerter sehr wahrscheinlich schon.
In Ugarit wurde eine Eisenaxt gefunden, die auf 1450 bis 1365 v.Chr. datiert wurde. Von den 33 bronzezeitlichen Eisenfunde Anatoliens wurden allein 19 in Hattuscha oder der Umgebung gefunden. Eine damaszierte (!) Klinge wurde in Sardis in Westanatolien gefunden - aus dem 11. oder 10.Jahrhundert! (das ist zwar nach der Schlacht von Kadesch, aber die Technik dürfte etwas vor dem Herstellungsdatum der Sardis-Klinge entstanden sein...)
Die Hethiter kannten also (sehr) fortgeschrittene Verarbeitungstechniken für Eisen und fuhren trotzdem nicht einen Sieg nach dem andern ein! Wie ist das zu erklären?
Die Begründung:
Die Masse der hethitischen Soldaten dürfte NICHT mit Eisenschwertern ausgestattet gewesen sein.
Erstens war nämlich Eisen auch zur Zeit der Schlacht von Kadesch zwischen Muttawalli und Ramses II. noch ein teures Material. Bronze war billiger und Schwerter aus diesem Material besser als Massenware herzustellen.
Zweitens brauchte Muwattalli gar keine Armee, die komplett mit Eisenbewaffnung einherschritt. Er hatte eine andere überlegene Waffe, mit der er die Ägypter das Fürchten leerte: Streitwagen, leichter als ein heutiger Sportsulky, mit überlegen ausgebildeten Pferden.
Bei Kadesch standen sich z.B. 20.000 Ägypter und 37.000 Hethiter und Verbündete gegenüber. Wirklich in Bedrängnis brachten Ramses (neben seiner eigenen taktischen Unfähigkeit) aber die hethitischen Streitwagen, die von jeweils drei Kriegern besetzt waren. Der Kikkuli-Text gibt ein Trainingsprogramm für Streitwagenpferde wieder, das zeigt, dass die Pferde auf exzellente Weise trainiert waren und das eigentliche Geheimnis dieser Waffe "Streitwagen" darstellten. DAMIT überrannten die Hethiter ihre Feinde, dazu brauchten sie nicht mal ihre Eisenwaffen. Der Streitwagen hethitischer Prägung war auch mit Bronzewaffen überlegen.
Da die Hethiter regelmäßig mit inneren Problemen und nicht zuletzt mit den räuberischen Kaskäern aus dem Norden kämpfen mussten, konnten sie nicht unbegrenzt erobern, denn zu viele Eroberungen hätten das Gesamtreich nur destabilisiert.
Das war der Grund, warum die Hethiter trotz Streitwagen und wahrscheinlich nur bei Elitetruppen vorhandenen Eisenwaffen nicht die ganze Region überrannten. Außerdem waren ihre Soldaten nicht in unbegrenzter Zahl verfügbar und dienten in Friedenszeiten überdies als eine Art Polizei, waren also nicht als Besatzungstruppen verfügbar.
VG
Christian