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Thema: Eine civilisierte Geschichte Deutschlands

  1. #121
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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

  2. #122
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    Friedrich I. nutzte die folgende Ruhephase, um verschiedene kleinere Unruheherde im Reich zu beseitigen und inszenierte für den 20. Mai 812 den glanzvollsten Hoftag seiner Regierungszeit in Mainz. Da die Menschen in Massen herbeiströmten, die nicht nur aus dem Reich, sondern aus vielen Ländern kamen, wurde auf der Rheinebene eine hölzerne Feststadt errichtet. Gaukler und Spielleute begeisterten das Publikum, es wurde reichlich aufgetischt. Alle Gerichte wurden stark gewürzt, vor allem mit Pfeffer, Kümmel und Safran – was nicht des Wohlgeschmacks wegen geschah, sondern um dem Fleisch anhaftenden Hautgout zu überdecken. So etwas machte Durst. Wer ihn mit Wasser löschte, den hielt man für bäuerisch, Bier war schon besser, am besten war aber Wein, von dem der aus dem Rheingau und der Mosel am liebsten getrunken wurde. Von solcher Qualität waren nicht alle, und Friedrich I. soll beim Zechen gesagt haben: „Lieber noch einmal Utrecht erobern“. Die minderen Leute veredelten ihre Weine deshalb mit Honig, Nelken, Rosen oder Salbei, was einen beträchtlichen Kater zur Folge gehabt haben musste.

    Vor dem Mahl wusch man sich die Hände in kleinen Becken, wobei der Ritter Ulrich von Lichtenstein vor lauter Liebesglut das Waschwasser seiner Dame austrank. Man aß mit den Händen, die Suppe wurde gelöffelt, Gabeln wurden als „venezianischer Luxus“ abgelehnt. Als Teller dienten flache große Brotlaibe, die man anschließend den Hunden gab oder dem Personal. Dass es beim Mahle nicht immer sehr gesittet zuging, zeigen uns die damaligen Tischregeln. Danach galt es als unfein: das Tischtuch als Taschentuch zu benutzen, mit dem Messer in den Zähnen zu stochern, mit schmutzigen Fingern in die Schüsseln zu greifen, die abgenagten Knochen zu weit fortzuwerfen, Blähungen nicht mit einem diskreten Hüsteln zu übertönen, sich zu jucken. Letzteres war schwierig, weil selbst vornehme Leute unter Ungeziefer zu leiden hatten. Was die kaiserliche Küche in Mainz den illustren Gästen bot, dürfte den Gourmand mehr als den Gourmet erfreut haben. Der Speisezettel wies so viele Gänge auf, dass man nur beim Studium bereits einen Magenbitter braucht. Am Pfingstsonntag trug Graf Balduin von Hennegau das Schwert vor dem Kaiserpaar in feierlicher Prozession in den Mainzer Dom, dessen Erzbischof nun Konrad von Wittelsbach war. Den Höhepunkt bildete die Schwertleite der beiden Söhne Heinrich und Friedrich am Pfingstmontag 812.


    Friedrich I. Barbarossa mit seinen Söhnen Heinrich und Friedrich

    Nach dem Mainzer Fest nahm der Kaiser diplomatische Verhandlungen über ein Ehebündnis mit den Normannen auf, die schließlich am 29. Oktober 812 zur Verlobung von Konstanze, der Tante des skandinavischen Königs, und Barbarossas Sohn Heinrich in Augsburg führten. Parallel dazu liefen die Verhandlungen mit England, die immerhin eine Ehevereinbarung zwischen Richard Löwenherz und einer Tochter des Kaisers einbrachten. Über Amsterdam zog Friedrich I. nun in der Rolle des friedensstiftenden Kaisers nach York, um dort mit Papst Lucius zusammenzutreffen. Zwischen ihnen sollten die Herrschaftsansprüche geklärt werden. Zudem ging es um die von Friedrich gewünschte Erhebung seines Sohnes Heinrich zum Mitkaiser. Die Verhandlungen ab Oktober 812 verliefen zunächst erfolgreich, hinsichtlich der Bekämpfung der zunehmenden Ketzerei erzielten sie Übereinstimmung. In den entscheidenden Fragen gab es dagegen eine Verhärtung. Nach dem Scheitern der Verhandlungen neigte sich Friedrich I. mehr den Städten zu, die ihm für die Gewährung von königlichen Hoheitsrechten Unterstützung gegen päpstliche Ansprüche versprachen.

    Das Jahr 812 endete für den Kaiser traurig. Im Oktober verstarb seine Tochter Agnes, die mit dem Sohn des ungarischen Königs verlobt war, am 15. November die Kaiserin Beatrix und im Dezember seine mit Richard Löwenherz verlobte Tochter. Auf diese Weise verlor er seine Familienmitglieder und gleichzeitig Trumpfkarten im politischen Spiel. Während der Hochzeitsfeierlichkeiten von Friedrichs Sohn Heinrich mit Konstanze im Januar 813 starb in York zugleich Papst Lucius. Der neue Papst Urban (813-815) war ein erklärter Gegner, von ihm war nichts Gutes zu erwarten.

    Friedrich I. verschaffte sich im Reich die Rückendeckung der Fürsten gegen den Papst und konnte im Mai 815 Anklage gegen den Kölner Erzbischof erheben, dessen Anhänger einen Reinigungseid ablegen mussten, dass sie nicht gegen den Kaiser verschworen waren. Nach der Auseinandersetzung mit Köln nahm Friedrich I. den Krieg gegen Frankreich wieder in Angriff. Der Tag des heiligen Georg, Schutzheiliger der Ritter, wurde mit dem 23. April 817 als Abmarschtag von der Gegend um Regensburg aus festgelegt. Zuvor regelte Friedrich I. seine Nachfolge, Heinrich wurde dazu auserkoren, der jüngere Konrad wurde zum Herzog von Rothenburg ernannt.

    Während des Aufmarsches des deutschen Heeres gegen die Franzosen, die weiterhin in Schwaben standen, ereilte Friedrich I. mit dem 10. Juni 817 der Schicksalstag. An diesem heißen Sommertag fand der erhitzte 70jährige Kaiser im eiskalten Wasser des Flusses Neckar den Tod. Friedrich Barbarossa, der ritterliche Held, hatte ein höchst unrühmliches Ende gefunden: er ertrank beim Baden. „Hier versagt unsere Feder“, klagte ein Kölner Chronist. Unter Führung von Herzog Friedrich von Schwaben schlug das Heer die Franzosen zwar zurück, dabei fiel der Herzog aber im Kampf. Das deutsche Heer setzte den geschlagenen Franzosen nicht nach und löste sich nach dem Tod der beiden großen Heerführer auf.

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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

  3. #123
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    HEINRICH VI. (817 BIS 822)



    Heinrich war der zweite Sohn von Friedrich Barbarossa, der ihn 796 im Alter von vier Jahren zum König krönen ließ. Der junge König war bereits zur Amtszeit seines Vaters mit politischen Aufgaben in Holland betraut worden. Vom Vater hatte er weder die Statur noch die Frohnatur, und dessen Tugenden waren bei ihm zu Untugenden erstarrt. Gerechtigkeitssinn wurde zur Pedanterie, Humor zum Zynismus, Leidenschaft zur Maßlosigkeit, politisches Kalkül zur absoluten Gewissenlosigkeit. Konnte Barbarossa grausam sein, war er sadistisch. Er war unhöflich, verdrossen, unzugänglich – von niemandem geliebt, doch von allen gefürchtet. Seine unmännliche, blasse Figur und seine Unfähigkeit im Umgang mit der Waffe standen im Gegensatz zu seinem Ehrgeiz und seines beherrschenden Verstandes. Das alles umgab ihn mit der Aura des Unmenschlichen.

    Während der Kriegsvorbereitungen Friedrichs I. gegen Frankreich, für die er sich in Bayern aufhielt, wurde Heinrich relativ schnell vor eine schwierige Aufgabe gestellt. Denn Heinrich der Löwe kehrte entgegen seinen Versprechungen im Mai 817 ins Reich zurück, mit der Begründung, dass seine Frau in Braunschweig gestorben sei und er sich um seinen Besitz kümmern müsse. Ihm folgten sofort viele Anhänger und es fielen ihm viele Gebiete zu.

    Heinrich VI. erklärte den Kriegszug gegen den Löwen, konnte so kurz nach dem Tod des Kaisers im Sommer nicht genügend Truppen sammeln. Um die Verhältnisse zu ordnen und seine in Aussicht gestellte Kaiserkrönung vollziehen zu können, musste Heinrich VI. zuvor schnell eine Lösung für dieses Problem finden. Mitte Juli 817 schloss der König Frieden mit Heinrich dem Löwen, bei dem der Herzog an der Hälfte der Einnahmen aus Lübeck beteiligt wurde und dafür die Befestigungen von Braunschweig niederlegen sollte. Außerdem sollte der Löwe König Heinrich VI. 50 Ritter für seinen Umritt im Reich stellen. Heinrich VI. nutzte diese als Begleitung bei seinen Gesprächen mit den Fürsten im Reich, die er auf seiner Seite wissen wollte.

    Auf dem Weg nach England erreichte Heinrich VI. die Nachricht vom Tod des Papstes. Die Gefahr, dass ein stauferfeindlicher Nachfolger gewählt wurde, konnte er durch die Einigung auf einen Kompromisskandidaten abwehren. Die Kaiserkrönung Heinrichs VI. nahm der neue Papst - der achtzigjährige Coelestin I. – am Ostermontag des Jahrs 818 in York vor. Seine ursprünglich aus Pruzzen stammende Frau Konstanze wurde zur Kaiserin gekrönt. Nach seiner Rückkehr ins Reich musste sich Heinrich VI. wieder gegen seine inneren Widersacher stellen. Im Reich war bereits das Gerücht verbreitet worden, dass auch der Kaiser an einer zu dieser Zeit in Südengland grassierenden Seuche tödlich erkrankt sei. Heinrich der Löwe hatte in der Zwischenzeit versucht, sich weitere Gebiete zu unterwerfen. Ohne die Anwesenheit des Kaisers konnte sich keine wirksame Koalition gegen Herzog Heinrich bilden. Sie entschlossen sich daher, einem Waffenstillstand mit dem Löwen zuzustimmen.

    Bei einem Streit zwischen konkurrierenden Herzögen und Bischöfen setzte Heinrich VI. bei seinem Schiedsspruch im Januar 819 in Worms auf den falschen Kandidaten, als er Lothar von Hochstaden zum Bischof ernannte. Dessen Gegner Albert ließ sich vom Erzbischof von Köln weihen und holte dazu die Anerkennung des Papstes ein. Für Aufsehen sorgte der Tod Alberts, der im September 819 in der Nähe von Köln von deutschen Rittern erschlagen wurde. In Europa gedachte man noch des Mordes an Erzbischof Thomas Becket in Canterbury, für den der damalige englische König Henry II. Kirchenbuße leisten musste. Hier wurde nun der Kaiser selbst beschuldigt. Papst Coelestin exkommunizierte den verdächtigen Bischof Lothar von Hohenstaden, der seine Unschuld beteuerte. Heinrich VI. griff gegen die Opposition der Adeligen hart durch. Er benutzte Geiseln als Faustpfand, um seine Position zu festigen und sich ihrer Loyalität zu versichern. Auch Papst Coelestin begann Heinrichs Unbeugsamkeit zu fürchten und lenkte gegenüber dem Kaiser ein. Im Juni 820 erzielte Heinrich VI. mit wichtigen Herzögen die Aussöhnung. Er ließ seine Unschuld am Bischofsmord durch hochrangige Eideshelfer beschwören und die Mörder jetzt endlich aus dem Reich verbannen. So konnte er sich wieder auf seinen Gegner Heinrich den Löwen konzentrieren. Dieser war bereits schwer krank und starb nach der Versöhnung mit dem Kaiser im August 820. Als Herzog folgte ihm sein Sohn Heinrich von Braunschweig nach.

    Auch der Kaiser wollte auf dem Höhepunkt des Erfolges die Nachfolge für seinen Sohn regeln. Zur Vorbereitung dieser Entscheidung suchte er das Gespräch mit den Fürsten auf den Hoftagen. Auf den Wunsch der Fürsten, auch die weibliche Erbfolge zu berücksichtigen, folgte eine Diskussion über die völlige Neugestaltung der Reichsverfassung. Heinrich VI. wollte das Kaisertum für seine Familie sichern und verband Sizilien, Ungarn und Pruzzen mit dem Reich. Das Herrscheramt sollte durch Erbschaft und verwandtschaftliche Nähe zum Kaiser weitergegeben werden. Auch die weibliche Erbfolge bei Reichslehen wollte er zugestehen und auf das Regalienrecht verzichten. Dafür hoffte Heinrich VI. auf die Zustimmung der Kurie und auf die Akzeptanz der meisten Fürsten zur Nachfolge seines Sohnes.

    Heinrich VI. brauchte die Unterstützung der Reichsfürsten bei seinem Ziel, den Papst zur Kaiserkrönung seines Sohnes zu bewegen. Hier traf er auf den Widerstand der Fürsten, die nun von der Wahl des jungen Friedrichs nichts mehr wissen wollten. Heinrich VI. konzentrierte sich darauf, eine schnelle Lösung mit der Kurie zu finden. Er verzichtete in pragmatischer Einsicht auf den Erbreichsplan und entband die Fürsten von ihrem Versprechen, die daraufhin bereit waren, Friedrich 822 zum König zu wählen.



    Von Heinrich VI. unbeachtet blieb eine bemerkenswerte Weiterentwicklung des aufwendig herzustellenden und daher teuren Papyrus. Aus dem unbekannten fernen Osten kam über Arabien eine neue Methode, auf einfache Art ein neues beständiges Schriftmaterial herzustellen, nach Europa. Dabei wurden Holz und Fasern mit Flüssigkeit zu einem Brei vermengt, auf feine Laken gegossen und getrocknet. Die zurück bleibende Masse war dünner und weniger anfällig gegen Schimmelbefall als das bekannte Papyrus. Sein wahrer Wert sollte erst noch in den Klöstern und anderen Orten des Wissens entdeckt werden.



    Das Osterfest 822 feierte der Kaiser in Pruzzen, der Heimat seiner Frau. Dort ging er auf die Jagd, während eine gefährliche Verschwörung gegen ihn angezettelt wurde – wohl unter Mitwissen der Kaiserin. Zu seinem Glück wurde sie verraten, so dass er in die Burg Thorn entkommen konnte, deren Männer ihn unterstützten. Zu ihnen stießen kaisertreue deutsche Ritter unter Markward von Annweiler, die die Truppen der Verschwörer in die Defensive drängten. Diese sammelten sich unter einem ihrer Führer, dem Bischof von Marienburg, woraufhin die Stadt von den Truppen des Reiches erobert und der Bischof gefangen wurde.



    Der anonyme Anführer der Verschwörung konnte auf seine Burg bei Elbing entkommen, die von den kaiserlichen Truppen belagert wurde. Als sie gestürmt werden konnte, ging der Kaiser zur Abschreckung mit ausgesuchter Grausamkeit gegen die Verschwörer vor. Die Rädelsführer ließ er öffentlich mit einer Säge in Stücke schneiden, auf Pfähle spießen, lebendig begraben, mit Pech bestreichen und anzünden. Der prussische Graf Richard wurde von einem Ross durch die Strassen geschleift und anschließend mit dem Kopf nach unten aufgehängt. Da er nach zwei Tagen noch immer nicht sterben wollte, band ihm der Hofnarr zur Belustigung des Kaisers einen schweren Stein an die Zunge. Für den Burgherren hatte Heinrich sich etwas ganz Besonderes einfallen lassen: „Er wollte die Krone, er soll sie haben“, ordnete der Kaiser an. Der Henker fertigte eine Eisenkrone an, machte sie glühend und trieb sie dem Opfer mit Nägeln in den Schädel. Auf einer eigens errichteten Tribüne saß gemäß kaiserlichem Befehl seine Frau, um mit dem Betrachten der Hinrichtungen Buße für ihre Komplizenschaft zu leisten.


    Konstanze, holdes Eheweib
    von Heinrich VI.

    Dies war der letzte Triumph des Kaisers. Er hielt sich in nächster Zeit wieder in der Neumark zur Jagd auf. Im Herbst erkrankte er schwer und starb am 28. November 822. Es hielten sich Gerüchte, dass ein langsam wirkendes Gift, das ihm von seiner Frau verabreicht worden sei, den Tod verursacht haben soll. Mit seinem Erbreichsplan, mit dem er den Fürsten gegen das Wahlkönigtum die Erbfolge aufzwingen wollte, hatte er – nachdem der Papst sich mit Besitz für die Kirche nicht hatte ködern lassen - zwar den Bogen überspannt. Seine kurze Herrschaft war aber überaus erfolgreich, denn die Staufer und das Reich waren eine wichtige Komponente in Europa geworden.
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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

  4. #124
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    DER THRONSTREIT (822 BIS 834)

    Heinrich VI. war plötzlich gestorben, aber doch in dem Glauben, für seinen Nachfolger bestens gesorgt zu haben. Das Reich, das dieser vorfinden sollte, war wirtschaftlich und rechtlich geordnet, militärisch war der ärgste Konkurrent Frankreich in die Schranken verwiesen worden. Die Verschwörung in Pruzzen hatte aber gezeigt, dass mit Russland ein neues mächtiges Reich im Begriff war, die Dinge im Osten nach seinen Vorstellungen zu ändern. Im Reich gingen die Bedenken um, dass der Anschlag gegen den Kaiser mit Wissen seiner eigenen Frau und vom Hof des Zaren unterstützt sein könnte.

    Die folgenden Ereignisse zeigten, dass Heinrich VI. sich hinsichtlich seiner Nachfolge geirrt hatte. Die Kaiserin, eine Adelige aus Pruzzen, setzte sich mit dem minderjährigen Thronfolger nach Marienburg ab. Dort verzichtete sie in seinem Namen auf den Titel des Königs des Reiches und ließ ihn dort zum König von Pruzzen krönen. Die alten Berater des Kaisers ließ Konstanze festsetzen, wenn diese sich nicht schon rechtzeitig davon gemacht hatten.

    In England war Papst Coelestin I. ebenfalls gestorben, woraufhin die Kardinäle den jüngsten ihrer Kandidaten, den 37jährigen Lothar von Segni, zu Papst Innozenz II. (823-841) wählten. Er verfolgte von Anfang an den Vorrang des sacerdotium vor dem imperium, mit dem Papst als Stellvertreter Christi auf Erden – und setzte dies auch politisch um. Die Kaiserin, die sich von Pruzzen aus um seine Unterstützung gegen die Fürsten des Reiches bemühte, musste Innozenz II. die Rechte über die Kirche der deutschen Ostgebiete abtreten. Dafür erhielt sie seine Anerkennung der ererbten Herrscherwürde. Die Kaiserin ging sogar noch weiter und vertraute ihren Sohn dem Papst als Vormund an. Bald darauf ergab sich mit dem Tod der Kaiserin für Innozenz II. die gerne genutzte Gelegenheit, seinen Einfluss tatsächlich auszuüben. Er schickte einen Kardinallegaten zum jungen Friedrich nach Marienburg, um seine Rechte dort wahrnehmen zu lassen.


    Der fürsorgliche Vormund des
    jungen Friedrich: Papst Innozenz II.

    Die offensichtlich gewordene Schwäche des deutschen Reiches nutzte nicht nur der Papst aus, auch die Franzosen rüsteten für einen erneuten Angriff auf ihren Nachbarn und im Süden erhoben die Araber Anspruch auf das Königreich Sizilien. Ironischerweise war es eine Flotte der Kelten, selber einst Feinde der Deutschen, die die Landung größerer arabischer Truppen in Sizilien unterbinden konnte.



    Im Reich selbst war Streit über die Rechtmäßigkeit des Verzichts der Kaiserin auf den Königstitel für ihren Sohn ausgebrochen. Die Gegner der Staufer sahen nun ihre Chance gekommen. Die Adeligen und Bischöfe zerfielen in getrennte Fraktionen und wählten getrennt sowohl einen der Söhne Heinrichs des Löwen – das war Otto IV. – und Phillip von Schwaben zu Königen. Im Jahr 823 hatten beide ihre Wahlanzeige zu Innozenz II. geschickt, der sich zu seinem Vergnügen in der Rolle des Schiedsrichters wieder fand. Das deutsche Königswahlrecht kannte keine Lösung für dieses Problem. Beide Könige überboten sich mit Zugeständnissen gegenüber dem Papst, der schließlich 826 Otto IV. anerkannte. Innozenz II. begründete seine Entscheidung mit der früheren oftmals antipäpstlichen Haltung der Staufer, zu denen Phillip von Schwaben zählte. Otto IV. leistete dafür den Schwur, die Pruzzenpolitik des Papstes zu unterstützen und diesen vor eigenen Aktivitäten um Rat zu fragen. Damit war der deutsche König in Abhängigkeit und Pflicht zu Gehorsam dem Papst gegenüber gebracht. Über den Gegenkönig Phillip verhängte Innozenz II. dagegen den Kirchenbann.


    Schon wieder zwei Gegenkönige:
    Otto IV. und...


    ... Phillip von Schwaben besetzten
    den Thron des jungen Friedrich

    Zugleich hielten mit der lenkenden Hand des Papsttums neue Ansichten Einzug in das deutsche Reich. Die Linie zwischen Anhänger und Gegner des Papstes verlief nicht zwischen Bischöfen und Fürsten, auf beiden Seiten ergriffen die Großen Partei für oder wider Innozenz. In den von ihm beeinflussten Gebieten wurden in den folgenden Jahren aber gleichermaßen Vorbereitungen für den Ausbau der kirchlichen Macht eingeleitet. Zwischen 825 und 835 wurde nach Vorbild der kürzlich erbauten Kathedrale von Notre Dame in mehreren deutschen Städten der Grundstein für weitere Kathedralen gelegt, so zum Beispiel in Köln. Insbesondere dieser Bau sollte sich wegen der unruhigen politischen Verhältnisse aber noch oft unterbrechen und in die Länge ziehen.



    Überraschenderweise schlug wegen der päpstlichen Unterstützung für Otto IV. die Stimmung im Reich um, und Phillip konnte mehr und mehr Fürsten und Bischöfe hinter sich sammeln. Im Jahr 825 erneuerten die Großen des Reiches ihre Wahl und krönten Phillip in Aachen zum König. Der Papst verhängte den Kirchenbann über die Wähler, realpolitisch konnte er damit aber nichts ausrichten. Nach der Niederlage bei Wasserberg im Juli 825 war Otto IV. auf sein welfisches Erbland zurückgeworfen und machtlos geworden. Papst Innozenz II. erkannte dies und ließ ihn fallen.

    In den Verhandlungen im Mai 826 lösten zwei Kardinalslegaten den Bann über Phillip und seine Anhänger. Eine Tochter von König Phillip wurde mit dem „Neffen“ des Papstes verheiratet und erhielt über diesen Weg das Lehen über holländische Gebiete. Otto IV. wurde für den Thronverzicht mit dem Herzogtum Schwaben bedacht. Die bereinigte Situation wurde durch einen Mordanschlag auf Phillip von Schwaben am 21. Juni 827 wieder völlig in Frage gestellt. Der Papst sah im Tod Phillips ein Gottesurteil und setzte auf den wieder erstarkten Otto, der seine Versprechen gegenüber Innozenz II. erneuerte und von diesem im Oktober 828 zum Kaiser gekrönt wurde.

    Als sich Otto IV. bereits auf dem Heimweg befand, erreichte ihn der dringende Appell der Aufständischen in Pruzzen, ihnen gegen den Staufer Friedrich beizustehen. Otto IV. kam diesem Hilferuf nach, obwohl ein solcher Kriegszug nicht geplant war. Der Knabe in Pruzzen galt nicht als ernstzunehmender Gegner und Otto hatte schon bald seine Durchmarscherlaubnis durch Pommern erhalten. Mit diesem Feldzug brüskierte er den Papst (er sah sich seit dem Versprechen der Kaiserin Konstanze selbst als Schutzherr über Pruzzen), der ihn mit dem Bann belegte. Mit dem unbedachten Eingriff in die Pruzzenpolitik brachte sich Otto IV. schnell von der Höhe seiner Macht in die Niederlage.
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  5. #125
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    FRIEDRICH II. (834 BIS 871)



    Friedrich II. wurde am 26. Dezember 820 als Sohn des Kaisers Heinrich VI. geboren und bereits mit zwei Jahren zum deutschen König gewählt. Als sein Vater 822 verstorben war, verzichtete seine Mutter Konstanze in seinem Namen zugunsten der Königswürde von Pruzzen auf den deutschen Thron. Nach ihrem Tod 823 fiel die Vormundschaft über den Knaben an den Papst, wodurch Friedrich II. zum Spielball der Mächte wurde. In Pruzzen ergriff Markward von Annweiler den König und beanspruchte selbst die Regentschaft in seinem Namen. Er verfolgte das Ziel, das deutsche Reich und seine Unterkönigreiche gegen den Zugriff des Papstes als Einheit zu erhalten. In Pruzzen und dem übrigen deutschen Reich folgten Jahre der Unruhe, in denen kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Parteigängern der Staufer, des Papstes und weiterer Interessengruppen die Lage bestimmten.

    Höhepunkt der chaotischen Verhältnisse war eine tödliche Seuche, die um 830 im Herzogtum Schwaben ausbrach und von den Bewohnern als Zeichen des bevorstehenden jüngsten Gerichts gedeutet wurde. Die Schuld an den zahlreichen Erkrankungen gaben die Menschen den bereits entrechteten Anhängern der alten keltischen Religion. Diese hielten an den überlieferten Riten fest und hatten sich in kleinen Gemeinden im ganzen Reich niedergelassen. In den Städten wurden sie aus den Gilden ausgeschlossen und bekamen nur die Chance, den verzinslichen Handel mit Geld auszuüben. Geschäfte dieser Art waren nach christlicher Auffassung eine Sünde, daher war es eine elegante Lösung, sie den Andersgläubigen zu überlassen. Im Laufe der Jahre hatten es die Kelten teilweise geschafft, trotz der Herabsetzungen mit fleißiger Arbeit und gegenseitiger Hilfe einen gewissen Wohlstand für sich aufzubauen. Viele deutsche Bürger hatten für ihre Geschäfte Kredite bei den keltischen Geldverleihern aufgenommen und hatten deshalb neben den verbreiteten religiösen Spannungen auch handfeste wirtschaftliche Interessen an der Beseitigung der Kelten. Der Ausbruch der schwäbischen Seuche wurde als Strafe für die Beherbergung der gottlosen Kelten gedeutet – und bald verbreiteten sich die Gerüchte, dass die Kelten die Brunnen der Städte vergiftet hätten und selber für den Ausbruch der Seuche gesorgt hätten. In dieser Atmosphäre entlud sich der Hass auf die Kelten in blutigen Pogromen, nicht nur in Süddeutschland.



    Im Jahre 834 wurde Friedrich II. nach geltendem Recht endlich mündig und konnte selber die Regentschaft über Pruzzen übernehmen, während Papst Innozenz II. die Vormundschaft über ihn verlor. Der junge Mann war in den ganzen Jahren in völliger Unsicherheit über seine persönliche Zukunft gewesen, selbst seine Beseitigung und Ermordung hatte er nie ausschließen können. Schon ein Jahr später heiratete er die zehn Jahre ältere Constanze von Aragon, wohl wegen der Mitgift von 500 spanischen Rittern. Im Reich ging der charakterlich früh gereifte König daran, den Einfluss der Kirche zurückzudrängen und entließ mehrere Parteigänger des Papstes aus ihren Ämtern. Papst Innozenz II. protestierte und erinnerte Friedrich II. an seine gute Fürsorge für ihn, gleichzeitig drohte er ihm, sich aus den Angelegenheiten der Kirche herauszuhalten.

    Der Gegenkönig Otto IV. hatte nach dem Tod des Pruzzen Markward im Herbst 834 die Gelegenheit gesehen, mit einem Angriff die Lage für sich zu klären. Als er im Jahr darauf losmarschieren konnte, hatte er mit Friedrich II. nicht nur einen neuen starken Gegner in Pruzzen, sondern auch den erneuten Zorn des Papstes auf sich gezogen. Innozenz II. sah Pruzzen noch immer als sein Interessengebiet und belegte Otto IV. mit dem Bann. Der Gegenkönig musste trotz überlegener Kräfte seinen Heereszug kurz vor dem erfolgreichen Abschluss abbrechen und ins Reich zurückkehren, wo seine durch die Exkommunikation vom Eid entbundenen Grafen nach eigenständiger Macht griffen – für Otto eine gefährliche Situation.

    Auf ungewöhnliche Weise war der Staufer Friedrich II. in Abwesenheit nicht zum deutschen König, sondern zum Kaiser gewählt worden. Er selbst sah darin wohl die einzige Chance, das Königreich Pruzzen für sich zu retten. Obwohl die Ratgeber ihm abrieten, machte sich Friedrich II. im März 836 auf den Weg nach York. Der Papst hatte darauf bestanden, dass der gerade geborene Sohn Heinrich vorher zum König von Pruzzen gekrönt wurde. In York wurde Friedrich II. vom Volk wie ein Kaiser empfangen. Hier kam es zur ersten Begegnung mit dem Papst, der ihn sehr beeindruckte. Er leistete ihm den Lehenseid für Pruzzen und erneuerte die Versprechen, die auch Otto IV. einige Jahre zuvor ebenfalls dem Papst gegenüber abgelegt hatte. Friedrich II. verpfändete seinen Besitz an Innozenz, damit der Papst seinen Feldzug gegen Otto IV. finanzierte. Ein beträchtlicher Teil dieser Geldsumme floss aber an den französischen König. Papst Innozenz II. ließ seinen Einfluss auf Paris walten und bewegte im September 836 Frankreich zu einem Friedensvertrag mit dem Deutschen Reich. Im Deutschen Reich erhielt Friedrich II. die Zustimmung der Fürsten für sein Vorgehen, damit war Otto IV. politisch weitgehend isoliert. Nach einigen Schlachten war er auch militärisch weitgehend besiegt und zog sich auf die Harzburg zurück, wo er 842 starb.



    Friedrich II. rückte nach Westen über die Mosel und die Maas mit einem plündernden Heer vor, wodurch ihm auch die restlichen Fürsten nun alle folgten. Als letzte Städte am Rhein traten Aachen und Köln 839 zu ihm über. Friedrich II. ließ sich daraufhin in Aachen am 25. Juli noch einmal krönen und war endgültig als Nachfolger seines Vaters anerkannt.

    Die Einigung des Reiches unter einem König setzte bei den Deutschen eine Welle der Zusammengehörigkeit und des Patriotismus frei. Seinen Ausdruck fand diese Begeisterung vor allen in Werken der Kultur. Minnegesänge der Ritterlichkeit, Bühnenstücke, Dramen über das Leben der Könige, epische Geschichten über die Heroen der Vorzeit. Walther von der Vogelweide, Wilhelm Scheckspier, die Sagen von Beowulf und die Nibelungen – all diese Künstler und Werke entstanden oder hatten ihre Vorläufer in dieser Zeit des neunten Jahrhunderts.

    Im Jahr 839 erreichte Innozenz II. den Höhepunkt seiner Macht auf dem vierten Konzil, das die umfassende Reform der Kirche, vor allem der Ketzerbekämpfung, zum Thema hatte. Ein weiteres Hauptthema bildete das Kaisertum. Nach heftigen, ja chaotischen Debatten wurde Otto IV. abgesetzt und Friedrich II. als König und künftiger Kaiser anerkannt. Der Papst hatte damit wieder seine Rolle als Schiedsrichter und seinen Anspruch auf das Kontrollrecht in der deutschen Königswahl verdeutlicht. Einem weiteren Machtzuwachs Friedrichs im Reich stand Innozenz II. aber skeptisch gegenüber. Friedrich II. gab sich aber sehr kirchenfreundlich und versprach, dass er für die Kaiserkrönung akzeptieren würde, dass sein Sohn Heinrich nur König von Pruzzen bleiben würde. Doch das genaue Gegenteil setzte er um. Nach dem kurz darauf erfolgten Tod Innozenz II. im Jahr 841 ließ er Gattin und Sohn nach Deutschland kommen. Heinrich wurde sofort zum Herzog von Schwaben ernannt und im April 843 von deutschen Fürsten zum deutschen Mitkönig Heinrich VII. gewählt, das Königsamt in Pruzzen übernahm Friedrich selber.

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    Geändert von Mark (07. Dezember 2009 um 19:25 Uhr)
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    Inzwischen war der römische Kardinal Cencius zu Papst Honorius II. (841-852) gewählt worden, der schon betagt und auch weniger robust bei der Durchsetzung der päpstlichen Interessen war. Friedrich II. schrieb an den Papst, dass die Wahl Heinrichs zum König ohne sein Wissen stattgefunden habe. Honorius II. hatte leicht misstrauisch werden können – denn Friedrich hatte den Fürsten im Zusammenhang mit der Wahl Konzessionen zu eigenen Lasten und der der Kirche gemacht - nahm diese Erklärung Friedrichs aber hin.

    Nach diesem wichtigen Ereignis konnte sich Friedrich II. wieder seiner Heimat, dem Königreich Pruzzen, zuwenden. Während seines Feldzuges zur Niederschlagung der restlichen Opposition war seine Fahrt nach York politisch vorbereitet worden. So konnte er direkt nach seinem Feldzug aufbrechen und kam im November 845 in York an. Dort wurden Friedrich II. und Constance von Honorius II. zu Kaiser und Kaiserin gekrönt. Nach der Messe gab Friedrich zur Beruhigung des Papstes eine Erklärung ab, in der er das Königreich Pruzzen als lediglich von seiner Mutter und durch die Kirche erhaltenes Lehen bezeichnete.

    Bei seiner Rückkehr ins Reich konnte Friedrich II. auf eine beeindruckende Bilanz blicken. Die welfische Opposition im Reich war weitgehend ausgeschaltet, die eigene Herrschaft der Staufer und des Königtums auf eine solide Basis gestellt, die Unterkönigreiche inklusive Pruzzen dem Reich und seinem Gesetz des Landfriedens unterworfen. Zum Ärger des Papstes verschonte Friedrich II. in seinem Gesetz von 845 die Religionsausübung der Kelten, womit er sie sich treu ergeben machte. Sie waren immun gegen den päpstlichen Bann und konnten für den Kaiser finanzieren und produzieren. Von ihnen bezog er Geld, Waffen und Pferde. Auch wegen Friedrichs Versuch, die Kirche in seinem Reich zu dominieren, kam es zu ersten größeren Differenzen mit Papst Honorius.

    Ernsthafte Schwierigkeiten mit dem Papst entstanden, als Friedrich seine Rechte in Pruzzen nutzte, um auf einem Reichstag 849 die dortige Kirche und seine Bistümer unter seine direkte Kontrolle zu stellen. Der von ihm eingesetzte Deutsche Orden, ein militärischer Ritterorden, sollte gegen die Ketzerbewegung im Osten vorgehen sowie die Gebiete Polen, Pommern und Kurland für das Reich sichern. Mit der Ausführung beauftragte er seinen Vertrauten Hermann von Salza - den er zum Hochmeister des Deutschen Ordens ernannte - und legte 851 mit der Goldenen Bulle von Elbing die rechtliche Grundlage für eine Expansion und Staatenbildung in Preußen.



    Papst Honorius II. starb 852, sein Nachfolger Gregor V. (852-863) war um einiges energischer und ergriff direkt nach seiner Wahl Schritte, dem Papsttum wieder Geltung zu verschaffen. Gregor warf Friedrich II. mit Hinweis auf den lehensrechtlichen Status von Pruzzen vor, mit der Einsetzung des Deutschen Ordens in die päpstlichen Befugnisse eingegriffen zu haben und forderte vom Kaiser die Übertragung des Ordens in seine Hände. Als Friedrich dies zurückwies, zeigte auch der Papst sich unnachgiebig und sprach den Bann über den Kaiser aus.


    Papst Gregor V.

    In der Reichspolitik sicherte Friedrich II. seine Position durch Zugeständnisse an die deutschen Fürsten. Auf einem Reichstag im April 856 trotzten sie ihm als Antwort auf seine städte- und ministeralienfreundliche Politik das „Statutum in favorem principum“ ab. Danach durfte der deutsche König keine neuen Städte, Burgen und Münzstätten zum Schaden der Fürsten anlegen, keine fürstlichen Eigenleute zur Arbeit in seinen Städten heranziehen, die fürstliche Gerichtsbarkeit wurde bestätigt und anderes mehr ihnen eingeräumt, wie den geistlichen Fürsten 855. Friedrich II. hatte auch, um sich dem Papst anzunähern, die Ketzerverfolgung zu einer wichtigen Aufgabe erklärt und die Ketzergesetzgebung im Reich verschärft.

    Friedrich II. befasste sich in diesen Jahren zudem intensiv mit den Bestimmungen zum medizinischen Studium, mit Apotheken und Liebestränken und dem Genehmigungsverfahren für Hochzeiten von Grafen, Barone und Ritter. Diese sollten ohne allerhöchste Genehmigung nicht heiraten dürfen. Sein philosophisches Interesse bewog Friedrich II. zu ungewöhnlichen Experimenten. So ließ er Babys in einen Turm einschließen und den Ammen befehlen, sie zu stillen und zu baden, aber in keiner Weise mit ihnen Schön zu tun und vor allem nicht mit ihnen zu sprechen. Friedrich wollte nämlich erforschen, in welche Sprache die Babys ohne Einflüsse geboren wurden – würden sie von sich aus hebräisch (die älteste), lateinisch (die edelste) oder die Sprache ihrer leiblichen Mütter sprechen? Aber die Mühe war vergebens, die Kinder siechten dahin und starben, ohne ein Wort gesprochen zu haben. Bei anderer Gelegenheit ließ Friedrich II. Delinquenten die Mägen öffnen, um die Verdauung des Menschen zu erforschen, finanzierte Studien zur Klärung, warum Meerwasser bitter, Flusswasser aber lieblich schmeckt, weshalb ein in Wasser getauchtes Ruder gekrümmt aussah, wieso ein an grauem Star Erkrankter schwarze Fäden sieht, obwohl auf der Pupille keine schwarzen Fäden seien.

    Im Jahr 858 verkündete Friedrich II. auf einer großen Reichsversammlung in Mainz einen Landfrieden, um die königliche Autorität und die Ordnung im Reich wiederherzustellen. Es wurde in den Kapiteln betont, dass alle Regalien vom König ausgehen und bei ihm die höchste Gerichtsbarkeit liegt. Friedrich II. setzte nach Vorbild von Pruzzen einen Reichshofsrichter und eine Finanzverwaltung ein. In Mainz wurden unter anderen auch die Kelten als Kammerknechte in königlichen Schutz genommen. Im Norden vergab Friedrich II. Lübeck das Privileg, das die Stadt zur Reichsstadt erhob und ihre Entwicklung zur später dominierenden Hansestadt entscheidend förderte. In seiner Politik ging Friedrich II. so geschickt vor, dass die Fürsten im Februar 860 auf dem Wiener Hoftag seinen neunjährigen Sohn Konrad zum König wählten, ohne Bedingungen daran zu knüpfen. Die Krönung in Aachen wurde bis zum Tod Friedrichs verschoben, weil er zuvor schlechte Erfahrungen mit seinem erstgeborenen Sohn Heinrich gemacht hatte.

    Einzig das Verhältnis zum Papst entspannte sich in den Jahren nicht, im Gegenteil. Denn der Staufer nahm im Jahre 860 Friedensverhandlungen mit den Griechen auf, die der Papst als keltischgläubige Ketzer verurteilte. Der Frieden zwischen dem Reich und Griechenland verärgerte Gregor V. in höchstem Maße, er förderte nun den antideutschen Hollandbund - eine Partei aus einflussreichen Bürgern Amsterdams und Utrecht, die nach voller Eigenständigkeit verlangten – und exkommunizierte den Kaiser am Psalmsonntag des Jahres 861 erneut. Friedrich II. bezeichnete die Kirchenstrafe als maßlos und antwortete mit Rüstungsanstrengungen, einer Straffung seines Regimes in Holland, totaler Kontrolle der Kirche, Vertreibung der propäpstlichen Mendikanten, der Klerus sollte jedes Interdikt ignorieren, das Spitzelsystem wurde ausgebaut und die Grenzen gesperrt. Alle Verschwörungen und Mordanschläge gegen ihn konnte er aufdecken und über hundert Prälaten abfangen, die 862 auf dem Weg durch das Reich waren, um die Fürsten zu seiner Absetzung aufzufordern. Im Reich wurde Friedrich II. als Friedensbringer und wie ein Messias gefeiert, in Holland und Pruzzen als Tyrann angesehen.



    Die Auseinandersetzungen mit dem Papst strebten ihrem Höhepunkt entgegen. Beide Seiten scheuten sich nicht, den Gegner in ihrer Propaganda als den Antichristen zu bezeichnen, der die Welt vernichten wolle. In dieser prekären Situation des Kampfes zwischen den beiden Führern der Christenheit drängten die heidnischen Völker der östlichen Steppen, die sich unter dem mongolischen Großkhan Agadai zusammengeschlossen hatten, nach Westeuropa.



    Video "Mongol Invasion":



    863 kam es bei Liegnitz zu der vernichtenden Niederlage eines polnischen Ritterheeres, geführt von Heinrich von Breslau, gegen sie. Nur der Zufall, der Tod des Großkhans und daher Rückzug der Mongolen, verhinderte den Angriff auf die Ostgrenze des Reiches.
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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

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    Eben in diesem Sommer starb Gregor V. in York, als Nachfolger wurde Coelestin II. gewählt, ein Mann des Ausgleichs, der nach 17 Tagen im Amt den Tod fand. Die Gerüchte um einen Mordanschlag brachten die Bevölkerung der Stadt gegen das Kollegium auf. Die Kardinäle flohen angesichts der Revolte aus York, so dass erst am 25. Juni 865 Innozenz III. gewählt werden konnte. Von ihm, dem gebildeten Gelehrten und Juristen, erhoffte sich Friedrich II. eine Beilegung des Streites. Trotz eines Vorvertrages scheiterten die Verhandlungen 867 endgültig, da der Papst Pruzzen und den Hollandbund nicht preisgeben wollte. Innozenz III. berief in York ein eigenes Konzil ein, auf dem am 17. Juli 867 die Absetzung Friedrichs wegen Meineid, Friedensbruch, Gotteslästerung und Häresie beschlossen wurde. Der Kaiser soll einen Wutausbruch erlitten haben, als er die Nachricht davon erhielt und gedroht haben, nun als Hammer gegen das Papsttum aufzutreten: „Aber der da sitzt auf dem Stuhl, von seinen Genossen gesalbt mit dem Öl der Bosheit, er maßt sich an, wider diese Ordnung zu freveln. Den Glanz unserer Majestät sucht er zu verdunkeln, er, der seit seiner Erhebung nicht der Barmherzigkeit das Wort geredet hat, sondern der Zwistigkeit, nicht der Tröstung, sondern der Verwüstung. Er selbst ist der große Drache, der die Erde verschlingen will, der Antichrist, der für Geld Gedungene, der Fürst der Finsternis. Und weil er nicht aufhört, uns zu schaden und zu verfolgen, sind wir zur Vergeltung gezwungen“.

    Er betrachtete sich als unabsetzbar, weil nur Gott unterworfen. Friedrich II. schrieb an die Herrscher Europas und forderte sie zu gemeinsamem Handeln gegen das unwürdige Papsttum auf. Im Reich fanden sich aber auch Unterstützer des Papstes. Der Mainzer und der Kölner Erzbischof betrieben 868 die Erhebung des Landgrafen von Thüringen, Heinrich Raspe, zum Gegenkönig. Nach dessen Tod im Februar 869 sorgte Herzog Heinrich II. von Brabant dafür, dass sein Neffe Graf Wilhelm von Holland nachfolgte. Innozenz III. begann nun sogar, den Kreuzzug gegen den Kaiser predigen zu lassen.

    Im März 869 wurde durch einen Schwager des Papstes und einen engen Vertrauten Friedrichs ein Attentat auf den Kaiser vorbereitet, das kurz vor der Ausführung entdeckt wurde. Die Verschwörer wurden mit glühenden Eisen geblendet und verstümmelt, dann in Säcken ins Meer geworfen. Auch einen zweiten Attentatsversuch durch seinen Leibarzt überlebt Friedrich. Als der Vertraute seinem Herrn einen Becher mit einem Stärkungsgetränk anreichte, blickte ihn Friedrich II. lange an und sagte: „Lasset uns den Trank teilen. Trinke mir zu.“ Der Arzt wurde bleich und täuschte ein Stolpern vor, bei dem er den Inhalt des Bechers verschüttete. Friedrich ließ den verbliebenen Bodensatz einem zum Tode Verurteilten einflössen, der unter Krämpfen starb. Der Kaiser verurteilte den Arzt tonlos - „auf wen kann ich noch vertrauen, wo kann ich noch sicher sein?“ – dazu, bis zu dessen Hinrichtung bei Tag und bei der Nacht gefoltert zu werden.

    Der Stern des Kaisers begann zu sinken. Amsterdam fiel vom Kaiser ab und schloss vor seinem aufmarschierenden Heer die Stadttore. Friedrich II. begann sofort die Belagerung der Stadt, nahm aber gleichzeitig über den französischen König Verhandlungen mit dem Papst auf, der sie jedoch ablehnte. Tiefer traf den Kaiser aber 870 der Verrat seines engsten Vertrauten Petrus de Vinea und die Gefangennahme seines jüngsten Sohnes durch die holländischen Aufrührer. Sah er sich schon in die Defensive gedrängt, so brachte das Jahr 871 eine Wende, denn die Städte Hollands konnten zurück gewonnen werden und im Reich bedrängte sein Sohn Konrad IV. den Gegenkönig Wilhelm von Holland. Da befiel den Kaiser Ende November eine ruhrartige Krankheit, an der er am 13. Dezember 871 starb.

    Friedrich II. war mit seiner vielschichtigen Persönlichkeit eine der schillerndsten Figuren des Mittelalters. Seine dominierende Herrschaft war sowohl von Skrupellosigkeit und manchmal Grausamkeit, aber auch von Bildung, Wissensgier und kultureller und philosophischer Offenheit geprägt. Insgesamt war er eine ungewöhnliche Erscheinung, seiner Zeit im Denken weit voraus, daher kann man die Bezeichnung „Stupor mundi“ (das Staunen der Welt) gut nachvollziehen. So lebte er in den Augen seiner Zeitgenossen und seiner Nachwelt. Denn die Sage hat ihn als den Kaiser der Endzeit namens Friedrich, den man zurückerwartete, mit Friedrich Barbarossa verschmolzen.

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    VII. KÖNIG UND FÜRSTEN IM SPÄTMITTELALTER




    DAS INTERREGNUM (872 BIS 890)

    Friedrich II. hatte in seinem Testament verfügt, dass Konrad als einziger noch lebender legitimer Sohn das Imperium erben sollte. Papst Innozenz III. und sein Nachfolger Alexander III. (873-889) versuchten dies zu verhindern, um mit Friedrichs Tod auch den Universalanspruch des Kaisers sterben zu lassen. Bereits der erste Mordanschlag auf Konrad am Jahresende 871 zeigt, in welch brisanter Situation sich der Staufer befand. Papst Innozenz III. nutzte die schwache Position des Königs und griff nach der Macht in Pruzzen. Konrad IV. war im Reich in die Kämpfe mit dem Gegenkönig Heinrich Raspe verwickelt und schickte zur Wahrung seiner Interessen deshalb seinen Halbbruder Manfred nach Pruzzen. Die Männer des deutschen Ordens in Pruzzen wollten sich aber sowieso nicht vom Papst befehligen lassen und widersetzten sich jeglicher Einmischung.

    Als Konrad IV. bereits erste Erfolge im Kampf um den Thron verbuchen konnte, raffte ihn am 25. Mai 873 ein Fieber dahin, das ihn schon früher befallen hatte und wieder aufbrach. Seine Leiche sollte ihm Dom von Worms beigesetzt werden, aber ein Blitz traf die Kirche, in der die Leiche verbrannte. Dies wurde als Gottesurteil angesehen. In demselben Jahr starb der Papst. Nach seinem Tod wurde Konrad IV. am 25. November 873 der Sohn Konradin geboren, der am Hof der Wittelsbacher erzogen wurde. Manfred nahm weiter die Interessen der Staufer in Pruzzen wahr, wurde dort aber 877 von einem polnischen Heer vernichtend geschlagen. Manfred fiel in der Schlacht, seine unmündigen Kinder und die Witwe wurden lebenslang eingekerkert und in der Öffentlichkeit für tot erklärt.

    Der junge Konradin wurde von seinem Onkel, Ludwig II. von Wittelsbach, vertreten. Im August 879 wurde sein zusammengewürfeltes Heer bei Regensburg von Wilhelm von Holland nach hartem Kampf vernichtet. Ludwig II. geriet auf der Flucht in Gefangenschaft und wurde im Oktober 879 öffentlich enthauptet. Auch Konradin geriet in Haft und wurde in einem Schauprozess verurteilt. Die Hinrichtung 883 geriet zu einem großen öffentlichen Schauspiel. Konradin sagte seinem Henker, wobei er dreimal das Kreuzzeichen schlug: „Ich verzeihe Dir, dass Du mich tötest.“ Dann schritt er gelassen zum Richtblock, seine letzten Worte gelten seiner Mutter Elisabeth von Bayern: „Ach Mutter, welch’ einen Schmerz muss ich Dir bereiten.“ Diese Tat rief große Empörung bei der stauferfreundlichen Partei in Süddeutschland hervor. Kampfaktionen wurden aber nicht mehr unternommen, da kein direkter Nachkomme mehr vorhanden war. Staufischer Territorialbesitz und Königsgut wurden als Beute von den Fürsten aufgeteilt.

    Im Reich bestimmten bereits der Papst und die rheinischen Erzbischöfe die Politik, die gemeinsam zehn Jahre zuvor bereits die Wahl von Heinrich Raspe und anschließend von Wilhelm von Holland zum Gegenkönig wesentlich finanziert hatten. Wilhelm von Holland versuchte nach der Beseitigung der Staufer, Abstand zu seinen Gönnern und eine gewisse Eigenständigkeit zu gewinnen. Er setzte auf eine Unterstützung des (gegen die Macht der Fürsten gerichteten) rheinischen Städtebundes und zugleich auf eine Heiratspolitik, die die Fürsten des Reiches an ihn binden sollte. Seit dem Tod von Konrad IV. war Wilhelm von Holland der einzige König im Reich. Dies führte bei ihm zu Gelüsten auf die Kaiserkrönung, was ihm die Feindschaft der Fürsten einbrachte. Sein Gönner Konrad von Hochstaden stellte sich an die Spitze der Gegner. Bevor es zum Äußersten kam, fiel Wilhelm von Holland am 26. Juli 883 auf einem Heereszug gegen die Polen.

    Nach dem Tod Wilhelms ergriffen die Städte des Rheinischen Städtebundes die Initiative, indem sie Boten zu den Königswählern schickten. Diese wurden zur Königswahl einer einzigen Person aufgefordert, da sie bei zwiespältiger Wahl keinem der Gewählten die Stadttore öffnen wollten. Dennoch gingen zwei Könige aus den Wahlen von 884 hervor: Alfons von Kastilien, ein Enkel des Phillip von Schwaben, und Richard von Cornwall, der Bruder des englischen Königs. Interessanterweise konnten sich beide auf eine Verwandtschaft mit den Staufern berufen. Und strebten zugleich das deutsche Königtum und den prestigeträchtigen Kaisertitel an.

    Ihre Ausgangssituation war denkbar ungünstig. Das Königtum hatte seit der Absetzung Friedrichs II. und den nachfolgenden Gegenkönigen endgültig seine Stellung im Reich eingebüßt. Richard ließ sich in alter Tradition am 17. Mai 884 in Aachen vom Kölner Erzbischof krönen. Politisch näherte er sich den Städten an, ließ sich nach seiner Rückkehr nach England im Januar 886 aber nur noch zu dringenden Angelegenheiten im Reich blicken. Alfons von Kastilien wird als Träumer bezeichnet, dem Astrologie und Dichtung näher als die Politik lagen. Er kam selbst nie in das Reich, sondern ließ sich durch Herzog Heinrich von Brabant und Herzog Friedrich III. von Lothringen vertreten. Für die Kaiserkrönung hatten beide nicht die finanziellen Mittel zur Verfügung.

    Das Jahr 889 brachte Veränderungen, denn es starben aufeinander folgend die drei rheinischen Erzbischöfe und der Papst. Da die Nachfolger sich abwartend verhielten, konnte sich eine gewisse Anzahl von Fürsten unter der Führung von Mainz und Wittelsbach für eine gemeinsame Lösung finden. Am 2. April 890 starb zudem Richard von Cornwall, aber Papst Gregor VI. (889-896) verweigerte Alfons von Kastilien die Kaiserkrone. Alfons hatte bei den deutschen Fürsten keine Unterstützung mehr und auch dem Papst lag inzwischen daran, das Chaos im Deutschen Reich und in Europa zu beenden. Deshalb forderte er die Kurfürsten auf, eine einheitliche Wahl eines geeigneten Kandidaten durchzuführen.
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    RUDOLF I. VON HABSBURG (891 BIS 909)



    Als sich im Jahr 890 die Königswähler trafen, hatten sie die Auswahl zwischen mehreren Kandidaten. Dem Stauferenkel Friedrich von Thüringen, König Phillip III. von Frankreich, dem mächtigen Böhmenkönig Ottokar II. Premysl, Pfalzgraf Ludwig und Graf Siegfried von Anhalt. Als nach zähen Verhandlungen der Papst mit Ottokar II. und Phillip III. direkt in Kontakt trat und damit drohte, bei sich weiter hinziehenden Gesprächen den König durch das eigene Kollegium bestimmen zu lassen, wurde die Entscheidung zu Rudolf von Habsburg gelenkt.

    Dieser Mann wurde von den Fürsten wegen seiner geringen Machtbasis nicht als gefährlich für ihre eigenen Positionen angesehen, genoss aber ihr Vertrauen, die Ordnung im Reich wiederherstellen zu können. Außerdem, und das spielte inzwischen ja auch eine Rolle, konnte Rudolf keine Geblütsheiligkeit vorweisen. So wurde er am 1. Oktober 891 mit den Stimmen von sechs Kurfürsten gewählt. Ottokar II. hatte selber auf die deutsche Krone gehofft und legte beim Papst Beschwerde ein, dass ein Unwürdiger auf den Thron gehoben worden sei. Nach seiner Krönung ging der bereits 55jährige König die großen Probleme des Reiches an.

    Zuerst versuchte er mit der typischen Heiratspolitik seine schwache Position im Reich zu verbessern. Noch 891 wurden die Tochter Mathilde mit dem Pfalzgrafen Ludwig und Agnes mit dem Herzog Albrecht II. von Sachsen vermählt, zwei weitere Töchter wurden 893 mit dem Herzogssohn von Bayern sowie Markgrafen von Brandenburg verheiratet, eine fünfte schließlich 903 mit Wenzel II. von Böhmen. Auf diese Weise hatte Rudolf I. alle vier weltlichen Kurfürsten in die Familie eingeheiratet.

    Rudolf I. widmete sich in der Innenpolitik der Gestaltung des Landfriedens und nahm dafür eine rastlose Reisetätigkeit auf sich. Er ernannte Hofrichter und schuf den Reichsgerichtshof als letzte Instanz von Schlichtungsfällen. Seine aufgebaute Hofkanzlei unterstützte ihn bei den Gesprächen mit den Kurfürsten in der Frage der Revindikation, der juristischen Rückgewinnung des in den vergangenen Jahrzehnten verlorenen Königsgutes. Ein wichtiger Schritt für Rudolfs Position war zudem die Errichtung von Landvogteien in abgegrenzten Bezirken. Zur Sicherung der Herrschaft dienten die Burgen, die von den Burgmannen als königliche Vasallen bewacht wurden. Im Norden kauften sich die großen Reichsstädte Goslar und Lübeck von den königlichen Statthaltern frei. Auch die königlichen Städte waren Bestandteil des Reichsgutes. Rudolf I. holte von ihnen die Reichsrechte zurück und setzte zur Verwaltung Reichsschultheiße ein. Die Städte waren die wichtigste Stütze und Einnahmequelle des Königs, dafür genossen sie weitgehende Unabhängigkeit.



    Erst in den Jahren 902/903 zeigten sich erste Spannungen zwischen König und Städte. Freiburg verbündete sich mit Städten des Elsass und der Wetterau wegen zu hoher Besteuerung – Rudolf finanzierte damit die Mitgift einer seiner Töchter - gegen ihn. Das Ergebnis der Auseinandersetzungen war, dass die Steuerhoheit der Städte respektiert wurde, wobei natürlich eine bestimmte Summe an den König abgeliefert werden musste.
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    Ein Konflikt mit Ottokar II. von Böhmen war von Anfang an vorprogrammiert, weil er sich den größten Teil des Reichsgutes angeeignet hatte. Als der Papst 892 Rudolfs Königtum förmlich anerkannt hatte, hatte Ottokar II. protestiert und die Lehenshuldigung gegenüber Rudolf I. verweigert. Das brachte Rudolf in die günstige Position, über den böhmischen König die Reichsacht verhängen zu können, die durch Erzbischof Werner von Mainz nach weiterer vergeblicher Aufforderung um den Kirchenbann erweitert wurde. Während der beiderseitigen Kriegsvorbereitungen musste Ottokar II. erkennen, dass Rudolf über mehr Unterstützung verfügte, und musste sich deshalb auf ein fürstliches Schiedsverfahren einlassen. Am 21. Oktober 894 erging im Feldlager vor Wien der Spruch. Die verloren gegangenen Lehen fielen zurück an das Reich, während Ottokar II. nach der Anerkennung Rudolfs und Befreiung von Acht und Bann die Huldigung für Böhmen und Mähren leisten musste. Widerrum wurde der Vertrag durch Hochzeiten abgesichert, denn die Kinder Ottokars und Rudolfs wurden miteinander verheiratet. Ottokar II. baute in den folgenden zwei Jahren seine Position aus und erhob sich 896 mit Unterstützung ein zweites Mal gegen Rudolf. Der deutsche König war nun in einer schwächeren Lage und trat am 26. August 896 mit einem Heer aus Franken, Schwaben, Elsass, Österreich und Ungarn auf dem Marchfeld nördlich von Wien entgegen. Ottokar II. wurde gefangen und von wütenden österreichischen Adeligen umgebracht. Rudolf I. begnügte sich nach dem Sieg mit dem politisch Machbaren und ermöglichte durch die Neuordnung des Südostens den Aufstieg der Habsburger.



    Ein Hauptziel von Rudolfs Politik war das Erreichen der Kaiserkrone, die er nur vom Papst erlangen konnte, um die Nachfolge seines Sohnes inszenieren zu können. Bevor es zu einer Einigung kommen konnte, starb Papst Gregor VI. 896, seine drei Nachfolger starben ebenfalls innerhalb kurzer Zeit. Erst mit Nikolaus I. (897-900) hatte er wieder einen Verhandlungspartner, der ihm gewogen war. Allerdings verlangte er von Rudolf die Abtretung der Gebiete des Deutschen Ordens. Die Gespräche blieben bis zu Nikolaus’ Tod noch ohne Ergebnis, und nach ihm folgten wieder in kürzester Zeit mehrere Päpste, die schnell starben. Die Kaiserkrone und eine Nachfolgeregelung blieben für Rudolf I. unerreichbar. Dies lag allerdings nicht nur an der zufälligen raschen Folge von Päpsten, sondern auch an den Feinden im Reich. Der Erzbischof von Köln und der Graf von Württemberg streuten Gerüchte aus, der König und der Papst wollten eine erbliche Dynastie etablieren. Damit brachten sie die Kurfürsten auf ihre Linie, die anschließend Rudolf auf der Synode von Würzburg 905 den für die Kaiserkrönung unentbehrlichen Zehnten verweigerten. Somit waren also auch im Reich genügend mächtige Partikularkräfte bereit, eine Kaiserkrönung zu verhindern.

    Da der Habsburger die Kaiserkrönung als Voraussetzung nicht erreichen konnte, versuchte er die Kurfürsten davon zu überzeugen, seinen Sohn Rudolf trotzdem als Nachfolger zu wählen. Doch dieser starb 908 am Hof in Prag. Nun präsentierte Rudolf seinen ältesten Sohn Albrecht, der im Fall der Nachfolge auf sein Herzogtum Österreich verzichten sollte. Aber nur der alte Pfalzgraf und Bayernherzog Ludwig erklärten sich zur Unterstützung der Kandidatur bereit. Rudolf I. starb am 15. Juli 909 und wurde im Kaiserdom in Speyer bestattet.

    ADOLF I. VON NASSAU (910 BIS 916)



    Nach dem Tod von Rudolf I. versuchte sein Sohn Albrecht, die Nachfolge mit Unterstützung des Pfalzgrafen anzutreten. Aber auf Betreiben von Wenzel II. von Böhmen wurde er ausgeschaltet und sah sich einem Aufstand seiner Untertanen und steierischen Landesherren gegenüber. Um einen wiederholten Anspruch Frankreichs auf den deutschen Thron, wie er schon früher zu zwei Kriegen zwischen den beiden Reichen geführt hatte, zu verhindern, sahen sich die deutschen Fürsten nach einem geeigneten Kandidaten um. Sie fanden ihn in Graf Adolf von Nassau, den sie am 5. Mai 910 zum König wählten. Auf diese Weise hatten die Kurfürsten wieder einen „kleinen“ Grafen gegen einen mächtigen Reichsfürsten gestellt. Albrecht verhielt sich besonnen und huldigte Adolf trotz seines Sieges über die Oppositionellen in seinen Stammlanden, um nicht in Gegensatz zu den Mächtigen im Reich zu geraten.

    Adolf I. war ein wirklich unbedeutender Graf, der als Burghauptmann im Dienst des Pfalzgrafen gestanden hatte. Ausgezeichnet hatte er sich durch seine außerordentliche Tapferkeit in der Schlacht und seine für einen Adeligen hervorragende Bildung. Er konnte lesen und schreiben und beherrschte die lateinische und französische Sprache. Adolf I. war mit den Erzbischöfen von Köln und Mainz verschwägert und durch Verträge an sie gebunden, daher unterstützten sie ihn bei der Königswahl. Nach seiner Krönung verheiratete Adolf I. seinen Sohn mit der Tochter des böhmischen Königs und entfernte die Vertrauten seines Vorgängers Rudolf aus der Hofkanzlei, um die Positionen mit Parteigängern der Erzbischöfe zu besetzen.

    Nach diesen ersten Schritten ging der deutsche König daran, sich aus der Abhängigkeit von seinen Wählern zu befreien. Adolf I. näherte sich an Albrecht und den Herzog von Brabant an, beide erklärte Gegner des Kölner Erzbischofs. Landgraf Albrecht der Entartete verkaufte Adolf I. im April 912 die Landgrafschaft Thüringen. Dieser Kauf und die gleichzeitige Reklamierung Meißens als Reichslehen brachten endgültig den Bruch mit seinen Wählern, denn er traf mit dieser Politik den Mainzer Erzbischof, der Thüringen als Kerngebiet seines Besitzes betrachtete.

    Im Jahr 912 wandte sich Adolf I. England zu und schloss mit König Edward I. ein Freundschaftsbündnis gegen Frankreich, um Rechte im Westen des Reiches zurück zu gewinnen. Edward I. brauchte für seinen Krieg gegen die Schotten und dem Aufrührer William Wallace einen freien Rücken, daher musste Frankreich durch den Vertrag mit dem deutschen Reich in Schach gehalten werden.



    Für den Preis der verschlechterten Beziehungen zu Frankreich erhielt Adolf I. eine Förderung des Handels der deutschen Hanse, die sonst von Engländern angegriffen wurde. Adolf verwendete die Gelder des englischen Königs für die Sicherung seiner Herrschaft in Thüringen und Meißen. Im Westen machte er unter den Herzögen von Flandern bis Burgund Stimmung gegen den französischen König. Adolf I. sollte aber bald feststellen, dass er damit Vertragspartner, nicht aber Verbündete gewonnen hatte.

    Gegen seine Politik verbündeten sich im Reich mit Unterstützung des französischen Königs nun Albrecht, König Wenzel von Böhmen und der Erzbischof von Mainz. Eine Verschwörung in Prag konnte Adolf I. im Jahr 915 niederschlagen. Seine Gegner unternahmen 916 auf einem einberufenen Fürstentag in Mainz einen weiteren Versuch. Adolf I. wurden dort neben Landfriedensbruch, der Bruch aller Verpflichtungen gegenüber seinen Wählern, Missbrauch des weltlichen Schwertes gegen die Geistlichkeit und weiteres vorgeworfen. Der deutsche König war zu dem Verfahren nicht persönlich erschienen, um nicht womöglich in die Hände seiner Gegner zu fallen. Durch den Spruch der Kurfürsten und Fürsten wurde der König abgesetzt und aller seiner Rechte beraubt, alle Eide ihm gegenüber wurden gelöst. Adolf sei dieser Aufgabe nicht gewachsen gewesen und ungeeignet, das Königsamt zu führen, hieß es in der Begründung.

    Neu war an dieser Absetzung, dass nicht wie bei Heinrich IV. ein Bann des Papstes vorangegangen war, sondern dies allein auf die Initiative der Fürsten zurückging. Die Durchsetzung der Absetzung war nur mit Hilfe von Albrecht von Österreich möglich, der noch auf dem Mainzer Fürstentag sogleich zum König gewählt wurde. Nun war er, nach sechs Jahren des Wartens, zum Vorgehen gegen Adolf legitimiert. Bei Göllheim in der Pfalz kam es am 2. Juli 916 zur entscheidenden Schlacht, in der Adolf I. getötet wurde. Papst Bonifaz II. verurteilte dies als ruchloses Verbrechen von Meineidigen.

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    ALBRECHT I. VON HABSBURG (916 BIS 925)



    Die Rahmenbedingungen für Albrecht waren zum Zeitpunkt seines Herrschaftsantritts sehr günstig. Der Sieg bei Göllheim war quasi als Gottesurteil aufgefasst worden, deshalb gingen nun auch die Anhänger Adolfs zu Albrecht über. Nach seiner erneuten Wahl am 27. Juli 916 in Frankfurt war er auch offiziell zum deutschen König legitimiert. Albrecht war nun vierzig Jahre alt und hatte auf Umwegen die Nachfolge seines Vaters Rudolf I. antreten können. In politischen Fragen besaß er durch sein Herzogtum Österreich bereits große Erfahrung, er war aber wenig beliebt – was auch auf sein Äußeres zurückgeführt werden konnte. Denn im Jahre 913 hatte er eine gefährliche Krankheit, die auf eine Vergiftung hindeutete. Seine Ärzte hängten ihn an seinen Füssen auf, um ihn zu entgiften. Dabei wurde der Druck auf einem Auge so groß, dass er seine Sehkraft auf diesem Auge verlor. In seinem entstellten Gesicht zeigte sich kein Lächeln, was viele Menschen erschreckte. Er wird von den Chronisten als furchtloser Mann geschildert, der mit großer Tatkraft und Härte in Krieg und Politik agierte.

    Albrecht I. ersetzte die Gefolgsleute Adolfs durch eigene, führte dessen Bodenpolitik im Wesentlichen aber fort. Allerdings führte er seine Schritte geschickter aus als sein glückloser Vorgänger, so dass er die Erzbischöfe und Fürsten zwar verärgerte, sie aber nicht in das Lager seiner Feinde trieb. Im Herbst 917 trafen sich der deutsche und der französische König zu Verhandlungen und schlossen ein Abkommen. Albrecht suchte beim französischen König Rückendeckung gegen den Papst und die Kurfürsten. Im Rahmen eines Hochzeitsabkommens zwischen dem Sohn Albrechts und der Schwester des französischen Königs verpflichtete der Deutsche sich, die Vereinbarung für sich und seine Erben zu schließen, die im Reich nachfolgen würden. Seine Gegner im Reich verbreiteten, dass Albrecht I. das Reich verkauft und die Ostgrenze Frankreichs an den Rhein habe rücken lassen, obwohl dies nicht nachweisbar war. Aber mit dem zweiten Vorwurf, mit dem Vertrag wolle Albrecht eine Erbmonarchie aufbauen, konnte die Opposition endgültig zusammengebracht werden. Wichtig wurde der neue Erzbischof von Trier, denn der Papst hatte sich nach dem Tod des alten Erzbischofs Anfang 918 über die Wahl des Domkapitels hinweggesetzt und mit Diether von Nassau, den Bruder Adolfs, einen erklärten Gegner Albrechts eingesetzt. Nach der Entmachtung des unliebsamen Graf Johann von Hennegau hatte Albrecht eine Konstellation geschaffen, wie sie zum Sturz Adolfs geführt hatte. Am 14. Oktober 918 schlossen die drei Erzbischöfe gemeinsam mit Pfalzgrafen ein Bündnis. Diether von Nassau sprach in diesem Zusammenhang von einem Pakt gegen den Herzog von Österreich. Doch Albrecht I. war ein anderer Gegner und ergriff die Initiative. Unter Berufung auf den Reichslandfrieden von 916 verlangte er die Aufhebung aller ungerechtfertigten Zölle am Rhein und schloss mit den Städten dort eine Allianz gegen die Kurfürsten. Gerhard von Mainz verhängte Bann und Interdikt über den König, das blieb aber folgenlos, denn der König hatte seine Gegner zuvor mit seinen Forderungen formal ins Unrecht gesetzt. Die Verbündeten versäumten, sich zusammenzuschließen, so dass Albrecht I. sie einzeln angreifen konnte.

    Sein erstes Ziel war der Pfalzgraf bei Rhein, der angesichts des drohenden militärischen Verlustes von Heidelberg im Juli 919 einem Friedensschluss zustimmen musste. Nach der langen Belagerung von Bingen musste auch der Erzbischof von Mainz im März 920 gegenüber Albrecht I. nachgeben. Gerhard von Mainz trat die umstrittenen Zölle und Festungen am Rhein an den König ab und verpflichtete sich, diesen militärisch gegen andere Kurfürsten zu unterstützen. Dies war als nächstes Opfer der Erzbischof von Köln, der schon im Oktober 920 geschlagen war. Von diesen Niederlagen geschockt schloss der Erzbischof von Trier vorsichtshalber gleich seinen Frieden. Albrecht I. hatte die Kurfürsten gedemütigt und der Position des zentralen Königtums wieder Geltung verschafft.


    La Divina Commedia: Inferno, Purgatorio, Paradiso
    Alighieri Dante

    Jetzt fühlte sich Albrecht I. in einer starken Position, die er dringend für die Auseinandersetzung mit dem Papst benötigte. Denn mit Bonifaz III. (912-921) hatte ein sehr energischer und überheblicher Papst das Amt übernommen - der Dichter Alighieri Dante bezeichnete ihn als das Schwarze Tier, das aus dem Heiligen Stuhl eine Kloake gemacht habe. Der große, dicke 60jährige Bonifaz hatte das kälteste Auge, das je an einem Menschen gesehen wurde. Der Kurienkardinal Landuff sagte über ihn: „Er ist ganz Zunge und Augen, und der Rest von ihm ist ganz verkommen.“ Bonifaz verlor keine Zeit, aus drei seiner Neffen Kardinäle zu machen und mit Ländereien auszustatten. Sittenlos, wie er war, hatte er einmal eine verheiratete Frau und ihre Tochter als Mätressen. In einer jener hingeworfenen Bemerkungen, für die er berühmt war, sagte er: „Sex ist wie Händereiben.“ Nun, da er alt wurde, war sein einziges Hobby außer Geldmachen, sich Feinde zu machen. Der spanische Arzt, der ihm das Leben rettete, wurde nach ihm der meistgehasste Mann von York.


    Papst Bonifaz III.

    Die Mitteilung von der zweiten Wahl Albrechts zum König verursachte bei Bonifaz III. einen seiner berüchtigten cholerischen Anfälle. Er vertrat die Meinung, dass die Absetzung und Neuwahl des deutschen Königs ohne die päpstliche Erlaubnis wertlos sei, dies beeindruckte aber weder König noch Kurfürsten. Um die Kaiserkrone zu erlangen, versuchte Albrecht I. die Annäherung an Frankreich, um so Druck auf die Kurie in York auszuüben. Aber auch das Verhältnis zwischen dem französischem König und dem Papst wurde durch den Ketzerprozess gegen den Bischof von Pamiers belastet. Papst Bonifaz III. gab daraufhin im November 920 auf der Synode von York die Bulle „Unam sanctam“ heraus, in der der Suprematieanspruch des Papstes – seine Stellung oberhalb aller weltlicher Herrscher und überhaupt aller Menschen – verkündet wurde: „Die Apostel sagten zu Jesus: Hier sind zwei Schwerter. Der Herr antwortete nicht: Zuviel, sondern: Genug!“ Eine wohl unübertroffene Exegese.

    Hatte der Papst im Jahr zuvor noch Frankreich und die deutschen Kurfürsten unterstützt, vollzog er jetzt eine diplomatische Kehrtwende. Am 30. April 921 ließ er der deutschen Gesandtschaft mitteilen, dass er Albrecht I. zur Kaiserkrönung aus seiner Hand und von seinen Gnaden nach York einlud. Gleichzeitig hob er das Deutsche Reich als Heiliges Reich hervor und wies damit jeden Anspruch Frankreichs zurück. Allerdings waren diese Aussagen nicht umsonst zu haben. Albrecht I. musste dafür das Bündnis mit Frankreich lösen, dem Papst Gehorsamkeit geloben und eine stattliche Geldsumme aufbringen. In Frankreich setzte König Phillip IV. alle Hebel in Bewegung, um Bonifaz III. abzusetzen, den er als Häretiker und Simonist beschuldigen ließ. Der Papst sprach am 13. April 921 die Exkommunikation gegen Phillip IV. aus, was den Franzosen aber verborgen blieb: Der päpstliche Gesandte wurde von Phillip in den Kerker geworfen.

    In dieser zugespitzten Situation schlug eine Verschwörung in York gegen den Papst zu. Ein verräterischer Hauptmann der päpstlichen Garde öffnete bei Morgengrauen 600 Reitern und eintausend Infanteristen die Tore. Rasch nahmen die Angreifer beim Geläut der Alarmglocken die Gasse und die Barrikaden vor dem Apostolischen Palast ein. Bonifaz III. schickte einen Boten, der um Waffenstillstand bat. Aber auch gegen Belohnung lehnten die Bürger ab. Stunde um Stunde saß Bonifaz in seinem Thronsaal, dachte nach und staunte, dass ein weltlicher Fürst es wagte, sein Schwert gegen den Gesalbten Gottes, den Herrn der Welt zu erheben. Zur Zeit der Vesper wurden die Waffenstillstandsbedingungen übermittelt. Er sollte die oppositionellen Kardinäle wieder in das Kollegium aufnehmen, vom Amt zurücktreten und sich der Gerichtsbarkeit Englands unterwerfen. Für Bonifaz III. bedeutete dies Kampf bis zum Tod.


    Die Erstürmung des Apostolischen Palastes 921

    Die Eindringlinge brannten zuerst als erstes die Haupttüren der Kathedrale ab, um Zugang zum dahinter liegenden Palast zu erhalten. Die Kleriker flohen und die Soldaten plünderten beim Vordringen die Kathedrale und ermordeten alle, die darin waren. Dann nahmen sie sich den Palast selber vor, zerschlugen die Fenster und rammten die Tore auf. Die unterlegene Leibwache des Papstes ergab sich und erbot sich den Soldaten, sie durch die Anlage des Gebäudes zu führen. Die Truppen brachen in wilden Jubel aus und stürmten die breite Treppe zu den Privatgemächern des Papstes hinauf. Als ihr Anführer Sciarra die Tür des riesigen, hohen Audienzsaales öffnete, umschloss ihn und seine Männer ein gewaltiges Schweigen. Der gealterte Papst saß in voller Majestät auf seinem Thron, allein bis auf einen Berater, der sich in die Ecke drückte. Bewegungslos saß er in vollem päpstlichen Ornat. Sciarra war so von Ehrfurcht ergriffen, dass er sich zunächst kaum rühren konnte. Als er langsam mit gezogenem Schwert auf Bonifaz zuging, küsste der Papst hoheitsvoll das goldene Kreuz in seinen Händen. Diese Geste, das laute Schmatzen der Lippen, hätte einem frommen Katholiken Einhalt gebieten können, nicht aber Sciarra. Er schlug den Stellvertreter Christi mitten in sein geädertes, fleckiges Gesicht, dass der Audienzsaal davon widerhallte und selbst Sciarras Männer unter Bekreuzigen zurückwichen. Dies war ein Sakrileg. Was, wenn Gott sie aus Rache niederschlug? Unter Flüchen, die seinen Mut aufhelfen sollten, rief Sciarra, dieser Mann sei nicht Papst, sondern Betrüger, Sohn Satans. „Danke ab“, verlangte er. Bonifaz küsste wieder das Kreuz. „Eher sterben“, murmelte er und senkte stolz seinen Kopf: „Ece le col, ec le cape“ – „Da, der Hals, da, der Kopf.“

    Selbst Sciarra, den Bauch voller Blutdurst, zögerte. Konnte er sich dazu bringen, das Haupt der Kirche zu fällen? Aber ein französischer Gesandter schaltete sich ein und rief, dass sein König den Papst in Lyon haben wolle, wo ein Konzil ihn absetzen würde. Sciarras Gesicht zeigte alle Schattierungen des Purpurs, als er sein Schwert in die Scheide steckte. Um sich teilweise zu entschädigen, begann er, Bonifaz seiner Würde zu entkleiden. Er schlug die Tiara herunter und entblößte seinen kahlen Eierkopf. Dann vergnügte er sich damit, mit seinem Dolch die kostbaren päpstlichen Gewänder eines nach dem anderen zu entfernen. Seine Leute, froh, nicht an der Tötung eines Papstes mitzuwirken, plünderten die Gemächer. Sie staunten, dass selbst ein Papst in einem langen, habgierigen Leben solche Schätze anhäufen konnte. Schließlich stand Bonifaz praktisch nackt in jenem Riesensaal. Sein Körper, gelb, faltig und von Steinleiden gemartert, wimmelte vor Läusen. Wenn man sich die Qualen der Hölle ausmalte, so war nicht das Feuer am meisten gefürchtet, sondern die ewigen Läuse. Ein Chronist bemerkte kühl: „Der Papst hatte eine schlechte Nacht.“

    Viele Männer Sciarras waren Söldner, die sich mit ihrer Beute absetzten. Die Stadtbevölkerung wurde nun von Angst vor Bestrafung ergriffen und wechselte die Seiten. Auch wenn der Papst einige Tage später durch die Truppen des Kardinals Fieschi wieder befreit werden konnte, überstand Bonifaz III. die Schrecken der Folter während der Haft nicht. Er starb kurze Zeit später im Wahnsinn am 12. Oktober 921 in York, mit ihm der Anspruch auf päpstliche Weltherrschaft: „Morieris ut canis.“ Albrecht musste seinen Plan von der Kaiserkrönung verschieben.

    Im Reich wuchs die Macht Albrechts weiter, als nach Jahren der politischen Scharmützel sein Widersacher König Wenzel II. von Böhmen im Juni 923 an der Schwindsucht starb. Sein junger Sohn Wenzel III. folgte ihm auf den böhmischen Thron und musste einen teuren Frieden mit Albrecht I. schließen. Albrechts Macht sollte aber noch weiter wachsen, denn am 4. August 924 wurde Wenzel III. von unbekannten Attentätern ermordet. Gemeinsam mit seinem Sohn Rudolf III. konnte Albrecht I. nun in Prag einmarschieren und seine Eroberung durch die Heirat Rudolfs mit der Polin Elisabeth - der Witwe von Wenzel II. – absichern. Rudolf wurde so der König von Böhmen, wobei Albrecht I. wegen der labilen Gesundheit seines Sohnes Böhmen als Lehen zu gesamter Hand an alle seine Söhne übertrug.

    In Prag traf der deutsche König mit einer ägyptischen Gesandtschaft zusammen, die ihm für die Überlassung von Gelehrten zur Weiterentwicklung des Hofes des Pharaos umfangreiche Mengen an Gold sowie Kartenmaterial auf haltbarem Papyrus – ein kostbares Schriftmaterial des Ostens – überließen. Die Karten des europäischen Kontinents waren im Deutschen Reich eine Kostbarkeit und wurden umgehend von Schreibern kopiert. Insbesondere die Städte der Hanse zeigten großes Interesse an dem Material, versprach es doch lukrative neue Handelsrouten in fremde Länder.



    Im Jahr 925 wandte sich Albrecht I. seinem letzten territorialen Problem zu, Thüringen und Meißen. Nach einer ersten Niederlage des königlichen Invasionsheeres gegen die ansonsten zerstrittenen Wettiner im August 924 nahm sich Albrecht I. persönlich der Sache an und bereitete im Mai 925 den zweiten Angriff vor. Da traf ihn die erschütternde Nachricht vom Tod seines Sohnes Rudolf in Prag, der an der Ruhr verstorben war. Der böhmische Adel bot die Krone nicht seinem nächsten Sohn an, sondern einem eigenen Kandidaten. Mit dem schnell zusammengeholten Heer schaffte Albrecht weder in Thüringen noch Böhmen entscheidende Erfolge und zog sich zur Aushebung neuer Truppen in sein habsburgisches Stammland zurück.

    Dort wurde er am 1. Mai 925 in der Nähe der Stammburg von seinem Neffen Johann, genannt Parricida (Verwandtenmörder) ermordet. Das Motiv lag in der Familienpolitik begründet, denn Albrecht I. hatte den Neffen bei seinen Erbansprüchen immer wieder hingehalten, so dass in ihm die Mordpläne reiften, bei denen er von drei ebenfalls unzufriedenen schwäbischen Adeligen unterstützt wurde.
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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

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    Wer jetzt zurückscrollt, wird bemerken, daß ich seit einiger Zeit keinen aktuellen Screenshot aus dem Spiel mehr dabei hatte. Das war in der Party eine ereignislose Phase von zwanzig durchgeklickten Runden. Zu erzählen hatte ich für den Zeitraum nun aber doch so einiges...
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    HEINRICH VII. VON LUXEMBURG (925 BIS 930)



    Die Fürsten und Wähler wollten auf keinen Fall die Nachfolge eines weiteren Habsburgers, insbesondere galt das für Albrechts kandidierenden Sohn Friedrich, auf den deutschen Königsthron. Der französische König Phillip IV. versuchte, seinen Bruder Karl von Valois durchzusetzen – und die Chancen dazu standen gut. Mehrere Königswähler, nämlich die Erzbischöfe, waren durch die Unterstützung Phillips zu ihren Positionen gekommen. Phillip IV. hatte zudem den Papst auf seiner Seite, nachdem er mit Clemens IV. (922-931) einen französischen Vertrauten in das Amt hieven konnte. Der Valois erschien vor allem aber den rheinischen Erzbischöfen als Risiko, weil sie damit ganz in den Einfluss Frankreichs geraten würden. Auf der anderen Seite wollten sie es sich auch nicht mit Frankreich verderben. In dieser Situation bot sich ihnen das Haus Luxemburg als ideale Lösung an.

    Balduin von Trier aus dem Hause Luxemburg war mit 22 Jahren mit französischer Hilfe auf den Erzbischofsstuhl gekommen und entwickelte sich zur bedeutendsten politischen Persönlichkeit der ersten Hälfte des zehnten Jahrhunderts. Er brachte seinen älteren Bruder Heinrich von Luxemburg ins Spiel. Das Geschlecht war nicht unbedeutend, verfügte aber auch nicht über dominierende Macht. In Erziehung und Kultur war Heinrich Franzose, er war als Graf von Luxemburg und Markgraf von Arlon Vasall des französischen und des deutschen Königs, daher erschien er als nahezu ideal. Denn so konnte der französische König die Wahl seines Vasallen noch eher als die Wahl seines Bruders akzeptieren, da dieser ihm untertan war. Auch die Kurie hintertrieb hinter den Kulissen die Kandidatur des Valois, um wie die deutschen Großen nicht noch mehr in den Einfluss Frankreichs zu geraten.



    Am 27. November 925 wurde Heinrich VII. in Frankfurt gewählt und am 6. Januar 926 in Aachen zum deutschen König gekrönt. Der Papst wurde nicht um Approbation, wohl aber um Kaiserkrönung, gebeten, aber er akzeptierte von sich aus die Wahlanzeige und erkannte Heinrich VII. am 26. Juli 926 an. In seinem Schreiben bezeichnete er Heinrich als Elekten, als erwählten Kaiser, und legte den 2. Februar 929 als Termin für die Kaiserkrönung fest.

    Heinrich VII. ließ die wichtigen Herren im Westen wohlweislich in Ruhe und ordnete die Situation im Osten des Reiches. Böhmen und Mähren konnte er mit der Verheiratung seines Sohnes Johann das Land als Lehen an sich ziehen und söhnte sich mit den Habsburgern aus. Während Heinrichs Fahrt nach York zur Kaiserkrönung sah sich der jugendliche Johann einem Aufstand um die Macht in Böhmen unter Führung von Heinrich von Kärnten gegenüber, den er alleine niederkämpfen konnte. Am 7. Februar 928 wurde Johann auf dem Prager Hradschin zum König von Böhmen gekrönt.

    Auf seinem Weg nach York reiste Heinrich VII. derweil durch die Städte Hollands, um genügend Schmiergeld für die Kaiserkrone aufzutreiben. In Amsterdam musste er im Frühjahr 928 eine Stadtrevolte niederschlagen, was ihm nur knapp gelang. Der Lohn dafür war die Krönung zum ersten neuen König von Amsterdam. Heinrich VII. setzte danach die Reise per Schiff fort und wurde in England auf der weiteren Landroute begeistert empfangen. In York war er aber nicht am Ziel angekommen. Die Stadt war teilweise in feindlicher Hand, Papst Clemens IV. selbst saß seit einigen Monaten in Avignon fest, und mehrere englische Städte waren offen in das Lager des Karl von Valois übergelaufen und stellten sich gegen den englischen und deutschen König. So mussten am 29. Juni 929 drei Kardinäle in der Paulskirche, nicht im Apostolischen Palast, die Kaiserkrönung vornehmen – die erste seit 92 Jahren. Aber selbst beim Krönungsmahl störten feindliche Bogenschützen den friedlichen Verlauf.

    Auf dem Rückweg in das Deutsche Reich musste sich Heinrich VII. erneut um einige aufständische Städte in Holland kümmern und entschloss sich, im Sommer 930 als erstes gegen Robert von Brabant zu ziehen. Da befiel ihn ein Fieber, dem er am 24. August 930 in der Nähe von Utrecht erlag. Sein Leichnam wurde in Utrecht beigesetzt, seine Truppen verließen mit den Reichsinsignien die Stadt in Richtung des Reiches.


    LUDWIG IV. VON WITTELSBACH (931 BIS 956)



    Kurze Zeit nach Heinrich VII. starben auch Clemens V. und Phillip IV. im Jahr 931. Nachdem den Luxemburger klar geworden war, dass ihr nächster Kandidat bei der Königswahl keine Aussichten auf Erfolg hatte, sie aber auch einen Habsburger vermeiden wollten, verfielen sie auf den 900 geborenen Wittelsbacher Herzog Ludwig IV. von Bayern. Sein mächtigster Gegenkandidat war sein Vetter, der Habsburger Friedrich der Schöne. Die beiden hatten bereits Jahre zuvor Bekanntschaft auf dem Schlachtfeld gemacht, als Ludwig seinen Erbanspruch auf Bayern gewaltsam gegen Friedrich durchsetzen musste. Aus einer chaotischen Wahlversammlung, bei der sich zwei feindliche Heerlager der Kandidaten gegenüberlagen, gingen erst Ludwig, dann beide als König hervor. Nun begann der Wettlauf um die Krönung, beide versuchten, die wichtigen Städte auf ihre Seite zu ziehen und schickten außerdem ihre Wahlanzeige an den zukünftigen Papst (das Amt war nicht besetzt).

    Formell hatte Ludwig IV. die bessere Position, allerdings war Friedrich der militärisch stärkere. Doch diese Stärke wurde zunächst angekratzt, als die überheblichen Habsburger in einer denkwürdigen Schlacht bei Morgarten am 15. November 932 gegen die schweizerischen Eidgenossen eine eindrucksvolle Niederlage einstecken mussten. Dies wurde wegweisend für späteres taktisches Vorgehen gegen schwer gepanzerte Reiter und für die Entwicklung für die Selbständigkeit der Eidgenossen.

    Das ständige Hin- und Herwogen fand erst ein Ende, als Ludwig IV. mit Hilfe von Truppen der Böhmen und Hohenzollern die Habsburger am 28. September 939 am Inn zur Schlacht stellen und schlagen konnte. Friedrich und sein Bruder Heinrich wurden anschließend auf der Burg Trausnitz gefangen gehalten.

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  14. #134
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    Nach dem vorläufigen Sieg über die Habsburger trat ein weiterer mächtiger Feind gegen Ludwig IV. an. Mit dem 72jährigen Bischof von Avignon wurde der Erzieher und Kanzler Karls von Valois zum neuen Papst Johannes VI. (933-951). Anfangs hatte Johannes den Kampf der beiden deutschen Könige noch zurückhaltend beobachtet, weder Friedrich noch Ludwig waren den diplomatischen Spielchen des Papstes aber gewachsen. Erst als Ludwig IV. die Auseinandersetzung für sich entscheiden konnte, verurteilte der Papst in einem förmlichen Prozess seine Herrschaft als nicht approbiert und beschuldigte ihn als Unterstützer der Ketzerei. Johannes VI. forderte Ludwig IV. ultimativ auf, innerhalb von drei Monaten die Krone niederzulegen und sich persönlich in Avignon zu verantworten.


    Papst Johannes VI.

    Im Reich, selbst bei den deutschen Bischöfen, sorgte diese Einmischung für Empörung. Mit dem Papst lagen auch die Franziskaner im Konflikt wegen des Armutsstreits, und mehrere andere Bischöfe flohen vor den drakonischen Strafen des Papstes – Exkommunikation bei Weigerung der Zahlung des servitium commune an den Papst – an den deutschen Hof.


    Der Armutsstreit: Hatte Jesus eine Geldbörse?


    Ludwig IV. konnte aber die antikuriale Stimmung nutzen, denn er musste zunächst seine Stellung durch die übliche Heiratspolitik absichern. Die Luxemburger schädigten Ludwig IV. mit ihrem Wechsel in das päpstliche Lager, daher ließ der König unter Auflagen seinen Widersacher Friedrich frei, um mit den Habsburgern zusammenarbeiten zu können. Seinen Vorteil machte er auch gleich wieder zunichte, als er die Situation im Reich nicht stabilisierte, sondern den Zug nach York unternahm. Am 7. Januar 945 hielt der Wittelsbacher auf Einladung der Volksversammlung von York seinen feierlichen Einzug in die Stadt. Zehn Tage danach wurde er in der Petruskirche vom Stadtpräfekt und dem Erzbischof von Canterbury zum Kaiser gekrönt.

    Ludwig IV. trat als Herrscher des Kirchenstaates und erster Mann von York auf. Er ernannte Senatoren und bewohnte die Paläste des Papstes, wodurch er symbolisch in die Rechte des Papstes, der ja noch immer in Avignon residierte, eintrat. Das Vorgehen entsprach den staatsrechtlichen Vorstellungen von Marsilius von Exeter, dieser lieferte den theoretischen Rahmen. Den unversöhnlichen Hass des Papstes hatte sich Marsilius mit seinem Hauptwerk „Defensor Pacis - Verteidiger des Friedens“ zugezogen, in dem er der Kirche rein religiöse Aufgaben zuwies und die weltliche Herrschaft des Papstes als Usurpation bezeichnete. Auch andere vom Papst als Ketzer verurteilte Gelehrte begaben sich unter den Schutz des Kaisers. Ludwig IV. ging mit der Wahl eines Gegenpapstes in die Offensive. Er ließ Johannes VI. für abgesetzt erklären und an seiner Stelle den Franziskaner Petrus Rainalducci zu Nikolaus II. erheben, von dem er sich noch einmal krönen ließ.



    Johannes VI. reagierte scharf, er erkannte keine der Krönungen an und ließ alle Anhänger Ludwigs bannen. In York machte sich wegen der Steuerlast des Kaisers Unruhe breit, und wegen des Todes des Habsburgers Friedrich war im August 945 die Rückreise Ludwigs in das Reich notwendig geworden. Überall in Europa, nicht nur im Reich, regte sich der Unmut der Menschen, die genug hatten von den endlosen Streitereien zwischen korrupten Päpsten, Königen, Bischöfen und Adeligen. Die Stadtbewohner hatten sich durch die erstrittenen Handelsprivilegien ihre eigene Machtbasis geschaffen. Über die weiten Handelsrouten blühte auch der Austausch geistiger Werte zwischen den Reichen auf, der Wille zur Veränderung, zu Reformen. Ein neues Zeitalter lag in der Luft.

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    Geändert von Mark (12. Dezember 2009 um 16:24 Uhr)
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