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Thema: [Semi-Blog] Die Ghalerie

  1. #856
    Im Monsterland
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    Nachbesprechung

    Über die Umdeutung des Orts wurde bereits gesprochen. Viele Erlebnisse im Haus wurden auch von mir nicht erwähnt, weil das sonst eine zu lose Aneinanderreihung bedeutet hätte oder aber zu früh auf die Vampire hingewiesen hätte – denn, Hey, wir müssen nicht darüber sprechen, dass der Autor hier Riva kannte und sich sehr von Mandaras Versteck hat inspirieren lassen. Manche von euch haben die Geschichte sicher noch gelesen.

    Lasst mich aber noch zwei Dinge anmerken:
    a) Freya verlor durch den Biss der Vampirin 15 Punkte ihres Sikaryans (ihrer Seelenkraft, wenn man so will, ich kenne mich da auch nicht genau aus), was ziemlich genau ihrer halben Lebenskraft entspricht. Wenn ich nach Regeln vorginge, so würde sie nun pro Monat nach gelungener Probe (also in ¾ der Fälle) einen Punkt regenerieren und hätte damit knappe zwei Jahre an dem Vorfall zu knabbern (böse Schenkelattacke, ich weiß).
    b) Um _einen verdammten Punkt_ misslang die Probe bei der Schwester. Merke: 18er-Würfe eröffnen selten gute Ergebnisse, besonders, wenn Erschwernisse am Fähigkeitswert zehren (und auch der war flach).

    Arme Freya… naja, sie wird darüber hinwegkommen. Helfen wir ihr gleich einmal dabei:

    Abenteuerpunkte: 170, macht mit 25% Aufschlag 212,5, runden wir auf 200 ab, weil da ein paar Dinge einfach nicht sauber liefen. (Die Geheimtür hätte Freya zwar erspähen, doch niemals öffnen können.) Sie kam weder zur Hintertür herein, noch überwand sie die Höhlenspinne (sie stieß nur auf deren Netze und Hinterlassenschaften – wie gesagt, es wäre zuviel geworden) noch brachte sie Rico zum Sprechen, also kurz: Nichts. Es bleibt bei den 200. Die werden wohl gleich genutzt werden, denn ihre Sonderfertigkeiten ließen von ihrem Schatz nicht mehr viel übrig.
    Beginnen wir mit Sinnenschärfe – dieses Talent wurde an jeder zweiten Ecke abverlangt und meist auch erfolgreich eingesetzt, ich gewähre ihr also (in der Quasi-SL-Position) eine spezielle Erfahrung, die gleich umgesetzt wird. Wert 4.
    Wirklich erfolgreich war sie in diesem Abenteuer eher mit der Zunge (Ja, der war Absicht), also möchte ich ihr – vor allem für die Auflösung – ebenfalls eine SE für Überreden einräumen, die gleich umgesetzt wird. Wert 4.
    Das Schlimme ist: Damit hört es auch schon auf. Die anderen Talente beherrschte sie alle einigermaßen, was auch für ihre Zauber gilt: Viele angewandt, keiner dominant, keiner wirklich außergewöhnlich.
    Sie zauberte jedoch soviel wie lange zuvor nicht, deshalb steigere ich ihre Astralpunkte ebenfalls um zwei.
    Magierin der Stufe 4, bald die Möglichkeit auf Stufe 5 eröffnend.

    Beute:
    50 Dukaten.
    Ein geweihtes goldenes Praios-Amulett, welches sie vor der Vampirin geschützt hätte, doch vermutlich auch ihre Magie blockiert, also nutzte sie es nicht. Lassen wir es wie in Riva für 10 Dukaten verkauft werden.
    Ein Heiltrank, den sie einfach behält.
    Der Rest fällt einfach mal unter den Tisch.
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  2. #857
    Im Monsterland
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    Zweieinhalb

    Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt: Ich wollte eigentlich auch für Nummer 3 weiter nach Nordosten wandern und einen nächsten Stil probieren, doch dann fällt dieses Mädchen doch dem Vampir zum Opfer und nimmt mehr mit (oder besser: gibt mehr her), als ich überhaupt einplanen konnte. Ich verschreibe mich deshalb für einen Zug dem Stillstand und lasse Ort und Erzählweise erhalten. Das passt so ganz gut.
    Wieder suche ich mir ein Abenteuer aus dem Netz – kein wirklich gutes, doch ein passendes.

    PS: Downloadlink zum Abenteuer.
    Geändert von Ghaldak (11. März 2011 um 22:58 Uhr)
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  3. #858
    Im Monsterland
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    Freya in Das Lagerhaus

    Bild

    Freya – Damals
    Du denkst, du bist bereit, als du auf das Tor zuschreitest. Du bist nervös und weißt nicht, warum. Das Haus ist unauffällig – klein, doch steinern, mitten, doch im Gewirr schmaler Gassen verborgen, in Brig-Lo – und doch folgtest du genau der Beschreibung. Du klopfst.
    Eine Weile vergeht, in der du dir dumm vorkommst. Du stehst hier in einer fremden Stadt und hast dich dafür herausgeputzt, einen Magierlehrer zu treffen, der dir in Grangor empfohlen den Tanz der Mada beibringen soll; du trägst die vom Codex Albyricus verordnete rote Seidenrobe, die du seit Andergast nicht mehr trugest, aber in einem teerversiegelten Lederbeutel als wohl wertvollstes Stück deiner Ausrüstung mit dir führtest und vor der du selbst in Grangor zurückschrecktest, weil Rufus sonst lachen könnte, verbunden mit der verordneten weißen Hose, gebunden ganz pflichtgemäß mit einem schwarzen Gürtel und nicht ergänzt durch die passenden Schuhe, denn die wolltest du nicht auch mit auf Reise nehmen, weswegen du nun zu deinen normalen Wanderstiefeln griffst – ein Verstoß genau wie deine dunkelgrüne Wollbluse, die du unter der Robe trägst, da du die Einblicke, die sie sonst bieten würde, nicht jedem gewähren möchte. Zum Abschluss legtest du dir noch ein hölzernes, von einem Lederband getragenes und mit geschnitzten Zeichen verziertes, Amulett um, ein Freundschaftsbeweis eines albernischen Druiden und dein einziger Schmuck, und segnetest dein Aussehen schließlich nach einem langen Blick in den Spiegel ab; du bist das, was herauskommt, wenn eine reisende Zauberin sich herausputzt.
    „Ja?“ – „Magister Marcin Saibal? Ich bin Adepta Freya aus Andergast und erbitte Ihre Unterlehrung.“ Du bist so eine höfliche Magierin, dass du sogar den Knicks mit dem Vorzeigen deines auf der rechten Handfläche getragenen (und damit ein ganzkleinwenig gegen den Codex Albyricus verstoßenden) Gildensiegels verbindest, wenn deine Schule Wert auf so etwas gelegt hätte, so wäre sie sicher stolz auf dich. Der Angesprochene ist es nicht. „Das passt nicht.“, sagt er. „Bitte?“ – „Eine Magierin kommt zu mir in magischen Belangen.“ – „Entschuldigt, Magister Szinto, es wurde mir so zu Grangor geraten.“ Du bist kein dummes Kind, du erledigtest deine Hausaufgaben. „Dann komme doch rein. Störe dich bitte nicht, ich habe keinen Besuch erwartet.“
    Der Mann, der dich hereinlässt, ist ein unscheinbarer Mann, der seine blonden Haare kurz wie ein Soldat trägt und vom Alter her dein Vater sein könnte, doch was dir wirklich auffällt – und du bemerkst es recht schnell, weil du die Etikettenregeln unter Zauberern zuvor extra noch einmal in deinem Reisebüchlein nachschlugst – ist die fehlende Rechte und entsprechend das Siegel auf Links. Du überlegst noch, ob du ihn darauf ansprechen sollst, während du deine Schuhe ablegst und dich wenig später an einem kleinen Tisch sitzend wieder findest. „Es ist auch schon lange her, dass ein Zauberer über diese Schwelle trat, doch wie es scheint, gibt es noch Leute in Grangor, die einem alten Mann gerne einen Gefallen tun. War es Jikhbar, der dir meinen Namen nannte?“ Du schüttelst den Kopf. „Ich habe den Leiter selbst nie getroffen. Es war einer der Lehrer, Ogrim.“ Bei dem Namen lächelt er und nickt, doch du bist eine höfliche Zauberin und es macht dir nichts aus, auf das zu warten, was du willst. „Du bist aber selbst nicht aus Grangor, nicht wahr?“ – „Nein, Herr Magister. Andergast.“ – „Und warum?“
    Du lächelst, um die Verlegenheit über die plötzliche Direktheit zu überspielen. Du willst hier nicht gleich deine Lebensgeschichte ausbreiten. „Ich hatte Beziehungen dahin“, fasst du knapp zusammen. „Kein guter Grund.“ – „Außerdem wollte ich mich nicht schutzlos fühlen.“ – „Tatest du das denn?“ Seine grauen Augen weichen nicht von dir, doch wirken sie auf die interessiert und nicht bohrend. Du schlägst dir eine Strähne aus dem Gesicht und weiß, dass die Zeit für knappe Antworten vorbei ist. Das hier ist kein Eingangsgespräch mehr. „Ich bin nicht zum Studieren nach Andergast gezogen, sondern ich war da – als Mädchen, als Kuslikerin – und hatte niemanden, dem ich mich wirklich zugehörig fühlte und der mir in Zeiten der Not beistehen konnte. Die Andergaster wollten aus mir eine Matratze machen, die Liebfelder ein Püppchen und meine Eltern ein Handelsgut. Wenn du da etwas willst, dann musst du dich durchkämpfen und damit leben, dass die anderen dich nicht als Gegnerin sehen, sondern als Zumutung und dann…“ Du lächelst, als dir dein Fehler bewusst wird. „In Ihnen, tut mir Leid… und, ja. Ich fühlte mich schutzlos.“ Marcin sieht dich lange an. „Du bist weg, sobald du konntest, richtig?“ Wieder nickst du und lächelst. „Das oder zehn Jahre Militärdienst“ – „Und nun?“ – „Reise ich umher. Ich lerne Länder kennen, treffe Leute… helfe Leuten…“ – „Das einst schutzlose kleine Mädchen, dass nun selbst andere beschützen möchte?“ – „Sagen Sie das ohne die Abwertung und ich stimme Ihnen zu.“ Du lachst und kannst deine Anspannung gut verbergen, doch das bedeutet ja noch lange nicht, dass du nicht angespannt bist. Er braucht nur eine Frage, dich zu knacken: „Was sagen denn deine Eltern dazu?“ Du lachst, ein zynisches Lachen. „Meine Eltern sind Kreaturen. Sie versuchen, seit ich ein Kind war, mich an den Besten zu verkaufen, sei es Ehemann, Kirche, Orden, Schule, Ehefrau, Dienstherr oder was auch immer. Mein Vater hat mich auf jedem zweiten Fürstenhof zwischen Al’Anfa, Yol-Ghurmak, dem Kalifat und dem Gjalskerland vorführen lassen und es ist nur seiner verblendeten Vorstellung des Wertes des Namens Galahan zu verdanken, dass er mich damit von Misserfolg zu Misserfolg schleppte. Ich wurde Kampfmagierin gegen den Willen meiner Eltern und was immer sie heute tun…“ Du sprangst auf und knalltest bei dem letzten Wort deine Hand auf den Tisch, ehe dir klar wird, dass du zu weit gingst. Du setzt dich wieder. „Du hättest sie schon gerne stolz gemacht?“, fragt er lächelnd und du lächelst zurück. „Kein gutes Thema, Magister.“ Dein Lächeln ist nicht mehr unterwürfig. Der Knoten ist geplatzt, die Ehrlichkeit kommt hervor und wohin dies immer auch führt, das ist dir jetzt egal, denn es fühlt sich gut an.
    Marcin erweist sich als Ehrenmann und lässt dir einen Moment, um dir deiner Schande bewusst zu werden, spricht sie aber nicht an. „Ich meine es doch nicht böse“, sagt er, „Ich habe eine Tochter in deinem Alter und wenn du sie wärst, ich machte mir Sorgen. Wir haben uns einer Kunst verschrieben, die uns nicht glücklich macht und die nur wenige von uns zu einem guten Ende führt. Als ich damals hörte, dass meine Tochter die Gabe nicht von mir bekam, war ich froh. Kannst du das glauben?“ Du nickst nur. „Du tanzt mit Zerzal, wie die Elfen sagen würden, und zwar mehr, als gut ist.“ Du weißt nicht, was er sagt, doch du weißt, was er meint.
    „Wie haben Sie Ihre Hand verloren?“, lässt du die Schwellen hinter dir, denn du weißt, es ist Zeit. Er nickt knapp, denn er sieht, du hast verstanden. „Orkkrieg“, sagt er, „Ich war lange Zeit unter Elfen, um sie zu verstehen, und als der Aikar marschierte, folgte ich einigen von ihnen und marschierte ihm entgegen. Wir wurden niedergemacht und sie nahmen mich gefangen. Ja… und dann wollten die Orks ein Lösegeld fordern und mein Verständnis als Übersetzer nutzen, deshalb ließen sie mich am Leben, doch um mich am Zaubern zu hindern, schlugen sie mir die Hand ab. Ende der Geschichte.“ Er blickt von der Tischplatte auf und sieht dich wieder an. „Das war mein Ende als Zauberer, auch wenn es nicht mein Ende hätte sein müssen, also tat ich das, was alle Zauberer tun sollten, wenn sie nicht mehr zaubern wollen: Ich heiratete, und zwar ganz bewusst deshalb… Hast du einen Freund?“ Du lächelst und schüttelst den Kopf. „Aber einen in Aussicht?“ Verdammt. „Mach dir nichts daraus, deine Augen verraten dich.“ – „Er ist Kriegerschüler im Bornland.“ – „Ein paar Abenteuer zusammen, dann ein Kind und dann zusammen alt werden?“ Du nickst. Warum nicht?
    „Also dann, wie kann ein versehrter Verständigungszauberer einer jungen Kollegin aus dem Waldreich wohl weiterhelfen?“
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  4. #859
    Im Monsterland
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    Freya
    Du liegst in einem Bett in einem kalten Herbergszimmer in Brig-Lo und fühlst dich immer noch benebelt. Es ist nicht das Blut, das dir fehlt, und auch nicht die Wunde, denn die Einstiche, die die Zähne deinem Hals zufügten, verheilt, sondern eine andere Macht, die an dir wirkte: Dir wurde an der Seele gezerrt und ein Stück davon heraus gebrochen, und du weißt, dass du um ein Haar ganz verloren wärst – und es war nicht einmal dein Verdienst, dass das nicht geschah. Marcin, dein Meister, hatte einfach Recht, erinnerst du dich, als er davon sprach, dass du mit dem Tod reist. Für dich ist es auch schlimm, zu wissen, dass da nicht der eine Fehler war, den du begingst: Du warst da und der andere einfach nur stärker. Das tut dir weh.
    Du gönnst dir eine Pause, für einige Tage. Heile, denkst du dir, ruhe dich aus, das hast du dir verdient. Du kannst ja auch die Zeit nutzen, auch wenn du lange im Bett liegst und dein Zimmer nur selten verlässt, hast du dir doch aus Grangor ein Pergament mit einem Ritual mitgenommen, welches du mal eben für dich entwickeln und durchführen könntest, ist es doch alles andere als schwer. Es passt auch ganz gut, nennt es sich doch Regeneration.

    Freya – Damals
    „Ich hörte, Sie können mir den Tanz der Mada beibringen.“ Marcin lacht auf, doch das kennst du zu gut, also bleibst du ruhig. „Wirklich?“ – „Ja.“ – „Du kommst von Grangor deswegen hierher?“ – „Ja.“ – „Warum?“ – „Selbstfindung.“ Du bist eine sture junge Zauberin, die sich nicht einfach vom Ziel abbringen lässt. „Der Tanz der Mada ist dazu da, junge Kollegen dazu zu bringen, mal von ihren Büchern und Zaubern wegzukommen und sich mit ihrem Körper zu befassen.“ Du schweigst. „Also gut, dann die obligatorischen Fragen. Wann hast du zuletzt gezaubert?“ Du denkst kurz nach. „Vor drei Monden, habe eine Höhlenspinne mit einem Fulminictus gebraten.“ – „Wann hast du zuletzt die Nase in ein Buch gesteckt?“ – „Das Vademecum mitgezählt? – „Nein.“ – „Dann… ist lange her.“ – „Und wann hast du dich zuletzt mit deinem Körper befasst, mal abgesehen von heute morgen, als du dich für dieses Treffen in Schale aufdonnertest?“ – „Gestern Abend?“ Er lacht, glucksend und immer lauter, und du fürchtest dich vor der Erkenntnis, dass die letzte Frage doppelt gemeint sein könnte, doch das scheint es nicht zu sein, was ihn erheitert: „Das ist alles? Nach Monaten kommt, von Grangor geschickt, eine Zauberin zu mir und alles, was die sucht, ist einen Tanzlehrer?“ Du lässt dich von ihm nicht aus dem Konzept bringen, denn das stehst du jetzt durch, egal wohin es dich bringt. „Ja.“
    „Du bist verrückt“, sagt er und das verwundert dich, denn du bist es nur gewohnt, dumm genannt zu werden – meistens von Rufus –, aber nicht verrückt. „Wie war doch gleich dein Name?“ – „Freya, der Herr.“ – „Nicht dieser alberne Magiername, der richtige.“ – „Firlina di Arthuro-Galahan“ Du deutest einen Knicks an, denn diesen Namen nanntest du ihm tatsächlich noch nicht. „Dann höre mal zu, Firlina, wenn eine Zauberin zu einem Zauberer kommt und es nicht um Zauber geht, dann nimmt sie meist ihre Profession nicht ernst… oder aber, sie gehört zu den verdammt wenigen Gestalten, die wirklich begriffen haben, worum es in dieser Zunft wirklich geht.“ – „Danke, der Herr.“ – „Ich glaube zwar nicht, dass du ganz weißt, was du tust, aber ich denke, du gehörst immerhin schon einmal zu der besseren Hälfte. Also, ich denke, ich kann dir helfen… für drei Goldene die Stunde.“ Das ist viel, doch du hast dich entschieden, also nickst du. „… und zwar ab Überschreiten der Türschwelle…“ Wieder nickst du, auch wenn du ihn dafür verfluchst. Immerhin saßet ihr hier schon eine Zeit beisammen. „Nun gut. Der Tanz der Mada ist, und das ist der Grund, warum sie dir in Grangor nicht selbst halfen, eine recht persönliche Geschichte. Viele Zauberer nutzen ihn, um standesgemäß ihren Bücherwurmleib in Bewegung zu setzen, doch die Sorge erkenne ich bei dir nicht. Du begibst dich in Gefahr, also muss ich dir helfen, sie zu überwinden, und das kann ich auch, denn wer mit Zerzal tanzt, tanzt auch mit Mada. Du magst zwar klug sein, doch ich glaube nicht, dass du klug genug bist, um nicht eine Schwäche zu teilen, die die ganze Zunft überfällt: Du hast gelernt, zu zaubern, doch du weißt nicht, wann du es tust.“ Du blickst ihn an, weißt jedoch nicht, worauf er hinaus will. „Stehen sie im Feld, so müssen sie vor jedem Schritt überlegen. ‚Ignifaxius’… ähmm, verdammt, der wirkt nicht richtig… ‚Fulminictus’… Moment, wobei… Siehst du, was ich meine?“ Du nickst artig. „Nehmen wir einmal an, du bewegst dich durch ein dunkles Haus, in dem eine Gefahr auf dich lauert, und etwas kommt plötzlich von rechts. Was tust du?“ – „Blitzen“ – „Bitte?“ – „Blitz dich find, also erst einmal blenden – es könnte ja ein Freund sein.“ – „Und dann?“ – „Das hängt vom Fall ab.“
    Marcin springt auf. „Erkennst du es, das ist es? Du zauberst und weißt nicht weiter. Wie wäre es, wenn du mit dem Blitz zugleich einen Schritt zurücktrittst, um einem geblendet um sich schlagenden Ziel zu entgehen, und zugleich deinen Stab in eine Lage bringst, mit der du dich verteidigen kannst? Entwickele das alles zu einer Bewegung, trainiere sie und du gewinnst eine größere Chance, genau da am Leben zu bleiben.“
    Du stehst ebenfalls auf, denn was er sagt, klingt nützlich, wenngleich noch ziemlich phantastisch. „Das ist ein Beispiel“, führt er weiter, „und wenn du möchtest, kannst du weitere entwickeln – es ist dein Tanz, du verstehst? Begeben wir uns erst einmal zu den Grundlagen. Wir waren eben nämlich schon im wahrsten Sinne mittendrin. Zunächst einmal – entspanne dich. Schritt eins, Mada erkennt: Entspanne dich, lasse die Welt hinter dir… muss ich noch viel dazu sagen? Schritt zwei, Madas Besinnen: Meditation. Bis hierher ist alles bekannt, was? Das hast du doch auch in Andergast gelernt.“ Du nickst. „Natürlich. Wichtig ist nur: Jetzt meditierst du im Stehen. Kein Hinsetzen, niemals. Schritt drei, Madas Zauber: Da wären wir dann. Fahre aus der Starre in die Bewegung, doch tue es still, denn du möchtest ja nichts auslösen. In unserem Fall wäre es sicher keine lange Abfolge, doch dazu kannst du ja später noch kommen. Schritt vier, Madas Gefangenschaft: Falle aus der Bewegung wieder in die Meditation. Wenn du später etwas Übung hast und an einer Technik arbeitest, die auch Kampfzauber beinhaltet, dann denke daran, dass du von Zeit zu Zeit auch mitten in der Bewegung abbrichst und in die Meditation gehst, denn du willst ja doch Herr deiner Entscheidungen bleiben. Anschließend sind wir schon am Ende, des es folgt Madas Wiedergeburt. Du entspannst dich, kommst langsam wieder zu dir und lässt die ganze Magie erst einmal wieder hinter dich. Täglich davon, vielleicht eine halbe Stunde jeweils, und du kannst recht schnell vorankommen.“ Er möchte dir Mut machen, da er deine Skepsis sieht, doch du hast dich ja schon entschieden. „Mit Stab oder ohne?“, fragst du.
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  5. #860
    Im Monsterland
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    Freya
    Dein Zimmer bleibt dunkel, während du dich in diesen Tagen auch drei Dinge konzentrierst: Zu Kräften zu kommen, zu Kräften zu kommen und dafür zu sorgen, dass du es auch bleibst. Du nimmst dir deinen Stab und gehst die Bewegungen durch: Entspannen, wie du es gelernt hast (das waren jedoch nie deine Lieblingskurse), Meditieren – und das auch auf Wunsch mit einer astralen Meditation verbinden, die du aber seit der Akademiezeit auch nicht mehr anwandtest – und dann… ja, daran habt ihr lange gekämpft: Zwei Finger der linken Hand zeigen auf das Ziel, um es zu blenden, während der Stab in der rechten verbleibt, doch wie verbindet man eine Angriffsbewegung mit einem Schritt zurück? Du bist dir nicht sicher, wie viel von der Blendung aus der tatsächlichen Bedrohung und deiner Entschlossenheit erwächst und Marcin stimmte sah deinen Punkt. Die Übung sah schließlich anders aus, als er es sich dachte: Der linke Arm zischt nach vorne und erst in der allgemeinen Rückwärtsbewegung landet die Hand am Stab, der sich nun vom Wanderstab zum Kampfinstrument wandelt. Du probierst die Bewegung ein paar Mal aus, hier in deinem leeren Zimmer, und fühlst dich lächerlich dabei – und trotzdem übst du jeden Tag, denn morgen findet das andere der beiden Treffen statt, auf die du dich mit Marcin einigtest und dass du nach dem Fall mit dem Vampir nach hinten verlegtest. Du musst gestehen, du hättest es dir gerne gespart, doch verschafft es dir zugleich Anregung: Sei gut, oder er besteht noch auf einem dritten, und das wird wieder teuer.
    Kampfbewegung, Bett, manchmal in die Stadt… wie viele Tage bist du nun schon hier? Wie viele sollten es einmal werden?
    Die Regenerationskraft ist keine große Sache, doch auch der Umkehrschluss sticht: Deine Seele bringt sie dir auch nicht zurück, sie ist nutzlos – doch immerhin, du gesundest, und das verleiht dir Hoffnung.
    „Hallo? Wie geht es denn meiner Haus- und Hofzauberin heute?“ Alrik schert sich nicht um irgendwelche Anstandsregeln wie Anklopfen und betritt einfach dein Herbergszimmer, während du in deinem rosafarbenen Nachtgewand auf dem Bett sitzt und die Ms zählst, die du für jeden erledigten Tanz in deinem Buch notierst. „Ganz gut“, sagst du, denn heute ist dir nicht nach Streit. „Ich freue mich schon auf den Tag, an dem ich hier wieder wegkomme.“ – „Das sagtest du doch schon bei unserer ersten Begegnung und jetzt ist Tsa.“, lacht er, „Gib es doch zu, dir gefällt es hier.“ – „Ja, dieser Ort besitzt den Anmut eines Misthaufens.“ Er setzt sich neben dich, ohne auf deine Proteste Rücksicht zu nehmen, weswegen du es gar nicht richtig versuchst. „Da sind wir schon beim Thema“, sagt er, „bist du einsatzfähig?“ Ja, das bist du eigentlich schon und das Rumsitzen langweilt dich. „Geht es um Vampire?“ – „Nein, das ist sogar ziemlich sicher. Höre mal…“ Er legt dir den Arm über die Schulter, was dir vor einem knappen Monat noch wirklich unangenehm gewesen wäre, doch nach über einem Monat in Brig-Lo, in dem dir Rufus nicht antwortete – warum sollte er auch, er nimmt ja an, dass du bald von hier aufbrachst – und dir nur ein zweitklassiger Verbrecherkönig Krankenbesuche machte, härtetest du etwas ab. „Mich hat da ein Freund um Hilfe gefragt, da sein Lagerhaus immer wieder von Dieben ausgeräumt wird, und da habe ich an dich gedacht und mich gefragt, ob du diesem Rätsel nicht auf den Grund gehen möchtest. Möchtest du das denn?“ – „Nun mal langsam. Was denn für ein Freund?“ – „Naja, ein Freund… eher ein Bekannter… ein anderes hohes Tier in der Stadt halt. Er nennt sich Alron Grabenstätt, handelt mit Stoffen und wirkt in die umliegenden Reiche: Havena, Grangor, Punin… aber, und was noch wichtiger ist: Es geht um ein Lagerhaus und da können Vampire nicht ohne weiteres rein, also keine Gefahr für dich.“ Du siehst ihn lange an. „Dahinter steckt Geld, was?“ – „Ja, natürlich, eine Menge sogar. Da fließen echte Goldmünzen und außerdem sehe ich es als Test für dich an, denn wenn du dich gut schlägst, dann kann ich dir eine feste Stelle in meiner kleinen Gruppe anbieten, denn so eine Magierin…“ – „Lenke nicht ab. Wie viel?“ – „Fünfundvierzig, wenn du erfolgreich bist, diesmal keine Anzahlung, denn du hast Recht, deine Zuverlässigkeit musst du nicht mehr beweisen.“ Du erhebst dich, um zu ihm herabblicken zu können. „Du fragst also eine Frau, ob sie für dich eine Lagerhalle voller Stoffe untersuchen könnte. Hast du keine Männer, die so was erledigen können?“ – „Schon, doch denen vertraue ich nicht genügend, um sie an eine Stelle zu führen, aus der laufend Dinge verschwinden… Bitte. Das wäre doch eine schöne, einfache Sache für dich.“ Über seinen Versuch, einen Hundeblick aufzusetzen, kannst du nur lachen, auch wenn sein Hut zumindest im Ansatz die Schlappohren ersetzt. „Für deine letzte einfache Sache habe ich geblutet“, sagst du, „und nun möchtest du mir eine weitere einfache Sache für noch weniger Geld anbieten? Du hältst mich für dumm.“ – „Dann schlagen wir halt noch zehn Dukaten drauf, aber nur, wenn du die Bande auch dingfest machst und danach auch nicht heulst.“ – „Ich heule doch nicht.“ Langsam zieht er einen großen Schlüssel aus der Tasche und lässt ihn mitschwingen, während er antwortet: „Das klang aber verdammt ähnlich. Oh, zu Hüüüülf, es waren Vampire.“
    Du schnappst nach deinem Zauberstab und knallst ihn auf die Holzdielen, dass es scheppert. „Gut, dann mache ich es. Gib mir die Adresse, sage deinem… ‚Freund’… Bescheid und scher’ dich gleich aus meinem Zimmer, damit ich mich umziehen kann.“
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  6. #861
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    Freya
    Du ziehst kurz vor Einbruch der Dunkelheit los, um das Lagerhaus, das sich am anderen Ende der Stadt befindet, mal bei Nacht im Auge zu behalten und zu sehen, was passiert. Die Lagerhalle lässt sich einfach öffnen und du begutachtest die Qualität der Waren, bei denen es sich längst nicht nur um Stoffe handelt, bis dir ein Windhauch auffällt, der dich zu einer Kiste führt – ein schnelles Schieben, dann eine große Erkenntnis: Ein unterirdischer Gang. Schnell entzündest du eine Fackel und bewegst dich langsam vor in die stickige Tiefe, während um dich herum Balken das Erdreich vor dem Einsturz bewahren. Der Gang zweigt sich schließlich nach mehreren Metern und du wählst links. Eine schwere Stahltür erwartet dich, die aber offen zu stehen scheint.
    ‚Tanze nicht mit Zerzal’, fährt es dir durch den Kopf, also horchst du und vernimmst ein Schnarchen – Perfekt. Da müsste man nun doch einfach… vorsichtig deinen Stab haltend, drückst du dich gegen die Tür und… verdammt, ein ekelhaftes Quietschen lässt alles aufhorchen. Vier grobschlächtige Gestalten greifen recht gleichzeitig zu ihren Klingen.
    Du reagierst, ehe du noch weißt, was du tun sollst: Deine Hand schlägt in deine Handfläche, du rufst nur ein Wort und… Paralü… warten vier steinerne Gestalten darauf, in einigen Stunden wieder ins Leben zurückzukehren. Das Adrenalin erfasst dich trotzdem und jagt dir einen Schauer über den Rücken. Das war gefährlich, das war knapp, schnell weg hier.
    Eine Rampe führt nach oben und du atmest frische Luft. Geschafft, denkst du dir, als plötzlich ein Kerl mit großem Schwert neben dir aus dem Gebüsch fährt. In diesem Moment dankst du Meister Marcin – zwei Hände entgegen, blitzen, abwehren. Dann die Situation verstehen, während er blind umherwirbelt und einsehen: Ja, das ist ein Kerl, der eine Waffe führt. Was sollst du tun?
    Was kannst du tun? Nach dem Steinzauber im Gang fehlt es dir an Kraft, um hier etwas Großes zu bewirken, also… ja, das Schwert. Du wählst den Zauber Eisenrost, als er gerade wieder zu Sinnen kommt, und berührst gerade die Waffe, da kommt er wieder zu sich und ein mächtiger Hieb reißt dich zu Boden. Er grunzt und schwingt erneut sein Schwert, dessen Klinge, wie du siehst, langsam eine rote Färbung annimmt… aber sehr langsam. Er schlägt erneut zu und nur dein Zauberstab verhindert Schlimmeres, doch drückt allein die Wucht dir die Luft aus der Lunge. Dieser Kämpfer ist dir überlegen und das wird dir gerade sehr deutlich bewusst. Dann folgt der dritte Schlag, die Waffe schwingt, doch just in diesem Moment löst sich die Klinge vom Griff und schlägt auf den Boden, wo sie in Tausend Scherben zerfällt. Der Räuberhauptmann blickt dich an, du lässt noch einmal die Magierin raushängen, lächelst siegessicher und er rennt davor. Dir fällt ein Stein vom Herzen.

    Es ist schon früh am Morgen, als du heimkehrst, und wieder sitzt Alrik am Roten Hang und wartet dort auf dich. Er spielte an einem Würfelbecher, um sich die Zeit zu vertreiben, und ist nicht einmal zu einem Lächeln imstande, als du eintrittst. „Freya? Du siehst furchtbar aus. Wie ist es dir ergangen?“ Du lässt dich schwer auf einen Stuhl fallen, spürst die Wunde, die dich schon auf dem ganzen Rückweg quälte, auch wenn du sie noch am Lagerhaus zu behandeln suchtest, und antwortest knapp: „Räuber gruben einen Stollen. Ich fand sie und konnte ihnen wenigstens einen Schrecken einjagen.“ – „Du hast deinen Feinden gegenüber Gnade walten lassen?“ Der Tag war lang, die Nacht war schwer und gerade jetzt bist du ehrlich. „Nein“, sagst du, „Mehr war einfach nicht drin.“
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  7. #862
    Im Monsterland
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    Nachbericht

    Ja, das Abenteuer war so kurz, wie es sich liest, und wenn man davon absieht, dass ich den Eingang änderte, ließ ich auch gar nichts aus. Ich muss jedoch sagen, dass ich den Hasenweg heraus wählte, weil Freya den Kampf mit dem Hauptmann (nach ihrem leider absolut nötigen Zaubern beim unvermeidbaren Kampf zuvor) in aller Konsequenz ausgespielt nicht hätte überleben können; die Hütte im Wald, die noch wartete, könnte zwar durch ein paar erfolgreiche Proben kampffrei ausgehen, doch soweit möchte ich Freya nicht bringen. Sie tat ein gutes Werk.

    Hasenvariante: 150 AP, bekannter 25%-Bonus, macht 188. Nach dem letzten Mal lege ich wieder eine SE auf Sinnenschäfte, die gleich genutzt wird, steigere nach der Hintergrundgeschichte den Zauber Blitz dich find und erhöhe wieder ihre Astralenergie um eins. So ging dann auch die Hälfte der Ausbeute wieder verloren. Über Plündergeschäfte müssen wir uns hier auch keine Gedanken machen.

    … und weil es sich so gehört: Magierin der Stufe 4 mit Option auf Stufe 5.
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  8. #863
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    Nummernloses Kapitel und anderer Eingang in die AE

    „Andergast, 1.022 Jahre nach Bosperans Fall.
    Mich befiel ein seltsames Gefühl, als ich diese Stadt betrat. Stimmt es wirklich, dass man es fühlen kann, wenn ein Ort eine Geschichte besitzt, oder waren es nur die missmutigen Blicke der Einwohner, die mir von jedem Fenster aus zugeworfen wurden, die mich das denken ließen? Ich weiß, dass die Leute hier Fremden misstrauen – und fremden Magiern besonders. Ich kann es ja auch verstehen.
    In Andergast herrschen wilde Zeiten voller Veränderung. Knapp einen Götterlauf ist es nun her, dass der einstige Prinz mit seinem Meister die Macht an sich riss und ein Blutbad anrichtete. Sie enthaupteten die Regenten, dann die Priester und dann, um Angst in der Stadt zu verbreiten, wahllos irgendwelche Bürger. Zwar währte das alles nur ein halbes Jahr, doch auch dahinter verbergen sich einhundertachtzig Tage. Es muss eine grässliche Zeit gewesen sein.
    Der Meister war ein Magier; welche Farbe seine Robe trug, kann ich bestenfalls raten, doch meine eigene ist so strahlend weiß, als könnte sie allein durch ihre Farbe die Schatten aus der Stadt verbannen; ich fürchte aber, es könnte hier in Andergast auch anders laufen, und dann verschlucken die Schatten mich.“
    Die Feder verharrte für einen Moment, als der Schreiber innehielt, dann blickte er noch einmal kritisch auf das Buch vor sich, las seinen Text und lächelte zufrieden. Ja, das klang wirklich gut. Während also die Schrift trocknete, säuberte er sorgfältig seine Schreibfeder, verschloss sein Tuschedöschen und verstaute beides in einem Etui. Wäre jetzt jemand erschienen, so hätte er mit nur einem Blick bedurft, um zu sehen, woran er die letzte Zeit saß, nur brachte niemand in der Taverne nur eine Spur von Interesse für den jungen Mann auf, der hier einsam saß, auch wenn der Raum sonst gut gefüllt war. Den Magier stimmte das ein wenig traurig. ‚Selbst ohne Robe und Stab…’, dachte er, ‚Wie schnell verbreiteten sich hier Gerüchte? Naja, bald ist Sperrstunde.’
    Flaim schluckte. Was war das nur für eine Einstellung, die er sich da in den letzten Tagen angeeignet hatte? Einsames Trinken, Schreiben seines Reiseberichts, Freuen auf ein einsames, leeres Bett?...
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  9. #864
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    Vier

    Einen Teil des oberen Berichtes wollte ich für eine Ingame-Notiz verwenden, ließ es aber sein, da es ihr an Kraft und Prägnanz fehlt. Ich fahre nun fort mit einem Abenteuer, welches eigentlich in Kuslik spielt und eine Premiere für mich bedeutet: Zum ersten Mal lese ich es mir nicht vorher durch, sondern kenne nur den Anfang und agiere dann blind.
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  10. #865
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    Freya in: Zwergenerz

    Bild

    Nächste Heimat
    Zwischen Wahn und Wirklichkeit liegt manchmal nicht viel Zeit, und so kommt es, dass ich wenige Stunden später wieder vor diesem unauffälligen Haus in einem verwinkelten Viertel Brig-Los stehe, meine schmerzende Wunde verwünsche und bereue, keinen Schlaf gefunden zu haben; ich habe es versucht, doch immer dann, wenn ich meine Augen schloss, fühlte ich die Seelenmühle an mir zerren und mich zerreißen, wobei ihr kreischendes Knirschen fast noch mehr durch meine Ohren stach und mich sofort wieder aufschrecken ließ. Das kommt vor bei mir. Ich leide an Alpträumen, die meistens Dämonen oder die Niederhöllen an sich beinhalten, seit ich ein kleines Mädchen bin, und so verließ ich dann doch mein Bett, statt Meister Marcin zum fünften Mal abzusagen, und bewegte mich schweren Schrittes hierher. Von drinnen zieht ein leichter Duft nach Essen heraus, was in mir Hoffnungen weckt und mir fehlt die Aufregung, die ich beim ersten Mal verspürte – doch ebenso auch die Frische, denn weder vor dem Fallen in die Koje noch nach dem Erheben daraus zog ich mich um. Ich muss ihn erschrecken. Bei meinem Anblick zeigt er sich auch sehr erschreckt. „Ach du gute Güte, Freya, was ist mit dir passiert?“ Ich lasse mich von ihm ins Haus geleiten, während ich antworte: „Ich habe es in der Nacht mit einer Räuberbande aufgenommen. Nun kann der Kaufmann Grabenstätt wieder ruhig nachts schlafen.“ – „Du aber nicht, wie es scheint. Hättest du ihm doch seine Sorgen gelassen, das ist der größte Gauner von allen.“ Er macht sich Sorgen, also sage ich dazu nichts, sondern mustere noch, was sich seit meinem letzten Besuch in diesem Raum veränderte. „Das ist übrigens Lilim, meine Tochter“, fügt er an, was diese wohl als Stichwort betrachtet. „Hallo“, sagt sie und erhebt sich, „Du bist Freya? Vater erzählte mir, da konnte ich gar nicht erwarten, dich kennen zu lernen.“
    Marcin sprach von einer Tochter deines Alters, fährt es mir durch den Kopf, und ich hoffe, dass er mir damit schmeicheln wollte, denn dem straßenköterblonden Mädchen, bei dem ich bis zum Erkennen ihrer Ohren fast eine elfische Herkunft angenommen hätte, fehlten doch noch eine Handvoll Jahre zu mir. Sie sprühte vor Energie und ehrlicher Freude, als sie mir die Hand gab und mich damit schmerzhaft an meine Wunde erinnerte. Meine Reaktion blieb ihr nicht verborgen. „Du bist verletzt?“ – „Ja, zum Eisenrost den Stab erhoben und nicht schnell genug bemerkt, dass der Blitz ihn wieder freiließ.“ Marcin seufzte irgendwo hinter mir auf. „Lilim hat extra für dich gekocht, aber ich denke, das kann warten. Bitte lege dich hin.“ Behutsam senkte ich mich zu den Dielen herab, während die Tochter wissen musste, was nun kam und mir behutsam den Gürtel löste und mich aus meiner grauen Robe schälte. Darunter musste sie einen abgetragenen Gambeson, einen leichten Stoffpanzer, erblicken, der mich soweit es eben ging vor dem Unbill meiner Feinde schützte und der von Resten alter Abenteuer und einem dicken neuen Blutfleck versehrt war. Ich ließ mich zurücksinken, während Lilim mit geschickten Fingern sich anschickte, die Gurte zu lösen, die diesen immerhin noch erlaubten Panzer an seinem Platz hielt. Ich fühlte mich in guten Händen.
    … Mühlen malmen, knarren, kreischen, kreischen…
    Ich schrecke auf. „Habe ich dir wehgetan?“ – „Nein, keine Sorge, ich bin nur völlig erschöpft.“ Hinter mir hörte ich den Vater schreiten. „Das sieht man. Hast du dich einmal angesehen? Ringe unter den Augen, Dreck in den Haaren, blutender Leib?“ Ich flüsterte vor mich hin, was er nicht ergänzen konnte: „Und ausgebrannt bis zum letzten Rest.“ – „Mädchen. Das sollte doch eigentlich so ein schöner Tag werden. Wir wollten gemeinsam essen, dann konntest du uns deine Fortschritte zeigen, die bei der langen Zeit sicher enorm sein müssen, und dann wollte ich dir noch ein Geschenk überreichen. Lilim hier…“ Die Nennung ihres Namens lässt das blonde Mädchen innehalten und lächeln. „… wird er bald auf die Garether Kunstakademie verschlagen…“ – „Wenn ich genommen werde.“ – „… wenn du genommen wirst, und sie hatte angeboten, ein Bild von der Zauberin zu malen, die vor einem Mond noch wie aus dem Ei geschlüpft vor meiner Tür stand, und nun… da taugst du wirklich nur als Abschreckung, wenngleich auch das sehr gut.“ – „Ich bin auch sehr abgeschreckt, Papa.“ – „Ja, ja.“
    Es läge an mir, etwas zu sagen, doch mir gehen die Worte aus. Ich liege auf den Brettern, lasse ein Mädchen an meinem Gambeson rumschnüren, unter dem ich nichts trage, während ihr Vater dabei zusieht. Ich möchte nicht lügen; die Geschichte endete glücklich, ich gewann einen ordentlichen Beutel voller Dukaten und konnte außerdem noch etwas Gutes tun, also sehe ich keinen Grund, mich zu schämen. „Das sind die Schattenseiten“, sage ich, „manchmal tut es eben ein bisschen weh.“ – „Du bist fast gestorben.“ – „Ja.“
    Es wird oben herum kalt für mich, als Lilim ihr Schnürwerk abschloss und den oberen Teil wegschiebt, dummerweise auf mein Gesicht. Ich hatte zwar schon in der Lagerhalle versucht, die Wunde zu verbinden – unter Benutzung eines Stücks Stoff aus den Lagerbeständen –, doch es gelang mir damals nicht ganz und ich hatte mir vorgenommen, mich auszuschlafen und mich dann mit frischen Kräften des Problems anzunehmen. „Was war das denn für eine Waffe?“, bricht Lilim neben mir in Verwunderung aus. „Ein Rondrakamm“, sage ich ihr, ein großes, gezacktes Schwert. „Du hast dich mit einem Geweihten angelegt?“ – „Nein, ganz sicher nicht. Eher mit seinem Mörder.“ Das war dann doch auch eine verflucht knappe Angelegenheit. Göttin sei Dank, fährt es mir durch den Kopf, wurde die Waffe nicht geschützt, denn hätte mein Zauber nicht gewirkt… Die Geschichte war und blieb hässlich.
    Mein zufriedener Ton muss Marcin nicht gefallen haben. „Lilim? Ich weiß es jetzt. Bitte male sie so. Bitte hilf ihr dabei, sich so zu sehen, wie sie jetzt ist.“ Aber…? „In Ordnung?“, fragt Lilim mich, doch ihr Vater unterbricht sie wütend. „Sie ist die Schülerin und ich bin ihr Meister. Tue es.“
    Er wurde zu laut und merkt es, während Lilim zusammenzuckt. „Bitte, Kind. Sie braucht das, du brauchst das… und ich alter Mann doch auch.“ Ihr Blick wandert zu mir, doch was soll ich tun?
    …Mühlen kreischen, pressen, zerren, mahlen, mahlen…
    „Freya?“ – „Ja? Ach… tut mir Leid, ich wollte dich nicht erschrecken.“ – „Richte sie dir her, wie du magst, Kind. Ich denke, ich kann euch beide gut alleinlassen. Ihr kommt miteinander klar?“ – „Verlasse dich darauf.“ Lilim wendet sich immer noch heiter mir zu. „Mache dir nichts daraus, er hat nur Angst, dass ich zu den Puniner Landsknechten gehe, wenn es mit Gareth nichts wird.“ Sie lässt ab von mir und ich bemerke, dass sie auch meinen nutzlosen Verband entfernte. „Nur ein Spaß, das würde ihm das Herz brechen.“ – „Dann meint er es ernst?“ – „Was? Das mit dem Bild? Das mit dem Auftrag? Ja, tut er.“ – „Aber was will ich denn…?“ – „Aufheben, weil es dir gefällt, oder verschicken, an deinen Freund, deine Eltern, von wem du magst, dass er sich Sorgen um dich macht.“ – „Sehe ich… wirklich so schlimm aus?“ – „Ja, aber das ist noch kein Vergleich zu dem, wie du auf der Leinwand aussehen wirst.“ – „Leinwand?“ – „Natürlich. Wir gehen es richtig an.“
    Ich blicke zu ihr herüber und sehe, wie sie eine Staffage heranträgt. Es wird ernst, das spüre ich, und ich verstehe auch Marcins Motive: Wenn es wird, was er denkt, dann kann ich es nicht hergeben und muss es ewig mit mir herumführen und mir vor Augen führen, wie zerbrechlich ich sein kann – nur, wie soll das gehen? „Könntest du vielleicht deinen Panzer ganz ausziehen und ihn wie ein Kopfkissen legen, möglichst mit der blutigen Stelle neben deinem Haar?“ – „Was? Ja, aber…“ – „Die geprügelte Rahja. Wenn ich das hinbekomme, wie ich es vor mir sehe, wird das eines meiner besseren Werke.“ Sie lacht, während sie ihre Farben auf einer Palette präpariert. „Ich hoffe, es ist dir nicht zu kalt da unten. Das musst du jetzt ein bisschen durchhalten… und bitte, schlafe auch nicht wieder ein. Ich brauche diesen Blick.“ Ich blicke sie genauer an, während sie hinter ihrer Staffage verschwindet. „Welchen?“ – „Diesen.“
    Es muss es nun ansprechen. „Du, Lilim?“ – „Ja, Rahjalein?“ – „Ich kann doch so eine Leinwand gar nicht mit mir herumtragen. Die hält das doch nicht durch.“ – „Guter Punkt. Dann werde ich eben kleiner.“ – „Könntest du… vielleicht zu meinem Vademecum greifen? Das ist in meinen Sachen.“ – „Du willst die Mahnung also wirklich behalten?“ – „Ja. Er hat ja recht.“ Es war ja auch alles kalt und tat weh. Ich blieb still liegen und sah Lilim zu, wie sie mich malte.

    Irgendwann während dieser langen Zeit kam mir eine Idee und als ich mit Lilim beim Essen saß – ihr Eintopf war vorzüglich, wenn auch inzwischen kalt –, musste ich sie darauf ansprechen. „Wohin ist dein Vater eigentlich verschwunden? Er fehlt hier irgendwie.“ – „Zum Kräuterhändler. Bei diesem arbeitet er jetzt, seitdem er nicht mehr zaubert. Er kam viel herum und hat viel gelernt.“ – „Und das lohnt sich?“ – „Nein, das große Geld bringt Mami nach Hause.“ Sie machte eine Pause, während sie den Löffel schwang. „Warum fragst du?“ – „Nun, ich habe mir gedacht… Kannst du deinen Vater einmal fragen, ob er mir bei einem Ritual helfen würde?“ Sie lachte auf. „Ich kann dir nicht sagen, ob er es tun würde, aber besprich es am besten mit ihm selbst. Ich werde dir eine Wegbeschreibung geben.“ Ich nickte. Das war gut. „Heißt dass dann, du bist noch eine Zeit hier?“ – „Ja, wenigstens solange, bis ich geheilt bin und genug Kraft in mir sammelte, um zu reisen. Der Rest wird von deinem Vater abhängen.“ – „Das freut mich. Hast du Lust, etwas mit mir zu unternehmen?“ – „Gerne. Ich bin im Selindian untergekommen. Komme einfach vorbei.“
    Die Wegbeschreibung, die sie mir geben sollte, erwies sich als ausgezeichnet, und wieder wurde ich nervös, als ich den kleinen Laden betrat, in dessen dunkler Enge, doch aromatischer Luft, verschiedene Pulver, Pflanzen und Kisten – meist Gewürze – auf Interessenten warteten. „Marcin?“, fragte ich die almadische Frau und sie nickte. Bald stand ich mit dem sichtbar abgekämpften ehemaligen Zauberer zusammen. „Oh, Freya, hattest du einen schönen Tag?“ – „Ja, allerdings, Lilim ist wirklich eine nette Person.“ – „Und die Aufgabe?“ – „Erfüllt. Sagen Sie, Meister, führen Sie hier auch etwas, was gegen meine Wunde hilft? Ich möchte sie versorgt wissen, ehe sie sich entzündet.“ Sein Blick haftet fest an mir, er musste spüren, dass da noch etwas war. Trotzdem nickt er. „Eine Salbe kann ich dir anbieten, aus Wirselkraut. Habe ich selbst angerührt… zum größten Teil.“ Er setzt seinen Ellenbogen auf die Theke, um mir seine fehlende Rechte zu verdeutlichen. Er kämpft mit seiner Geduld. „Das wird nicht billig?“, merkt er noch an, als Frage gestellt, um mich zum Überleiten zu bringen. „Ja“, sage ich da, „Meister, ich benötige Ihre Hilfe bei einem Ritual.“ Er unterbricht mich. „Nun reden zwei Zauberer über Magie. Es wäre doch zu schön gewesen. Was möchtest du?“ Jetzt kommt der Moment der Wahrheit. „Die Große Meditation.“ Meister Marcin Saibal lacht, laut und demonstrativ. Ich weiß, ich könnte mir dumm vorkommen, doch es weckt nur meinen Widerstand. Was eben noch Idee war, wird nun Gewissheit. „Die Große Meditation ist für alte Männer, nichts für dich. Wende du dich noch den einfachen Übungen zu.“ – „Bitte, Meister. Es geht um Macht und die brauche ich. Sehen Sie mich an. Ich bin nur hier und brauche diese Salbe, weil mir am Ende meines Weges die Kraft fehlte.“ – „Nein, du bist hier, weil du dumm warst und dumm bist. Ich werde dir ganz sicher nicht helfen, noch irgendwelchen Unfug zu begehen. Vergiss es.“ Ich bin stur. Ich weiß, was ich will. „Würden Sie mir auch nicht helfen, diesen Unfug zu überleben? Ich bin eine Heldin, ich bin eine Kämpferin und da draußen warten Menschen, die beides benötigen und ich werde nicht all den Weg, den ich bisher ging, aufgeben, nur um mich winselnd unter der Decke zu verkriechen. Stehen Sie mir bei, damit alle gewinnen.“
    Er sieht mich lange an, ehe er demonstrativ schnaubt. „Du brauchst dich echt nicht zu wundern, warum deine Eltern unglücklich sind.“ Vielleicht, denke ich mir, lasse mir aber nichts anmerken. Wir wissen beide, dass er nicht ablehnte. „Dann ist es beschlossen?“ – „Mädchen, es ist Tsa, Hesinde ist gerade vorbei. Gleich, ob ich dir helfe – und ich täte damit mehr für dich, als du überhaupt verdient hättest –, bleibt dir noch ein knappes Jahr Zeit, nach Andergast oder zu einer anderen Akademie der Gilde zu reisen und dich da besser und günstiger einzurichten.“ Ich lächele, denn ich habe ihn am Haken. „Es geht mir nicht um Hesinde“, sage ich, „Ich möchte noch dieses Jahr loslegen, Anfang Rahja, hier in Brig-Lo.“
    Das bricht ihn. Sein lauter Lachanfall verstört nicht nur mich, sondern lässt auch die Almadanerin skeptische Blicke zu uns werfen, wie mir brennend bewusst wird. „Du hast wirklich keine Ahnung, was du tust“, sagt er. „Überlege es dir mal: Was hast du Anfang Rahja am Himmel? Die Sternbilder der letzten und nächsten drei Götterläufe. Praios mag dich nicht, Rondra mag dich kaum, Ingerimm gibt dir wenig, mit Efferd ergänzt er sich jedenfalls gar nicht, und der Namenlose ist immer gegen dich. Was noch bleibt, steht dir als Zauberer neutral gegenüber, bestenfalls. Was du da an Sternen hast, wird dir nichts geben, du Gefäß. Wie kommst du denn überhaupt auf diese Idee?“
    Jetzt wird es mir peinlich. Ich schweige, ehe mir bewusst wird, dass ich nur noch jetzt sprechen kann. Ich unterbreche leise seinen Versuch, weiterzukommen. „Es geht um Dämonen“, sage ich vorsichtig, „und um meine Träume. Du musst wissen, mich plagen Alpträume, seitdem ich ein Kind war, doch in den letzten Jahren besonders. Ich sehe mich in den Niederhöllen, wie sie mich packen und vernichten und möchte ein Zeichen setzen. Ich möchte ihnen hier Paroli bieten, im Mond meiner Göttin und in Brig-Lo, am Ort der zweiten Dämonenschlacht.“ Er lacht nicht mehr und sieht mich nur groß an. Das ist ein gutes Zeichen. „Das ist dann ja…“, beginnt er zu murmeln und gestikuliert mit seinem Armstumpf, „Praios, Rondra, Efferd, Ingerimm und die Sternenleere, gegen die du zielen kannst, und auch noch während dem Fest der Freuden, wo du auf dem Feldherrenhügel ungestört bist und Rahja so stark ist wie sonst nie? Das klingt fast…“ Er denkt wieder an meine Anwesenheit, doch das Funkeln in seinem Blick bleibt. Auch wenn es nie meine Absicht war, verwandelte ich einen Kräuterhändler wieder in einen Forscher. „Entschuldige, Freya, du bist nicht dumm, nur verrückt. Ich glaube nicht, dass das jemals schon einmal versucht wurde, aber das heißt ja nicht, dass es nicht klappt. Lasse mich noch einmal darüber schlafen und ein paar Karten wälzen. Bisweilen bekomme ich aber erst einmal sieben Dukaten für die Salbe… und schaue nicht so, ich sagte doch, es wird nicht billig.“ Ich nicke und frage mich, was Rufus davon halten würde. Er kennt sich mit den Sternen aus und ohne unsere gemeinsame Zeit wäre mir wohl nie die Idee gekommen.
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  11. #866
    Im Monsterland
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    Kurze Reise
    Tage gehen ins Land, in denen ich langsam meine Kraft wieder finde, während von der Wunde schon eine Nacht später nichts mehr zu sehen war – Marcins Salbe war zwar teuer, jedoch gut. Ich langweilte mich, hörte nichts von dem Zauberer, sehnte mich nach Lilim, die nicht bei mir erschien und wollte schon nach beiden sehen, als mich ein Alptraum packte: Dämonen treten auf und nehmen eine Schlachtreihe ein, die unendlich lang ist, und ich bin allein. Ich sehe einen Zauberer durch die Reihen treten und höre ihn zu mir rufen: „Die Tage deines Reiches sind gezählt. Es wird fallen.“ Sie marschieren.
    Ich schrecke heraus und merke, dass es das Knarren der Tür war, welches mich aufschreckte. „Wenn das nicht meine Lieblingsmagierin ist“, lacht Alrik, der sich nicht um meinen Zustand schert und auch – wie immer – ignoriert, dass höfliche Menschen anklopfen. „Was willst du? Es ist früh.“, maule ich ihm entgegen. „Ist es nicht. Ich bin wach. Also, wie geht es dir denn heute?“ – „Ich träumte gerade vom Ende der Welt und du weckst mich. Was gibt es?“ – „Ich wollte sehen, wie es dir geht. Du verbringst so viel Zeit auf deinem Zimmer, da mache ich mir Sorgen.“ Ich glaube ihm seine Miene nicht, während er sich neben mich aufs Bett setzt, und das reizt mich. „Das liegt nur daran, dass alles, was du für mich hast, für mich immer mit Verletzungen und Erschöpfungen endet, und kaum bin ich wieder halbwegs auf den Beinen…“ Oh, das sind seine Augen, sie verraten ihn. „Moment mal, wofür möchtest du mich jetzt wieder haben?“ Alrik lacht. „Ich würde gerne einen Ausflug mit dir unternehmen, ein bisschen Bergluft für dich… fühlst du dich dafür kräftig genug?“ Ich nicke. Rede, Junge. „Nur kann ich wohl leider nicht mitkommen, auch wenn ich es gerne täte, doch ich habe da einen Freund…“ – „Einen Freund, der sich bedroht fühlen könnte?“ – „Woher weißt du das?“ Sein Überraschen ist so dermaßen schlecht gespielt, dass ich lachen muss. „Weibliche Intuition.“
    Er kommt zur Sache. „Also, dieser Freund nennt sich Daryion und möchte eine Reise ins Gebirge unternehmen. Seine kleine Gruppe kommt aus Kuslik und hatte auf dem Weg hierher schon mit ein paar Wickelköpfen zu kämpfen, weswegen er sich eine frische Kraft wünscht. Er wollte mir wenig sagen, nur rechne mit einer Reise über mehrere Tage. Kannst du in einer Stunde am Marktplatz sein? Du wirst ihn nicht verfehlen können.“ Ich nicke. „Das kann ich machen, nur die letzte Frage – wie viel?“ Alrik zuckt mit den Schultern. „Ich weiß es nicht, da ich deine Antwort nicht kannte, aber jeder Zehnte geht an mich.“ Klingt machbar. „In Ordnung, doch nun schere dich raus.“
    Ich war gerade dabei, mich in einem Bottich mitten in meinem Zimmer zu baden, als plötzlich eine Unruhe vor meiner Tür eintrat, die in einem zaghaften Klopfen endete. „Herein“, rufe ich und sehe Lilim zu, wie sie verlegen in den dunklen Raum eindringt. Sie zuckt, als sie mich sieht. „Soll ich später wiederkommen?“ – „Nein, du kennst mich ja schon so.“ Sie lacht zaghaft. „Ach ja.“ – „Schön, dass du da bist“, sage ich, „doch etwas unpassend. Ich werde gleich aufbrechen und für einige Tage auf Reise gehen.“ – „Du ziehst weiter?“ – „Nein, nur ein einfacher Auftrag. Ich komme zurück.“
    Lilim umrundet mich und setzt sich auf mein Bett, ohne sich aber deutlich wohler zu fühlen. Endlich kommt sie zum Punkt. „War das eigentlich eben Alrik Losbringer bei dir?“ Ich steige aus dem Bottich und greife zu einem Handtuch. „Ach, Losbringer heißt er? Er ist ganz in Ordnung; er will, dass ich seine Hofmagierin werde und schanzt mir gelegentlich Aufträge zu, so wie diesen jetzt.“ Das stellt sie nicht zufrieden. „Ist er denn derjenige, welcher…?“ – „Meine große Liebe?“ Ich muss lachen, denn dieses Geheimnis scheint wirklich nicht mehr geheim zu sein. „Nein, Rufus ist ein Grangorer Bursche auf Kriegerausbildung im Bornland. Alrik hier ist… nützlich für mich. Er bringt mir Geld ein und geht nicht zu weit.“ Sie bleibt unglücklich. Was verbirgt sie? „Dann wärst du die einzige.“ – „Ich kann mich wehren und das weiß er.“
    Ich setze mich neben Lilim, die aber meinem Blick ausweicht. „Mädchen, was ist los?“ – „Musst du nicht weg?“ – „Ja.“ – „Du wirst zu spät kommen.“ – „Ja, und? Höre mal. Wenn es was mit Alrik ist, dann sage es mir, und wenn er dir etwas antat, dann lasse ich ihn für dich leiden. Er war der erste Mensch, den ich hier in Brig-Lo traf. Das verbindet uns – mehr nicht.“ Ich lege einen Arm um sie und auch wenn ich eben aus dem Wasser stieg, ist sie der Fisch, kalt und glitschig. Lilim trifft ihre Entscheidung: „Vater sagt mir, er steht dir bei, und ich wollte dir heute auch dein Buch mitbringen, die Farbe ist soweit trocken, doch ich habe es vergessen. Komme zu mir, wenn du wieder da bist und hole es dir ab.“ Selbst wenn ich nicht das Gewicht ihrer Handtasche gespürt hätte, wüsste ich, dass sie lügt. Ich denke an das letzte Mal. „Egal, in welchem Zustand?“ – „Egal. Wenn du zu Kräften kommen musst, werde ich um dich sorgen.“
    Das ist ein Versprechen. „Dann komme ich vorbei.“ Ich kleide mich schnell an und packe meinen Rucksack, während sie sich auf meinem Bett breitmacht und mir dabei zusieht. Ich verlasse den Raum, „Wir sehen uns, Lilim, und bis dahin wünsche ich dir den Segen aller Zwölfe“, versemmele den Abgang, weil ich meinen Stab vergaß, und lasse das Mädchen alleine in einem dunklen, schäbigen Zimmer zurück.

    Auf dem Marktplatz fand sich eine kleine Gruppe zusammen und obwohl ich etwas spät dran war, fällt es mir nicht schwer, sie zu finden. Daryion erweist sich als blonder, kräftiger Mann mit einem großen, gegürteten Schwert, dem die Aufgabe, einen kleinen Trupp aus zwölf Personen zu leiten, offensichtlich großes Vergnügen bereitet. Ich stelle mich vor, schüttele Hände, lerne Namen, die ich aber im Wust schnell vergesse, und breche dann mit der kleinen Gesellschaft auf – Maulesel begleiten uns und tragen unsere Ausrüstung, während wir uns vom Yaquir entfernen und den Weg in Richtung Gebirge einschlagen. Längst haben wir alle Straßen hinter uns gelassen und laufen über die trockene Weite, als ich mich zu Dariyon an die Spitze geselle, um ein paar Antworten zu erhalten. Ich möchte nicht mit der Tür ins Haus fallen. „Worum geht es denn?“, frage ich ihn. Sein Blick, den er mir zuwirft, ist gehetzt. „Um ein magisches Metall. Wir wollen es finden und suchen dafür die Hilfe der Zwerge.“ Ich blicke mich um, wobei mir auffällt, dass jeder Zwerg in der Gruppe fehlt, möchte aber jetzt nicht mehr zu deutlich widersprechen. „Gut, ich kann ein paar Fetzen Rogolan. Wie genau…“ Weiter komme ich nicht, denn da bricht schon der Tumult los. Es müssen Räuber sein, die aus der Landschaft auftauchen und uns plötzlich im Weg stehen. Ich handele schnell, auch wenn Erinnerungen wieder wach werden. Zwei kommen auf mich zu, da strecke ich ihnen meine Faust entgegen und brülle ein Wort: Horriphobus. Sie halten inne, blicken mich an und rennen wie die Hasen. Keuchend sehe ich ihnen nach und merke, wie auch die anderen vermummten Gestalten sich schnell anschließen, doch mein Gefühl, wir könnten siegreich sein, trügt: Wir verloren drei Mann, während vier verletzt wurden. Wir erweisen ihnen die letzte Ehre, doch die Stille, die unsere Gruppe erfasst, wirkt beängstigend und auch ich beschränke mich lieber darauf, die Gegend im Auge zu behalten, statt weiter ein Gespräch mit Daryion zu suchen.

    Wir übernachten in einem kleinen Dorf, doch nach diesem Tag steuern wir die Herberge an, während Teile der Gruppe in der Scheune schlafen müssen. Ich gewinne beim Streichholzziehen ebenso wie später beim Würfeln mit den Einheimischen, doch sorgte auch bei denen Bedrücktheit verbunden mit schalem Bier zu einer gedrückten Stimmung. Als ich merke, dass sie nicht sprechen wollen, gehe ich schlafen.
    Ich träume von Dämonen. Diesmal umzingeln sie mich, ehe mich ein drachenähnliches Geschöpf mit seinen Krallen packt, mit dich in die Höhe reißt und dann abstürzen lässt. Ich erwache schreiend und merke, dass ich aus dem Bett fiel. Ich vertreibe mit dem Tanz der Mada die Erinnerungen, ehe ich mich erneut hinlege und tatsächlich wieder schlafen kann.

    Ich erwachte recht spät, als draußen schon eine hektische Betriebsamkeit herrschte. Schnell ging ich noch beim Krämer vorbei, um mich mit Proviant für die nächsten Tage einzudecken, dann half ich der Gruppe dabei, ihre Sachen wieder auf den Maultieren zu verstauen. Es war nicht viel zu tun und trotzdem spürte ich die ganze Zeit über Daryions Blick auf mir; nicht unangenehm, doch mir auch nicht angenehm, da sich unser Anführer am gestrigen Tag als schweigsam und fast zu vorsichtig erwies. Ich beschließe also, an seiner Schale zu bohren und pfeife betont offen ein Lied aus meiner Heimat, die ja angeblich auch seine sein soll: Viva Cuslicuma. Er sieht mich weiter nur an, doch es scheint ihm zu gefallen.
    Der Aufbruch naht und wir schreiten weiter durch das Land. Nun nutzt er seine Chance. „Freya… nicht wahr?“, fragt er zögerlich. „Ja.“ – „Wo ist er denn her?“ – „Ist mein Magiername. Eigentlich heiße ich Firlina, Firlina Galahan.“ Na los, denke ich mir, beziehe Stellung. Du hast eine Dame der einstigen Herrscherfamilie vor dir, die genauso wie viele andere aus der Stadt gejagt wurde. Er stockt. „Was ist dir lieber?“ Ich seufze demonstrativ auf. „Freya.“
    Landschaft vergeht. „Hast du gut geschlafen, Freya?“ – „Das Bett war weich, nur der Boden hart.“ Er sieht mich fassungslos an und weiß offensichtlich nicht, was ich meine. „Ich hatte Alpträume“, sage ich dann, „Mich wollten mal wieder Dämonen zerreißen.“ – „Echt?“ – „Ja. Erklärt meine Augenringe, oder?“ – „Dann meinst du, unsere Reise steht unter einem schlechten Stern?“ – „Nein, ich habe solche Alpträume, seit ich meine Heimat verlassen musste.“ Das ist gelogen, soll ihm aber eine Reaktion entlocken… vergeblich. „Interessant. Da solltest du dich mal an einen Gelehrten wenden.“
    Ich sage nichts, er sagt nichts, es folgen sehr ruhige vier Tage.

    Wir erreichen einige Höhe, als Daryion seine Gruppe stoppt. „Kommt mal zusammen“, beginnt er, „und hört mal alle her. Wir befinden uns auf der Suche nach dem Erz Kambrionit, welches dummerweise nicht einfach so rumliegt, doch hier kommen wir zum guten Teil: Es gibt Zwerge hier, die es abbauen. Die Eingänge zu den Stollen müssen sich irgendwo hier in der Gegend befinden, also werden wir uns jetzt in drei Gruppen aufteilen und ausschwärmen. Alles klar?“ Wenig später finde ich mich mit zwei Frauen und einem Mann in einer Mannschaft wieder und halten uns westlich, ehe wir von einem wütenden Bauer davongejagt werden und es lieber östlich versuchen, wo wir auf einen Monolithen stoßen, der mitten in einem Wald steht und aus diesem leicht hervorragt. Das ist doch immerhin etwas, wenn auch kein Stollen. Ich nähere mich ihm, während meine Gruppe aus einem mir unbekannten Grund Abstand hält, und möchte mir die Inschrift darauf ansehen, als plötzlich ein Pfeifen ertönt. Einer meiner Kameraden fällt zu Boden, von einem Pfeil getroffen, doch da bleibt mir schon keine Zeit mehr, zu denken, denn Skelette stürmen auf uns zu. Die Panik überkommt mich und ich greife zu meinem mächtigsten, doch nur selten gebrauchten Zauber: Ignisphaero. Beide Hände wie eine Schale geöffnet vor sich halten, Formel sprechen, dann rein. Die Kugel explodiert, von mir gelenkt, in deren Mitte und erwischt sie alle, doch ich bin zu schwach. Wie unberührt, wenn auch schwer verbrannt, schreiten die Monster aus der Feuersbrunst und greifen uns an. Mir bleibt nichts anderes übrig, ich werfe mich in den Kampf.

    Was passiert, kann ich nicht sagen, doch ich sehe meine Gruppe sterben. Am Ende beuge ich mich über das letzte Mitglied, flöße ihr einen Heiltrank ein und bete zu allen Göttern, dass es zumindest für sie nicht noch ein schlimmes Ende nimmt. Als ich merke, dass es gut ausgeht, bin ich überglücklich und sie ist es auch. Wir begraben unsere Gefährten, während sie sich ein Breitschwert schnappt, ehe wir dann zu dem Ort der Trennung zurückgehen… doch wir waren nicht als einzige Gruppe in Gefahr. Die Panik, nun könnte alles vorbei sein, reißt mich mit und es ist nur dem guten Zureden meiner Gefährtin zu verdanken, die ebenso wenig wie ich inmitten eines Kadaverheeres stranden möchte, dass wir uns schließlich wieder dem Kampfort nähern und feststellen, dass Daryion noch leben muss. Damit haben wir ein Ziel, denn auch wenn unser Führer seine Macken haben mag, gebe ich ihn nicht auf. Das kann ich nicht tun. So folgen wir einen Pfad Richtung Osten, der in einem Tor zu einem alten Grab endet. Langsam nähere ich mich dem Dunkel, während mir meine Gefährtin Rückendeckung verschafft, bis ich ihn sehe, wie er am Boden liegt. Ich zucke bei dem Anblick zurück, trete dabei auf einen Ast und lasse ihn durch das Geräusch hochschrecken: Daryion schlief nur. Das macht mich wütend. „Das glaube ich jetzt nicht. Das kann ich jetzt einfach…“ – „Freya! Ähhm… Gefährtin! Ein Glück.“ – „Ja, verdammt. Wir wurden von Skeletten angegriffen, die aus dem Nichts erschienen. Sie haben unsere Gruppe den Schritt zu Boron machen lassen, der ihnen verwehrt ist.“ – „Mich griffen sie auch an.“ – „Und?“ – „Wir zogen uns hierhin zurück. Außer mir schaffte es niemand.“ – „Aha.“ – „Es tut mir leid, Freya. Ich beschloss, erst einmal hier zu warten, bis der Sturm vorbeizog, doch dabei muss ich wohl eingenickt sein.“ – „Ja, vermutlich.“ – „Raste hier mit mir, Freya. Hier sind wir sicher. Und auch wenn es wie Hohn wirkt, so habe ich doch eine gute Nachricht. Das hier suchen wir.“ Er hält mir einen blattgrünen Stein vor die Nase. Ich stehe kurz davor, ihn zu erschlagen.
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    Nahendes Ende
    Ich stehe plötzlich wieder vor dem Magier und seine Dämonenhorden. Sie umkreisen mich, während er flucht, doch er kann mich heute nicht angreifen.
    Am Morgen stehen wir vor einer schweren Entscheidung: Zu dreizehnt brachen wir in Brig-Lo auf (ich weiß nicht, wie viele es in Kuslik waren), nun sind wir noch zu dritt. Daryion spricht davon, dass er mit einem Steinchen Erz noch nichts anfangen kann und möchte weitersuchen, während ich zu meiner Schande die gegenteilige Position vertrete: Von dreizehn starben wahrscheinlich zehn, also können die letzten drei genauso schnell fallen. Es ist die Gefährtin, die Immrade heißt, der schließlich die Entscheidung bleibt, und sie trifft sie. Mit ruhiger Stimme spricht sie vom Opfer unserer Gefährten für diese Sache, welches wir würdigen müssten, indem wir durchsetzen wofür sie starben. Das genügt. Zusammen ziehen wir weiter.
    Wir schreiten voran und umrunden den Berg, ehe wir noch einmal vor dem Monolithen stehen. Da es mir seinerzeit wichtiger war, Überlebende zu retten, kann ich Daryion nicht helfen, der vor die Inschrift tritt, und während ich noch sichergehe, dass alles um uns herum ruhig bleibt, rumpelt es mit einem Mal und vor dem Obelisken verschiebt sich eine Steinplatte und gibt eine Öffnung frei. Dariyon springt voran und ruft laut: „Komm“, weswegen ich mein mulmiges Gefühl besiege und es mit einem schmerzenden Hintern büße. Die Kammer selbst, in der wir landen, ist es aber mehr als wert, denn im flackernden Licht funkelt der Schmuck und das Gold aus den offenen Kisten nur noch verführerischer. Ich bemerke auch einen Altar, auf dem ein Schwert liegt, doch erscheint dies nebensächlich, weil eine Stimme spricht. „Ah, ihr habt meine Schatzkammer gefunden. Ich schenke sie euch, weil ihr meinen Geist befreit habt. Dafür danke ich euch.“ Was immer hier auch drin wartete, verschwindet durch das offene Loch, und während ich noch mit der Gänsehaut kämpfe, meinen Hintern vom gröbsten Dreck zu reinigen suche und versuche, die Lage zu verstehen, ging Daryion schon einen Schritt weiter. „Zu schade, dass dich mein Meister nicht umgebracht hatte.“, ruft er mir ins Gesicht, was ich erst gar nicht glauben kann, „Das muss ich jetzt erledigen. Was denkst du, wer die Räuberbande und die Untoten auf dich gehetzt hat? Das war ich. Jetzt muss ich dich vernichten.“ Er greift nach der Klinge und schlägt zu.
    Nur ein Schritt zurück rettet mir das Leben, doch was immer den Führer überfiel, scheint mir nicht von dieser Welt; in seinem Blick liegt nur noch Irrsinn. Ich sehe keine andere Wahl: Rechte Hand auf linke Schulter, dann schnell mit Zeige- und Mittelfinger auf das Ziel deuten, Ignifaxius. Ein Flammenstrahl fährt aus meiner Hand und trifft ihn mitten auf die Brust, doch auch wenn Stoff schmilzt und ein dunkler Fleck zurückbleibt, so lässt er sich nicht beirren und schlägt zu. Wie viel Kraft bleibt mir noch? Mein Zauberstab wehrt kräftige Hiebe ab, wobei ich wieder einmal froh bin, dass er nicht splittert. Nächster Angriff, sonst geht es nicht. Gleiche Finger, nächster Spruch: Blitz dich find. Er taumelt zurück und spürt meinen Stab, doch der Zauber wirkte nicht gut und lässt ihn schon bald wieder frei, wodurch die Blendung verschwindet. Meine Kraft geht zur Neige. Schmerzhaft wird mir ein Kampf gegen ein Banditenhauptmann bewusst, als seine wütenden Schläge auf mich einprasseln und ich immer mehr um meinen hoffentlich unzerbrechlichen Stab bange, doch dann hält er mit einem Mal inne und taumelt. Ja, es gab diesen Kampf, erinnere ich mich, als Daryion zu Boden geht, doch es gibt noch einen Unterschied: Diesmal bin ich nicht allein. Immrade erschien hinter dem Schurken und stieß ihm ihr Schwert in den Rücken, ohne von ihm beachtet zu werden. Der fremde Mann ging ausschließlich auf mich los.

    Wir verlassen die Höhle mit Gold im Gepäck und wieder verbringen wir den Weg schweigend. Immrade sagte mir noch, sie habe letzte Worte gehört die lauteten: „Bitte verrate mein Versagen nicht meinem Meister“, doch keiner von uns kann das verstehen. An meinem Gürtel baumelt ein Schwert, während in ihren Taschen ein Großteil des magischen Metalls wartet, bei dem ich nicht weiß, was ich mit anfangen soll. Am Ende verabschiede ich mich von ihr und bitte sie, Kuslik schön von mir zu grüßen; ein schweigsames Lebewohl, da wir merken, dass wir einander wenig zu sagen haben, doch trotzdem winke ich der stillen Trägerin nach, die mir mit ihrem Schwert das Leben rettete. Ich behalte ein Amulett, welches mich an sie erinnern soll und welches sie nicht zurückhaben wollte, und verstehe erst einmal nicht.
    Keep your eyes on me, now we're on the edge of hell.

  13. #868
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    Nachbesprechung:

    Ich habe, wie erwähnt, dieses Abenteuer vorher nicht gelesen, um mir die Spannung nicht zu nehmen, merke aber jetzt, dass es wohl nicht die beste Idee war; gleicht man Copyrightzahl mit Geburtsjahr des Autors aus der Mailadresse ab, stellt sich nämlich heraus, dass es sich hierbei um das Werk eines Fünfzehnjährigen handelt. Nun gut.
    Ekelhaft war zum einen, dass mir eine Menge Beschreibung fehlte (was man bei meiner Darstellung von Daryion merkte, bei dem ich ja bis zum Ende nicht wusste, ob es sich dabei um einen Lieblings-NSC des Spielleiters oder um einen Schurken handelte) und ich nicht wusste, welche Lücken ich selbst füllen konnte, zum anderen kommt die Kraftstufe hinzu. Das heißt, wir sprechen über das Schwert.
    Drachenschlachter, eine grünlich glänzende Klinge vermutlich aus Kambrionit, diesem selbst erfundenen magischen Metall: 2W+3 TP, 15/2 KK-Zuschlag, Ini 0, WM 0/-1, BF -2, DK N.
    Mehr weiß ich nicht. Nimmt man die drei Angaben, die sehr sicher nicht verändert wurden (Ini, der recht geringe WM, DK), dann kann man von einem Breitschwert ausgehen. Das besitzt eigentlich 1W+4 und KK 12/3.
    Was geht im offiziellen Aventurien? Wenn ich mir vor Augen halte, dass es wir es hier mit Zwergen zu tun haben, wozu auch der Name passt, dann rechne ich einfach mal mit einer nach der nur in Mythen bekannten zwergischen Technik des Zwergenspans und in Zwergenstahl gefertigte, mit einem zusätzlichen Trefferpunkt ausgestattete Kinge: 1W+7. Das kommt vom Erwartungswert ungefähr hin und erspart es mir, nach den in der Spielwelt noch irrsinnigeren magischen Materialien zu schielen.
    Ich schrieb zuerst davon, dass Freya diese Klinge zurücklässt, doch das kann ich eigentlich nicht begründen, weswegen ich es änderte, und möchte es nicht. Dieses Schwert ist Teil einer Belohnung und ich möchte es haben; nur weil Freya damit nicht umgehen kann und eigentlich auch nicht darf, lasse ich es nicht im Dunkel verschwinden.

    Das Amulett besitzt nur einen Verkaufswert, Freya behält es jedoch. Bleiben nur noch 15 Dukaten aus den Hinterlassenschaften des Bösewichts, diese gehen aber als Ausgleich an Immrade – immerhin hat die noch einen Heimweg vor sich.

    Reden wir nun über 275 Abenteuerpunkte, welches der maximalen Ausbeute entspricht – multipliziert wird da leider gar nichts, da die Edition passt. Ich erhöhe den Wert in Schleichen um 1, kaufe ihr zwei Punkte Ritualkenntnis hinzu (nach all den Erfahrungen sind die verdient) und erhöhe ihre Astralkraft noch um 1. Es gab leider wenige groß angewendete Fähigkeiten.
    Trotzdem: Freya erreicht damit Stufe 5.
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  14. #869
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    Nach einer Pause…

    Machen wir weiter und wiederholen wir alte Fehler: Auch in dieses Abenteuer werde ich nur soweit einlesen, um zu wissen, wie ich zum Plot komme. Alles andere geschieht blind.
    Keep your eyes on me, now we're on the edge of hell.

  15. #870
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    Freya in Der Rattenfänger

    Bild

    „Lieber Rufus.
    Ich hoffe, es geht dir gut, dort oben im Eis. Ich hätte es nie gedacht, doch ich bleibe in Brig-Lo kleben und werde die Stadt bis Ende des Jahres nicht mehr verlassen. Wenn ich daran denke, wie lange das noch ist und wie viel Zeit ich schon hier verbrachte, kann ich es selbst nicht glauben. Es geht um Magie und Abenteuer.
    Ich habe ein Geschenk für dich, welches ich dir jedoch noch nicht überreiche: Ein Schwert aus Zwergenstahl, geborgen aus der Gruft des Zwergenfürsten Rangadean. Ich sandte es dir nach Grangor, um nicht die Passage über die Schwarzen Lande zu wagen, und hoffe, es mit dir im Winter gemeinsam zu entdecken. Für deine Mutter schrieb ich, damit du glücklich bist, etwas von einer Donatio aus Andergast.
    Ich kann die Sonnwende kaum erwarten und auch den Winter nicht. Ich denke an dich.
    F.“

    Ich kehre zurück. Mein Arm sinkt, als sich Immrade endgültig in einen kleinen Punkt verwandelte, und ich merke, dass ich allein auf einem dämmernden und sich leerenden Marktplatz stehe. Es wird kühl, also wird es Zeit, mein Versprechen zu halten und mich mit Lilim zu treffen, wobei ich ja meinen Zustand als angenehm empfinde: Mir schmerzen die Beine von der langen Reise und mein Hinterteil könnte sich mit einem blauen Fleck veredelt haben, doch ansonsten bin ich unverletzt, zwar nicht gepflegt, aber auch nicht so widerlich, wie ich manchmal von den Feldeinsätzen auf der Akademie wiederkehrte, und meine beim letzten Kampf verbrachte Kraft kehrt auch langsam zurück. Kurzum: Einigermaßen frohen Mutes trete ich den Weg zu Marcims Haus durch das dunkle Dörfchen an. Ich bin lange genug hier, langsam kenne ich mich aus.
    Ich möchte klopfen, doch da öffnet Lilim mir schon die Tür. „Hallo, Lilim.“ – „Hallo, Freya, ich habe dich aus der Ferne schon gesehen. Gehen wir eine Runde?“ Ich nicke. Warum nicht? „Du warst lange weg. Wie war die Reise?“ – „Furchtbar. Der Anführer der Gruppe wollte mich umbringen.“ – „Wirklich? Warum?“ – „Ich weiß es nicht. Glaube mir, ich wäre froh…“ Die Stadt wurde langsam dunkel, während wir durch die einfachen Häuser einer Stadt gehen, die trotz der Tatsache, dass jedes Kind ihren Namen kennt, nicht einmal vierhundert Seelen fasst. Das Mädchen packt mich am Handgelenk und ich lasse mich mit ihr ziehen. Etwas bedrückt sie, doch ich möchte sie das Wort ergreifen lassen, ihre Aufgewühltheit zeigt sich in ihrem Griff. Sie steuert auf den Tempel Borons, des Totengottes, den einzigen Tempel der Stadt, zu. Sprich, Mädchen, sprich mit mir.
    Ganz unvermittelt hält sie an. „Ich schulde dir noch eine Geschichte, was?“ Ich nicke. Ihre Stimme ist so kalt, ihr Blick so stechend. „Weißt du, ich bin keine gebürtige Brin-Loerin, vielmehr stammt meine Familie aus Albernia.“ Ich weiß, ich kenne den Akzent, doch sprich nur weiter. „Als wir damals hierher kamen, fiel es uns nicht leicht, hier Fuß zu fassen, da die Einheimischen hier weder Fremde noch Magier mögen, doch dank meines Vaters konnten wir einen anderen Weg gehen: Es gibt eine recht große Elfengemeinde hier, wusstest du das?“ Ich schüttele den Kopf. Ich bin kein Elfentyp, also habe ich nicht darauf geachtet. „Ich war zehn, als wir hier ankamen, und schon bald fand ich eine beste Freundin, Milailee, eine Halbelfe. Wir waren eine Zeitlang unzertrennlich und richtig wild. Sie verliebte sich schließlich und alles ging zu Bruch.“ Kommt hier Alrik ins Spiel? „Alrik hieß ihr Freund, Alrik Losbringer. Sie verbrachten Zeit miteinander, vereinten sich, kamen sich bei Rauschkraut nahe. Ich lernte Alrik damals kennen. Er war… auf eine charmante Art verrückt, verstehst du?“ Ich nickte, während sie mit der Fassung rang. „Sie verbrachten immer mehr Zeit miteinander und immer weniger mit mir, also weiß ich nicht genau, was da schief lief, aber ich konnte es damals schon ahnen. Sie hatte Affären, von Alrik abgesegnet, und manchmal nahm sie neben ihm noch einen zweiten Mann ins Bett. Ich traf sie einmal mitten in der Nacht, betrunken, da erzählte sie mir alles und lachte mich aus, weil ich so was nie haben könnte, weil ich keine Elfe sei und nicht entscheiden konnte, ob ich Kinder haben wolle. Am Ende brach sie mir auf die Jacke und… ich konnte nicht mehr. In dieser Nacht sprach ich zum letzten Mal mit ihr.“ Ich berühre sie, wo ihr die Tränen kommen, und gemeinsam lehnen wir uns gegen die Friedhofsmauer. „Irgendwann schämte ich mich und beschloss, nach ihr zu sehen. In den Nächten fand ich sie manchmal in den Kneipen, in den Herbergen, wie sie sich verkaufte. Ich lugte durch Türen oder Fenster, wagte mich aber nicht heran. Es war…“ Weine nicht, Mädchen, ich bitte dich… oder doch, weine. Ich kann es verstehen. „Da sah ich dich übrigens zum ersten Mal. Du warst so auffallend, so schön, so fremd, da fragte ich mich, wer du wohl warst. Ich tat es nicht lange, denn kurz darauf wurde Milailee aus dem Yaquir gezogen.“ Ich nehme sie in den Arm, während sie meine Schulter nässt. „Ach, Lilim“, sage ich, „Ich hatte doch keine Ahnung.“ – „Es ist… ja nicht deine Schuld. Du konntest es nicht wissen.“
    Wir stehen eine ganze Weile so, während sich Lilim beruhigt. „Gehe jetzt lieber nach Hause, ehe sich dein Vater Sorgen macht.“, sage ich ihr und bringe sie wenigstens etwas zum Lächeln. „Der kennt das doch schon. Wollen wir noch etwas zusammen unternehmen?“ – „Heute nicht.“ Ich höre auf meine schmerzenden Beine und auf das Gewicht an meinem Gürtel, das nach einem Brief an Rufus schreit. „Morgen Abend?“ – „Gut, dann feiern wir deine erfolgreiche Rückkehr.“ Sie birst fast vor Energie. Sie muss sich wirklich schnell erholen. „Und was soll ich… mit ihm machen?“ Ich wage es nicht, den Namen auszusprechen. „Ich weiß nicht. Das musst du wissen. Gute Nacht, Freya.“

    Ich brach durch den strömenden Regen hinein in ein dunkles Gemäuer. Da ist Rufus und er schreitet gelangweilt auf und ab, ein Buch in der Hand führend. Ich gehe schnell auf ihn zu, während ein Mann an ihn herantritt und etwas sagt, dass ich nicht verstehe. Ich höre nur Rufus antworten: „Ich weiß. Du warst auch schon bei diesem Zwerg, und sicherlich wird dein nächstes Ziel diese Magierin sein. Ich ahne auch schon, was du mir anzubieten hast… deshalb beantworte mir nur eine Frage: Warum?“

    Ich schrecke hoch. Die Träume, in denen es um Dämonen geht, sind fast die angenehmsten. Heute muss ich eine Freundschaft kündigen. Ich stehe auf und tanze für Mada, wobei ich meinen Blitz nun mit einem Angriff mit meinem Stab verbinde. Danach kann ich wieder schlafen.

    Aufregung jenseits der Fenster weckt mich. Ich stehe auf, öffne die Läden und erkenne ein Getöse im Ort. Was mag da wohl passiert sein? Ich ziehe mich schnell um und trete auf die Straße, wobei mich Rauch am Himmel schon in eine Richtung weist. Es hat gebrannt, doch das Feuer scheint schon unter Kontrolle zu sein. Die Menge strömt heran, einige, um zu helfen, andere, um zu glotzen, und ich weiß noch nicht, ob ich es in die erste Klasse schaffen werde. Die Richtung kenne ich. Aus Vermutung wird Gewissheit. Der Rote Hang ist nun ein Schwarzer Hang. Inmitten der Menge halte ich Ausschau nach Leben innerhalb des Gebäudes, doch da rührt sich nicht. Ich mache mir Sorgen. Die Wirtin? Alrik?
    „Aves zum Gruße, Freya. Hast du dieses Haus abgebrannt?“ Die Stimme klang nah bei meinem Ohr und ich fahre zusammen. „Alrik? Nein.“ – „Dann war es wohl meine Schwarzbrennerei im Keller. Blöde Sache.“ Der Ganove lacht, als würde es ihn nicht kümmern. „Wie geht es dir? Wie war die Reise?“ Ich drehte mich in der Menschentraube zu ihm um, doch ich kann mich nicht weiter bewegen. „Hier sind zwei Gold. Mehr war nicht drin, denn dein ‚Freund’ wollte mich umbringen.“ – „Ach, deshalb hat er direkt nach dir gefragt und soviel für den Kontakt bezahlt. Wie dem auch sei, das Wichtigste ist, dass es dir gut geht. Hast du ihn umgebracht?“ Die Frage, so direkt gestellt, beschämt mich. „Nein“, antworte ich verlegen, um nicht deutlich sagen zu müssen: Es war meine Gefährtin, aber ich war bereit, zur Mörderin zu werden… doch bei den Zwölfen, was hatte ich für eine Wahl? „Dann war er es wohl. Danke für die Warnung, ich gebe meinen Männern Bescheid.“ Langsam löse ich mich aus der Traube, die sich ihrerseits löst, und wir verlassen den verwüsteten Ort. „Hast du schon etwas gegessen?“ Warum muss er so verdammt freundlich sein? „Nein.“ – „Dann komm. Die Ruinen können warten.“ Ich trotte ihm lustlos nach. „Du scheinst mir nicht sehr traurig zu sein.“ – „Es ist doch immer so im Leben: Phex gibt, Phex nimmt. Ich werde es überleben.“ – „Du, Alrik… Nein.“ – „Was?“
    Bringen wir es zu Ende. „Ich finde nicht, dass wir etwas essen gehen sollten. Ich muss dir nämlich etwas sagen: Ich möchte, dass du mich in Ruhe lässt.“ Ich stehe, er steht. In seinem Blick liegt nur Verwunderung. „Bitte höre auf, mich zu besuchen. Wir hatten eine schöne Zeit, doch…“ – „Schade.“ – „Was?“ – „Wir hatten wirklich eine schöne Zeit, aber ich kann dich verstehen. Ich hatte schon lange die Hoffnung aufgegeben, dich für mich zu gewinnen, doch es war schön, jemanden zu haben, den man nicht zutexten musste.“ – „Alrik…“ Er wendet sich von mir ab, doch überlässt er mir noch ein Wort: „Es tut mir leid. Ich hätte ihn besser durchleuchten sollen.“ - „Es geht nicht um Daryion. Es geht um Milailee.“ Er schenkt mir noch einen Blick und strahlt mich mit seinem Lächeln an. „Wer ist das?“, wirft er mir nach, als er ohne mich das Gasthaus betritt und mich auf der Straße zurücklässt. Ich fühle mich mies.

    Ich gehe weiter, doch ich habe kein Ziel. Ich will nicht in mein Zimmer zurück, ich möchte lieber verschwinden, doch dann würde ein ganzer Plan in sich zusammenfallen wie ein Kartenhaus. Ich gehe zum Kräuterhändler, doch Marcin ist, wie mir die Frau verrät, heute nicht da. Ich gehe den Schritt nicht weiter, ihn zu Hause zu besuchen, denn ich fürchte mich vor einer Begegnung. Ich schlendere durch Gassen.
    Heute ist Markt, eine kleine Anhäufung aus Ständen und Wägen, die mich sicher für einen Augenblick beschäftigt halten werden, und obgleich es ein Bauernmarkt ist, der sich um die Bedürfnisse einer Kleinststadt sorgt, denke ich doch an mein schwindendes Reisegepäck und sehe mich um. Ich brauche ein paar neue Fackeln, denke ich mir, wende mich dann aber den Dingen zu, die man als Magierin nur tun darf, wenn niemand hinsieht; ich sehe mir Kleider an, fühle Stoffe und liebäugele mit einem Paar leichter Handschuhe, mit denen sich sicher schön dieses Magiersiegel verbergen ließe. Ich finde jedoch nichts, sondern werde gefunden. „Freya?“
    Meister Marcim ruft durch das Gedränge. Ich lasse ab von meinen Träumen und wende mich ihm zu. „Ja?“ – „Du hast wirklich irrsinniges Glück, das weißt du gar nicht. Wärst du nicht so dumm, würde ich dich für brillant halten.“ – „Ja? Warte mal, ich komme eben…“ Ich wühle mich durch die Menge, denn was Magier sprechen, gehört besser in wenige Ohren. „Ja, Meister?“ Er starrt mich lange an und ich komme mir ertappt vor. Eigentlich, lieber Meister, wollte ich ja nur nach ein paar passenden Schuhen zu meinem Konventsgewand suchen, ganz sicher. „Ich habe die Karten gewälzt und ein paar Zahlen verschoben… und ja, ich habe deshalb die ganze Nacht kein Auge zugetan…“ Das tut mir leid. „… und ich muss sagen, es passt wirklich perfekt. Du hast den Held bei der Stute und den Hund ebenso – der steht für Treue, Unterstützung –, dazu den Kaiserstern, während die Hörner und der Drache weit entfernt liegen. Du musst nur mit Uthar leben, der Tod und Ende verheißt, nur das sollte bei dir nicht wirklich stören.“ Was soll ich da sagen? „Danke für Ihre Mühen, Meister.“ – „Ja, ja, nur das ist noch nicht alles. Ich werde dir ein paar Übungen zusammensuchen, um dich darauf einzustimmen, und ich brauche dich von Morgen an alle zwei Tage gegen Abend bei mir. Vor uns liegt viel Arbeit, besonders vor dir, also gehen wir es besser an.“ – „Ja, Meister. Natürlich, Meister.“ – „Und, Freya: Das wird nicht billig für dich und ganz sicher nicht einfach. Ich hoffe, das weißt du.“ Ich nicke nur, worauf sich Marcim von mir abwendet und im Getümmel verschwindet. Wieder bin ich allein.

    Was soll ich nur tun? Hinter mir bauen die ersten Stände bereits ab und in all der Hektik träumt es sich schlecht davon, eine böse Magierin zu sein, zumal das Paar Handschuhe nun auch vergriffen wurde. Was bleibt mir? Ich sehe dem Treiben zu. Etwas zerrt an mir und ich schwenke meinen Zauberstab, um dem vermuteten Dieb einen ordentlichen Stoß in die Magengegend zu verschaffen, doch ich treffe nur Luft. Ich wende mich um und sehe gerade noch eine Ratte, die es sich in meinem Geldbeutel gemütlich machen wollte, ehe sie sich in eines meiner Dukatenstücke verbeißt und wegläuft. Verdammtes Ding. Ich renne hinterher, hinein in eine dunkle Gasse, immer dem Tierchen nach. Habe ich einen passenden Zauber? Verdammt, nur solche, die mich zwingen würden, anzuhalten, und das kann mir auch jede Chance kosten. Sie bleibt stehen, legt ihre Beute ab und wendet sich zu mir um. Was ist los, Nager? Ich habe keine Angst vor dir. Sei brav und gib mir mein Geld zurück oder ich brate dir mit einem Fulmi dein kleines Rattenhirn. Lass mich nur erstmal verschnaufen. Moment, was…
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