Der Studienberatungsthread

[Tiramisu]

Ah, ok.

[hi2u]

Falls du dir auch im öffentlichen Dienst etwas vorstellen kannst, der BND nimmt z. B. sehr gerne Mathematiker. Die Bezahlung ist natürlich mau, dafür wird man schnell verbeamtet und hat ein sicheres und chilliges Leben

[Mongke Khan]

Und man muss mit seinem Gewissen vereinbaren, dass man beim BND arbeitet.

[Tiramisu]

Und man muss mit seinem Gewissen vereinbaren, dass man beim BND arbeitet.

Ne, ich halte mich von diesem Sumpf lieber fern.

[Empirate]

... Irgendwas mit Controlling?

[maxim_e]

Nachdem Tira das ganze auch schon so ein bisschen als Berufsberatungsthread genutzt hat schließe ich mich da mal an:

Nachdem ich mit rasenden Schritten auf meinen Masterabschluss (so in einem oder eineinhalb Jahren) im Fach Geschichte zu rase, bin ich ernsthaft am Schwanken, was ich beruflich danach machen soll. Ich habe schon einige Sachen überlegt und stehe jetzt im Moment vor einer schwierigen Herz-oder-Hirn-Frage.
Um mal von vorne anzufangen: Ich habe mein Geschichtsstudium angefangen, weil ich unbedingt ins Museum wollte. Im Studium selbst wurde ich dann über Hiwi-Tätigkeiten dann in die Wissenschaft weitergetragen (unter anderem hab ich auch schon einen veröffentlichten Aufsatz) und bin damit sogar schon ins Museumswesen reingeschnuppert (habe da zuletzt an einer Ausstellung im Hansemuseum Lübeck mitgearbeitet). Von den reinen Fähigkeiten bin ich wohl nicht unbegabt und könnte wohl an der Universität oder am Museum aktiv werden, wenn da nicht das ständige Netzwerken wäre. Das kann ich einfach nicht und in der Wissenschaft ist man außerdem andauernd an neuen Projekten an anderen Orten. Das möchte ich nicht, ich suche etwas mit mehr Sicherheit.
Ich habe über das Studium außerdem schon die Arbeit in Archiven kennengelernt und fühlte mich da auch halbwegs wohl. Sowohl Archiv als auch Bibliothek könnte ich mir durchaus als Beruf heute vorstellen. Es gäbe eben die Sicherheit die ich im Museum oder der Wissenschaft nicht unbedingt habe. Gerade als digitalisierungsaffiner Mensch sehe ich in den Bereichen auch viel Wachstumspotenzial über die nächsten Jahrzehnte, sodass ich da weniger Angst haben muss, dass die Berufe wegfallen. Das Problem ist: Die Arbeit im Archiv oder in der Bibliothek erscheint mir ganz nett - aber auch nicht mehr. Der Gedanke in einem Archiv oder einer Bibliothek zu arbeiten haut mich jetzt nicht um und privat forschen (und Archive und Bibliotheken dafür dann in Anspruch nehmen, etc.) kann ich natürlich auch ohne da arbeiten zu müssen.
Grundsätzlich liegt mir also dieses Verwalten und Recherchieren. Daher habe ich darüber nachgedacht, dass ich mich mal breiter umschauen kann und, naja, im öffentlichen Dienst werden überall Leute in der Verwaltung gesucht, die dazu auch sehr schnell verhältnismäßig gut verdienen. Der "Sicherheitslevel" wäre zudem als Beamter natürlich noch höher.
Angst davor meine Seele zu verkaufen, wenn ich zum Staat gehe, habe ich übrigens an der Stelle nicht - ich hab meinen Bundesfreiwilligendienst immerhin in einem katholischen Kindergarten geleistet.

In beiden Feldern gibt es unterschiedliche Berufe die ich prinzipiell machen könnte aber ich denke ich sollte so langsam mich zumindest mal in eine Richtung entscheiden. Wenn ich über meine Aussage ganz zu Beginn nachdenke, ist es eigentlich nicht Herz oder Hirn (denn Herz wäre ja eigentlich Wissenschaft/Museum). Aber naja, irgendwomit muss ich ja mal anfangen. Wozu würde mir die Forenschwarmintelligenz raten?

[Empirate]

Als studierter und promovierter Historiker, der der Wissenschaft nach einigen Jahren den Rücken gekehrt hat, kann ich nur empfehlen: Keine Wissenschaftskarriere ohne einen klaren Plan B - und wenn Du nicht netzwerken magst und keine Lust auf Projektarbeit mit gelegentlich wechselnden Standorten hast, dann vielleicht lieber überhaupt nicht. Archivar kannste versuchen, Museum auch, für beides dürfte allerdings die Promotion eine entscheidende Voraussetzung sein. Ich denke und weiß aus meinem Bekanntenkreis, dass beide Bereiche durchaus abwechslungsreich sein und mit etwas Glück auch zu sicheren Daueranstellungen führen können. Archiv ist dabei, wie Du schon schreibst, vermutlich die Variante mit Zukunftssicherheit, aber es ist schwer, da reinzukommen (wenige Ausbildungsstellen, weite Bewerberfelder), und erfordert eben NACH der Promotion noch die zweijährige Zusatzausbildung, wenn man denn auch mal die Chance haben möchte, es zu etwas zu bringen.

Ich selbst habe mich beruflich in die Wissenschaftskommunikation verändert. Da sind die Anstellungsverhältnisse jetzt auch nicht wesentlich sicherer als in der Wissenschaft, aber es gibt zumindest nicht diesen Flaschenhals in der Postdoc-Phase auf dem Weg zur Professur - und es gibt ein bisschen breitere Möglichkeiten außerhalb der unmittelbar akademischen Arbeitsfelder. WissKomm ist ein boomendes, abwechslungsreiches Arbeitsfeld, bei dem man mit etwas Glück auch den Weg in ein Ministerium, eine große Stiftung o.ä. finden kann und dann dauerhafte Sicherheit hat, wenn man das will. Mir gefällt's

[maxim_e]

Achso, noch ein Argument gegen die Wissenschafts-/Museumskarriere, das mit verantwortlich ist, dass ich diese mittlerweile nicht mehr als Option sehe: Meine Verlobte wird ziemlich sicher in die Wissenschaft gehen; ihre Promotion fängt sie schon im November an. Zusätzlich zu meiner grundsätzlichen Abneigung gegen Wohnortwechsel kommt also, dass ich mit einer Wissenschaftskarriere wohl häufig eine Fernbeziehung führen müsste, wenn wir nicht am selben Ort zufällig etwas finden. Wohnortwechsel insgesamt zu vermeiden wird mir also eh nicht gelingen, aber vielleicht lässt es sich so zumindest reduzieren, wenn ich nicht auch in die Wissenschaft gehe.

Gut, dass du das Problem mit der Zusatzausbildung ansprichst. Dass ich mit meinem Studium alleine nirgendwohin komme ist mir bewusst. Aufgrund dessen, was ich von den Archivaren mit denen ich im Studium zu tun hatte (in Göttingen und Kiel) gehört habe, sieht es so aus, dass es innerhalb der nächsten 5 bis 15 Jahre zu Massenverrentungen kommen wird. Ob alle Stellen dann wieder neu besetzt werden, kann man natürlich nicht absehen, aber prinzipiell sollten da schon Stellen frei werden. Da wäre es dann mittelfristig überhaupt die Frage, ob es genug Archivare für die verfügbaren Stellen gäbe oder ob sich die Ausbildung dann stark verkürzt und man schneller dran käme. Aber vermutlich bin ich dafür einfach 5 Jahre zu früh dran.
Wenn ich für mich jetzt die feste Entscheidung treffen würde, dass ich nach dem Master noch mal 5 Jahre (3 Promotion, 2 Ausbildung) dranhänge um dann ins Archiv zu gehen, dann wäre das zumindest mal ein Plan. Momentan hadere ich aber genau damit. Ich kann mir durchaus vorstellen zu promovieren - aber ich muss auch nicht. Lieber wäre es mir schnell irgendwohin zu kommen.

Was genau machst du in der Wissenschaftskommunikation, wenn ich fragen darf? Bisher war das für mich ein diffuser irgendwie Journalismus/irgendwie Terra X-Berater/irgendwie Broschürenherausgeber-Begriff mit dem ich nichts anfangen konnte.

[Fonte Randa]

... Irgendwas mit Controlling?

Irgendwas mit Menschen, meinte letztens ein Berufskiller...

[Argonir]

Nachdem ich ein bisschen weiter bin (promoviert und auf der Museumslaufbahn) will ich auch mal ein paar Anmerkungen machen:

Noch 1-1,5 Jahre bis Master ist noch sehr viel Zeit. Ob Promotion oder nicht ist eine Entscheidung, die nach der Masterarbeit fallen sollte. Das hat etwas mit der Note zu tun (und zwar ausschließlich mit der Note der Arbeit, nicht mit dem Gesamtschnitt), aber vor allem damit, wie wohl man sich mit so einer Arbeit fühlt, an der man ein halbes Jahr sitzt. Das sollte man sich gut überlegen, denn mit einer Doktorarbeit bindet man sich in den meisten Geisteswissenschaften für 4-6 Jahre. In den von dir veranschlagten 3 Jahren packt das so gut wie keiner.
Wenn du Lust auf die Dissertation hast und auch die Note und der Zuspruch vom potenziellen Doktorvater/mutter passt, dann ist der nächste Punkt die Finanzierung: Bekommst du ein Stipendium oder ein Gehalt (für Forschungszeit!), dann zieh deine Doktorarbeit durch. Wenn du dich dagegen nach einem Jahr immer noch mit Semmeln verkaufen bei der Bäckerei über Wasser hälst, dann such dir schleunigst einen gescheiten Job.

Das kann auch einer im Museumsbereich sein. Wichtig dafür ist, dass du schon vorher möglichst viel Erfahrung (Praktika) sammelst. Dann hast du ganz gute Chancen auf ein Volontariat, das wiederum ein Türöffner für die weitere Museumskarriere ist. Für über 90% der Volontariate muss man nicht promoviert sein, will man aber im Fach bleiben, dann ist eine Promotion wichtig. Allerdings gibt es vergleichsweise wenige Museumsjobs für die es Historiker braucht, meist sitzen in den Fachmuseen Archäologen oder Kunsthistoriker. Von daher würde ich mich auch nicht auf das "im Fach bleiben" versteifen, sondern lieber schauen, was kann einem Spaß machen.

Zum Thema Fernbeziehung: Wenn deine Freundin tatsächlich eine wissenschaftliche Karriere anstrebt, dann bedeutet das so oder so Fernbeziehung. Sie kann sich darauf einstellen, mal ein Jahr hier, dann drei Jahre dort und eventuell sogar zweimal drei Jahre an demselben Ort zu bleiben. Alles mit Zeitverträgen, so dass es sich für dich sicher nicht lohnen wird, da hinterher zu ziehen. Insbesondere weil du als Historiker zwar einen schönen Job finden kannst, aber sicher nicht immer sofort einen adequaten Ersatz in einer anderen Stadt. Außer du besinnst dich auf deinen Freiwilligendienst und wirst Erzieher Zudem kann man sich im heutigen Wissenschaftsbetrieb im Mittelbau auf 70-80 Wochenstunden einstellen (natürlich immer fach- und ortsabhängig), da wird deine Freundin sowieso nicht mehr so viel Zeit für dich haben.

[Empirate]

Argonir sagt da kluge Sachen.

Hierzu noch:

Was genau machst du in der Wissenschaftskommunikation, wenn ich fragen darf? Bisher war das für mich ein diffuser irgendwie Journalismus/irgendwie Terra X-Berater/irgendwie Broschürenherausgeber-Begriff mit dem ich nichts anfangen konnte.

Die wichtigste Leistung der WissKomm ist die Übersetzungleistung. Stell Dir vor, jemand misst doch tatsächlich Gravitationswellen, oder kann belegen, dass deutsche Schülerinnen und Schüler in bestimmten Bereichen nix drauf haben, oder entschlüsselt den Mechanismus, mit dem Axolotls ihre Körperteile nachwachsen lassen, oder oder oder... woher weiß das der Normalbürger? Aus der Zeitung. Und die weiß es wiederum bestimmt nicht daher, dass Journalisten auf Fachkonferenzen gehen oder Nature abonnieren (und lesen!). Und bestimmt auch nicht daher, dass Prof. Max Mustermann persönlich bei der Zeitung anruft und Bescheid sagt. Sondern daher, dass jemand es mundgerecht serviert, so dass es a) für den Normalbürger verständlich, in seinen Zusammenhängen und seiner Bedeutung begreifbar und b) wissenschaftlich richtig ist. Das zu tun, ist mittlerweile ein professionelles Arbeitsfeld, Wissenschaftskommunikation eben.

Man arbeitet üblicherweise in einer wissenschaftlichen oder wissenschaftsnahen Einrichtung und tut alles, was dazugehört, wissenschaftliche Inhalte (also z.B. Forschungsergebnisse, Politikempfehlungen, Bildungsinhalte etc.) in die Öffentlichkeit zu tragen. Die Zielgruppe ist dabei sehr weit gefächert und reicht von Journalisten/Multiplikatoren und der breiten Bevölkerung einerseits bis hin zu der unmittelbaren Fachcommunity und den Fördergebern andererseits, außerdem akademische und außerakademische Partner, vom Max-Planck-Institut bis zur örtlichen Sparkasse, und ggf. die Politik.

Weil die Zielgruppen je nach Arbeitsfeld sehr unterschiedlich sind, sind es auch die Kanäle und Instrumente der Ansprache. Die Dinge, um die man sich üblicherweise redaktionell und evtl. auch gleich technisch kümmert, umfassen den Online-Auftritt (Webseite, social media, Blogs/Vlogs, Podcasts...), Druckerzeugnisse (von eigenen Publikationsreihen bis zum Image-Flyer) und die klassische Pressearbeit, außerdem ist Veranstaltungsmanagement oft ein wichtiger Teil der Arbeit. Dazu kommt dann Beziehungspflege und evtl. interne Kommunikation. Da ist man schon ein bisschen Mädchen für alles, außer man landet in einem der wenigen Läden mit guter Ausstattung und klarerer Aufgabenverteilung, etwa in der Kommunikationsabteilung einer Universität oder bei einem wissenschaftsnahen Think Tank.


Bisschen Erfahrungsbericht:
Ich war nach ein paar minder erfolgreichen Postdoc-Jahren erst bei einem Hirnforschungsinstitut für die WissKomm zuständig und habe dabei v.a. Webseite, Pressemitteilungen, Drucksachen und Veranstaltungen gemacht. Jetzt hat's mich an einen sozialwissenschaftlichen Forschungsverbund verschlagen, dort kommt noch social media und mehr interne Kommunikation sowie Netzwerkpflege dazu. Dafür haben wir hier genug Mittel, dass ich Poster und Flyer und so von einer Agentur basteln lassen kann und mich nicht mehr selbst zeitaufwändig hinter InDesign klemmen muss.

Was man können muss:
Geistig flexibel und sehr lernfähig sein (Fachkultur, -sprache und -inhalte in der Neurowissenschaft waren schon eine Umstellung als Historiker...), erklären und schreiben können (!), auch für unterschiedliche Publika, allgemein mit Menschen gut können, und ein bisschen Kreativität und gute Arbeitsorganisation sind natürlich auch hilfreich.

[/walloftext]

[maxim_e]

Zunächst einmal möchte ich mich entschuldigen, dass ich jetzt erst reagiere. Das war ein anstrengendes Wochenende mit Fahrten durch die ganze Republik...

Nachdem ich ein bisschen weiter bin (promoviert und auf der Museumslaufbahn) will ich auch mal ein paar Anmerkungen machen:

Noch 1-1,5 Jahre bis Master ist noch sehr viel Zeit. Ob Promotion oder nicht ist eine Entscheidung, die nach der Masterarbeit fallen sollte. Das hat etwas mit der Note zu tun (und zwar ausschließlich mit der Note der Arbeit, nicht mit dem Gesamtschnitt), aber vor allem damit, wie wohl man sich mit so einer Arbeit fühlt, an der man ein halbes Jahr sitzt. Das sollte man sich gut überlegen, denn mit einer Doktorarbeit bindet man sich in den meisten Geisteswissenschaften für 4-6 Jahre. In den von dir veranschlagten 3 Jahren packt das so gut wie keiner.
Wenn du Lust auf die Dissertation hast und auch die Note und der Zuspruch vom potenziellen Doktorvater/mutter passt, dann ist der nächste Punkt die Finanzierung: Bekommst du ein Stipendium oder ein Gehalt (für Forschungszeit!), dann zieh deine Doktorarbeit durch. Wenn du dich dagegen nach einem Jahr immer noch mit Semmeln verkaufen bei der Bäckerei über Wasser hälst, dann such dir schleunigst einen gescheiten Job.

Ich habe noch ein wenig nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass hier vermutlich schon das Hauptproblem liegt. Ich habe nicht unbedingt eine ausreichend große Neugierde die ein Wissenschaftskarriere benötigt. Ich denke von meiner Art zu arbeiten, meinen Ideen, meinem Zeitmanagement und meiner Strukturiertheit habe ich durchaus das Potenzial eine Doktorarbeit zu schreiben - aber ich habe eigentlich noch nicht einmal eine große Lust mich für eine Masterarbeit sechs Monate auf ein Thema zu fokussieren. Es macht mir Spaß zu recherchieren und auch Aufsätze zu verfassen (zum Beispiel als ich in einem früheren Hiwi-Job meinem Professor zugearbeitet habe) aber bei meiner Bachelorarbeit haben mich die drei Monate schon genervt - aber vielleicht ist das bei einem Thema was mich wirklich interessiert besser.
Ich würde die Dissertation dann nicht machen, weil ich mich groß für die Dissertation interessiere sondern viel mehr, weil sie eine Qualifikation für etwas späteres wäre. Ich denke ich könnte das, aber es wäre wohl der falsche Ansatz.
Finanzierung wäre dann der nächste Punkt: Ich will nicht zu optimistisch sein, aber ich denke, dass mit meinen bisherigen Leistungen und meiner Behinderung vielleicht ein Stipendium möglich wäre. Einen zusätzlichen Job zu erledigen würde mich aber tatsächlich fertig und die Arbeit unmöglich machen.

Das kann auch einer im Museumsbereich sein. Wichtig dafür ist, dass du schon vorher möglichst viel Erfahrung (Praktika) sammelst. Dann hast du ganz gute Chancen auf ein Volontariat, das wiederum ein Türöffner für die weitere Museumskarriere ist. Für über 90% der Volontariate muss man nicht promoviert sein, will man aber im Fach bleiben, dann ist eine Promotion wichtig. Allerdings gibt es vergleichsweise wenige Museumsjobs für die es Historiker braucht, meist sitzen in den Fachmuseen Archäologen oder Kunsthistoriker. Von daher würde ich mich auch nicht auf das "im Fach bleiben" versteifen, sondern lieber schauen, was kann einem Spaß machen.

Da bin ich ja schon dabei: Bibliothek oder noch extremer Verwaltung ist ja schon eher vom Fach weg. Was ich mir halt tatsächlich "im Fach" neben dem Museum vorstellen könnte wäre eLearning - aber da fürchte ich ist man noch stärker gezwungen ständig neue Jobs zu suchen. Da wäre mir tatsächlich etwas lieber, wo ich zumindest eine Perspektive auf "Sicherheit" habe.

Zum Thema Fernbeziehung: Wenn deine Freundin tatsächlich eine wissenschaftliche Karriere anstrebt, dann bedeutet das so oder so Fernbeziehung. Sie kann sich darauf einstellen, mal ein Jahr hier, dann drei Jahre dort und eventuell sogar zweimal drei Jahre an demselben Ort zu bleiben. Alles mit Zeitverträgen, so dass es sich für dich sicher nicht lohnen wird, da hinterher zu ziehen. Insbesondere weil du als Historiker zwar einen schönen Job finden kannst, aber sicher nicht immer sofort einen adequaten Ersatz in einer anderen Stadt. Außer du besinnst dich auf deinen Freiwilligendienst und wirst Erzieher Zudem kann man sich im heutigen Wissenschaftsbetrieb im Mittelbau auf 70-80 Wochenstunden einstellen (natürlich immer fach- und ortsabhängig), da wird deine Freundin sowieso nicht mehr so viel Zeit für dich haben.

Meine Verlobte ist selbst im Studium schon stets an der Grenze zum Workaholic - ich glaube ein großer Zuwachs an Wochenstunden ist da gar nicht mehr möglich. Aber klar, das ist uns beiden schon bewusst, dass sie immer wieder den Ort wechseln müsste. In ihren Augen wären Halbjahres- oder Jahresverträge eigentlich nicht geplant - oder wenn mit begrenzter Anwesenheitszeit, sodass man 2 Tage an einem Ende von Deutschland arbeitet und die restlichen 5 im "Heimathafen" bleiben kann. Aber natürlich sind für solche Sachen die Stellen auch begrenzt und am Ende "kütt et wie et kütt".
Sie ist in der Klassischen Archäologie zu Hause (hat aber nebenbei auch schon in zig anderen Fächern Sachen gemacht: Ich glaube im Bachelor waren es christliche Archäologie, Alte Geschichte und Kunstgeschichte und im Master sind bisher Ur- und Frühgeschichte, Mittelalterarchäologie und Digital Humanities dazu gekommen und das sollte sie dann auch auf dem Abschlusszeugnis stehen haben [ich sagte bereits Workaholic, ne?]), da sind die Möglichkeiten länger an einem Ort zu bleiben vielleicht etwas größer als in der Geschichte, einfach weil es viel weniger Bewerber gibt?

Argonir sagt da kluge Sachen.

Hierzu noch:

Die wichtigste Leistung der WissKomm ist die Übersetzungleistung. Stell Dir vor, jemand misst doch tatsächlich Gravitationswellen, oder kann belegen, dass deutsche Schülerinnen und Schüler in bestimmten Bereichen nix drauf haben, oder entschlüsselt den Mechanismus, mit dem Axolotls ihre Körperteile nachwachsen lassen, oder oder oder... woher weiß das der Normalbürger? Aus der Zeitung. Und die weiß es wiederum bestimmt nicht daher, dass Journalisten auf Fachkonferenzen gehen oder Nature abonnieren (und lesen!). Und bestimmt auch nicht daher, dass Prof. Max Mustermann persönlich bei der Zeitung anruft und Bescheid sagt. Sondern daher, dass jemand es mundgerecht serviert, so dass es a) für den Normalbürger verständlich, in seinen Zusammenhängen und seiner Bedeutung begreifbar und b) wissenschaftlich richtig ist. Das zu tun, ist mittlerweile ein professionelles Arbeitsfeld, Wissenschaftskommunikation eben.

Man arbeitet üblicherweise in einer wissenschaftlichen oder wissenschaftsnahen Einrichtung und tut alles, was dazugehört, wissenschaftliche Inhalte (also z.B. Forschungsergebnisse, Politikempfehlungen, Bildungsinhalte etc.) in die Öffentlichkeit zu tragen. Die Zielgruppe ist dabei sehr weit gefächert und reicht von Journalisten/Multiplikatoren und der breiten Bevölkerung einerseits bis hin zu der unmittelbaren Fachcommunity und den Fördergebern andererseits, außerdem akademische und außerakademische Partner, vom Max-Planck-Institut bis zur örtlichen Sparkasse, und ggf. die Politik.

Weil die Zielgruppen je nach Arbeitsfeld sehr unterschiedlich sind, sind es auch die Kanäle und Instrumente der Ansprache. Die Dinge, um die man sich üblicherweise redaktionell und evtl. auch gleich technisch kümmert, umfassen den Online-Auftritt (Webseite, social media, Blogs/Vlogs, Podcasts...), Druckerzeugnisse (von eigenen Publikationsreihen bis zum Image-Flyer) und die klassische Pressearbeit, außerdem ist Veranstaltungsmanagement oft ein wichtiger Teil der Arbeit. Dazu kommt dann Beziehungspflege und evtl. interne Kommunikation. Da ist man schon ein bisschen Mädchen für alles, außer man landet in einem der wenigen Läden mit guter Ausstattung und klarerer Aufgabenverteilung, etwa in der Kommunikationsabteilung einer Universität oder bei einem wissenschaftsnahen Think Tank.


Bisschen Erfahrungsbericht:
Ich war nach ein paar minder erfolgreichen Postdoc-Jahren erst bei einem Hirnforschungsinstitut für die WissKomm zuständig und habe dabei v.a. Webseite, Pressemitteilungen, Drucksachen und Veranstaltungen gemacht. Jetzt hat's mich an einen sozialwissenschaftlichen Forschungsverbund verschlagen, dort kommt noch social media und mehr interne Kommunikation sowie Netzwerkpflege dazu. Dafür haben wir hier genug Mittel, dass ich Poster und Flyer und so von einer Agentur basteln lassen kann und mich nicht mehr selbst zeitaufwändig hinter InDesign klemmen muss.

Was man können muss:
Geistig flexibel und sehr lernfähig sein (Fachkultur, -sprache und -inhalte in der Neurowissenschaft waren schon eine Umstellung als Historiker...), erklären und schreiben können (!), auch für unterschiedliche Publika, allgemein mit Menschen gut können, und ein bisschen Kreativität und gute Arbeitsorganisation sind natürlich auch hilfreich.

[/walloftext]

Das klingt spannend. Wie bist du da hinein gekommen? Hast du dich einfach auf eine Stellenausschreibung reagiert und im Hirnforschungsinstitut haben sie dann (auf gut deutsch) gesagt, dass ein promovierter Geisteswissenschaftler schon irgendwie schreiben können wird oder was hattest du für sonstigen Voraussetzungen? Der Sprung klingt schon sehr groß.

[Tiramisu]

Nachdem ich mich im Bereich IT umgesehen habe, glaube ich dass Berufe im Bereich Machine Learning ganz interessant für mich sein könnten. Ist man da als Mathematiker gut aufgehoben? Als Qualifikation wird da oft ein IT-nahes Studium vorausgesetzt.

[Schlumpf]

Mitläufer

[Mongke Khan]

Machine Learning. Spannend.

Mathe würde ich durchaus als IT-nahes Studium bezeichnen, je nachdem hast du vielleicht sogar schon mal was programmiert. Um es zweifelsfrei herauszufinden, musst du halt mal nachfragen oder dich bewerben. Die Zufallsvariablen realisieren, wenn du so willst