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Thema: Die Bovaner

  1. #1021
    Der einzig wahre Falke Avatar von Hawkeye
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    Die Bovaner

    Kapitel 284 Wer kauft schon Wolle im Frühling?


    Metrak ärgerte sich. Schon wieder. Mit zusammengezogenen Augenbrauen durchschritt er energisch den Raum.
    Den Tisch mit den vielen Papierrollen hinter sich lassend, stapfte er durch den schmalen Torbogen hinein in einen weiteren Raum des Gebäudes. Dieser war größer als seine Arbeitsnische. Erheblich größer.

    Unter der hohen Decke stapelten und zwängten sich allerlei Kisten, Krüge, Säcke, Ballen und unzählige Fässer. Fast bis zur grauen Decke reichten die gestapelten Waren. Es waren so viele, dass durch die oberen Öffnungen im Mauerwerk das Tageslicht kaum den abgenutzten Marmorboden berührte. Es war eng, stickig und dunkel. Die wenigen Öllampen rußten ohne große Helligkeit erzeugend ziemlich nutzlos von den Wänden. Die staubige Luft stand im Gebäude und kein Luftzug sorgte für ein wenig Abkühlung. Jetzt, wo das Jahr fortschritt, stiegen auch tagsüber die Temperaturen wieder an. Bald würde es so heiß werden, dass der Lagerraum einem gemauerten Lehmbackofen glich.

    Doch noch war Spätfrühling. Noch war es erträglich. Allerdings nur für die Schreiber und die Boten. Die Sklaven mussten die körperlich schwere Arbeit verrichten. Ihre nackten Leiber glänzten vom Schweiß und ihr penetranter Körpergeruch vermischte sich mit dem Duft der gelagerten Waren. Feiner Ledergeruch, stark duftendes Tannenholz der Kisten und Fässer, harter Geruch von roher Wolle, leicht süßlicher Duft der Öle, salziger Trockenfisch, kühler Geruch von Metall und Eisen und ein zartes Bukett von kostbaren Gewürzen. Gemischt mit dem Schweiß der Sklaven, dem penetrant stinkenden Kot der Ratten, die das Korn verzehren und dem Gestank der Packtiere entstand eine einmalige Duftkomposition, die jeden Neuankömmling schwindlig werden ließ. Manch neuer Sklave verlor das Bewusstsein und fiel während der anstrengenden Arbeit einfach um.

    Bisher hatten die schwachen Gemüter aber meistens Glück gehabt und sie wurden aufgefangen bevor sie zu Boden stürzten. Im vorigen Jahr gab es allerdings einen Todesfall unter den Sklaven. Niemand sah den Unglücklichen von oben herabfallen. Erst als sein schlaffer Körper hart auf dem Marmorboden aufschlug und platzte, wie ein prall gefüllter Weinschlauch, wurde reagiert. Doch niemand versuchte dem Gestürzten zu helfen. Es wäre auch aussichtslos gewesen, da seine Innereien und sein Hirn sich im nahen Umkreis verteilt hatten. Die Leiche wurde herausgetragen, auf einen Wagen geworfen und mit dem übrigen angefallenen Müll im nahen Fluss entsorgt. Die blutgetränkten Kisten und Ballen wurden, so gut es ging, gesäubert und die verpackten Waren zu einem Sonderpreis schnell weiterverkauft. Nur der dunkle Fleck auf dem hellen Marmor deutete daraufhin, dass hier Blut floss. Allerdings sind seit dem Vorfall viele tausend Schritte über diese Stelle gelaufen, so dass es einem Unkundigen nicht weiter auffiel.
    Nur ein schmaler Gang inmitten der aufgetürmten Waren verlief durch den Lagerraum. Zu beiden Seiten des rechteckigen Gebäudes erhoben sich mächtigen Torbögen, durch die die Waren hinein-und hinaus transportiert wurden. An der rechten Außenwand führte eine wacklige Holztreppen zum oberen Stockwerk, wo weitere Handelswaren gelagert wurden. Es handelte sich um Güter, die lange haltbar waren. Bauholz aus dem Norden, Metall aus den Minen und Tongefäße aus Ligurien.

    Die leicht verderblichen und stark nachgefragten Dinge und Güter lagerten im Hauptraum. Zurzeit herrschte eine rege Nachfrage nach Salz. Die Woche davor gingen Getreide und Hanf gut, und letzten Monat wollten alle das billige Öl haben, welches mit der letzten Karawane aus dem Süden kam.
    So mussten die Sklaven stets das Warensortiment neu umgestalten. Die alte Ware musste herausgetragen werden, die entstandenen Lücken wurden schnellstens mit neuen Gütern gefüllt und dann wurde alles wieder neu sortiert. Tagein, Tagaus. Ohne Pause. Das Leben in einem bovanischen Lagerhaus glich einem emsigen Bienenvolk in seinem Stock.

    Das Lagerhaus und die darin liegenden Waren hatten eine Größe erreicht, die ein Mann alleine nicht mehr überblicken konnte. Deshalb hatte Metrak für bestimmte Erzeugnisse einzelne Schreiber bestimmt, die in seinen Namen handelten und feilschten. Metrak wollte sich aus dem Tagesgeschäft in Zukunft mehr und mehr zurückziehen und nur die großen, wichtigen Tauschhandel mit zahlungskräftigen Kunden durchführen. Metrak wollte sich so mehr Zeit nehmen, die Aufzeichnungen zu kontrollieren und seinen Gewinn zu zählen. An den meisten Tagen funktionierte sein System auch. Doch manchmal lief etwas aus dem Ruder oder ein Handel wurde nicht gewinnbringend zum Abschluss gebracht. Jedesmal stieg die Wut in Metraks kleine Gestalt, wenn einer seiner Bediensteten sich mal wieder einen Fehler geleistet hatte. So wie dieses Mal.

    So stapfte Metrak schnaubend durch den engen Gang Richtung Torbogen. An dessen linken Seite stapelten sich gerade die Jutesäcke, die vom nahen Wagen entladen wurden. Metrak kannte die Säcke zu gut. Seit seiner Kindheit, als er seinem Vater im Lager half, kannte er diese Säcke. Er hasste sie. Der Stoff ist hart und trocken, die Haut an den Händen wird brüchig und reißt, was am Anfang sehr schmerzhaft ist. Erst später bildete sich die schwielige Hornhaut. Dazu waren diese Säcke schwer und unhandlich. Man konnte sie mit den Armen nicht umgreifen, dafür waren sie zu groß. Auf dem Kopf konnte man sie ebenfalls nicht tragen, dafür waren sie zu schwer. Das Genick litt unter dem Gewicht und schmerzte permanent. Irgendwann bekam man einen starren Hals. Die Säcke wurden auf dem gebeugten Rücken getragen. Jemand half beim hochheben und dann lastete das Gewicht auf den gebeugten Körper. Abends taten einem alle Knochen weh.

    Meltrak arbeitete nicht mehr schwer und musste schon lange keine Säcke mehr hochwuchten aber die Erinnerung an die weit zurückliegende Kinderzeit mit der harten Arbeit und die groben Jutesäcken ließ ihn immer wieder erschauern.

    Schnell wischte er die Gedanken an seine Kindheit zur Seite, zählte die Säcke, die auf dem Boden lagen und dann die, die noch auf dem Wagen lagerten. Insgesamt 37 Jutesäcke gefüllt mit Rohwolle aus Ostbovanien.
    „Bringt die Säcke rein. Beeilt euch.“ Metrak sprach laut und gebieterisch. Die buckelnden Sklaven gehorchten und legten einen Zahn zu. Ein namenloser Schreiber erschien und zeigte Metrak die Tonscherbe. Auf ihr waren der Name und das Siegel des Händlers, von dem die Ware stammte, die Menge der Wolle und des getauschten Gutes sowie der ausgehandelte Preis in einfacher Keilschrift notiert. Am unteren Ende deutete ein einfaches Symbol daraufhin, wer den Handel abgeschlossen hatte.

    Die vier waagerechten Balken zeigten es. Metrak überflog die Zeilen und traute seinen Augen nicht.
    Starak hatte insgesamt 37 Säcke Wolle von Hunaka dem Wayrether gekauft. Dafür erhielt er 10 Krüge einfaches Öl zum Braten von Speisen, sechseinhalb Ballen marthonsiche Leinen und 1 kleines Fass Pech. Metrak ging den Waren und deren Wert im Kopf durch. Das billige Öl war kaum von Wert, sie hatten genug davon, um halb Bovana damit zu versorgen. Für 10 Öl hätte Metrak vielleicht ein Schwein bekommen.

    Ein erwachsenes Schwein, das reif für den Schlachter war. Oder zwei Kisten mit Äpfeln vom Vorjahr. Die rote Sorte, die keiner haben will, weil sie so sauer sind. Oder ein Doppelsack Korn von bovanischen Feldern, nicht das minoische Getreide. Das war viel zu teuer.

    Ein halben Barren Kupfer hätte er vielleicht auch bekommen. Aber nur wenn der andere Händler einen schlechten Tag und keinen Lust zum Handeln hatte.
    Metrak konnte mit der verkauften Menge Öl gut leben.
    Dann die sechseinhalb Ballen Leinen. Das war etwas anderes. Das war nicht irgendein Leinen sondern marthonisches Leinen! Das Beste und reinste, was es im Umkreis gab. Das billige Leinen aus Corhallia, wenn man denn welches bekam, war keinen Fliegenschiss wert.

    Es ließ sich schlecht bearbeiten und noch schlechter färben. Leinen war grundsätzlich schon schwer zu färben aber das aus dem Westen war nicht zu gebrauchen. Das Leinen aus Barthel ebenfalls nicht. Obwohl es besser war als, das aus Corhallia. Damit konnte man wenigstens einfache Brustpanzer herstellen.
    Für einen Ballen marthonsiches Leinen hätte man auf dem Markt sicher 5 oder 6 junge Schweine bekommen. Für sechseinhalb Ballen also eine kleine Schweineherde für die Zucht oder als großzügiges Opfer für den Götter.
    Kupfer und Eisen bekäme man für einen Ballen Leinen in rauen Mengen. Mindestens 10 Barren Kupfer oder 5 Klumpen Eisenerz. Für die sechseinhalb Ballen könnte man einen mittleren Wagen mit Metall füllen und hätte dann immer noch ein gutes Geschäft gemacht.

    Oder man könnte drei Fässer mit Trockenfisch tauschen. Vielleicht wäre ein Ballen auch vier Klafter Bauholz wert. Nein. Fünf Klafter, wenn ich mich nicht irre. Nachdenklich schaute Metrak kurz ins Leere und versuchte sich zu erinnern, ob er schon einmal fünf Klafter Bauholz getauscht hatte.
    Letzten Winter? Oder war es der Herbst davor? Aber was hätte ich dafür gegeben? Ach, ich und mein Gedächtnis. Metrak schüttelte den Kopf und resignierte. Er konnte sich nicht erinnern. Die Aufzeichnungen müsst er durchschauen. Zurück zum Leinen. Sechseinhalb Ballen. Ein ganz schöner Batzen! Da war das Öl kaum die Rede wert.

    Doch nun zum Frevel. Wie kann Starak es wagen ein Fass Pech für Wolle zu tauschen? Und dann auch noch mit einem Wayrether? Ihr Götter, wollt ihr mich für etwas strafen? Habe ich in meinem Leben nicht ehrlich und tugendhaft gehandelt? War ich kein treuer Diener des Cepheus-ak? Habe ich nicht stets einen kleinen Obolus an den Tempel entrichtet und gebetet, wenn es nötig war?

    Metrak konnte es nicht fassen. Einfache Wolle für ein wertvolles Fass Pech und dann auch an einen Wayrether verkauft. Die Wayrether leben für den Krieg, den sie gegen die ketzerischen Sarimiden führen und benötigen Güter für den Krieg. Eisen und Bronze für die Waffen und Rüstungen, Leder für Gurte und Riemen, Holz für Pfeile und Lanzen, Nahrungsmittel und natürlich Pech und Öl, um ein Feuer am Leben zu halten.

    Die Wayrether tauschen alles für Pech und gutes Öl. Man kann sich aussuchen, was sie hergeben. Aber doch keine Wolle!
    „Wo ist Starak jetzt?“, raunte er den Schreiber böse an.
    „Auf dem Westmarkt, Herr.“, stammelte dieser erschrocken.
    „Nimm dir ein paar Leute und hol ihn her. Sofort!“, befahl er dem überraschten Schreiber.
    „Hierher?“, fragte er unsicher.
    „Hast du damit ein Problem? Dann hau ab und komm niemals wieder.“
    „Nein, Herr. Ich gehorche. Ich werde Starak herholen“, winselte er als ginge es um sein Leben.
    Der Schreiber winkte einigen kräftigen Sklaven herbei, die gerade eine einfache Mahlzeit einnahmen und befahl ihnen ihm zu folgen. Mit festem Schritt marschierte der kleine Trupp durch das offene Haupttor auf die stark bevölkerte Straße.
    Metrak sah verärgert auf die Wolle in seinem Hof. Wer will im Sommer schon Wolle kaufen? Na warte. Der kann was erleben.

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  2. #1022
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    Die Bovaner

    Kapitel 285 Keine Schuld



    Metrak kehrte in seine Arbeitskemenate zurück, setzte sich auf den harten Holzhocker und ging die letzten Geschäfte noch einmal durch. Die Tonscherben, auf denen alle Informationen der Handelsaktivitäten dokumentiert waren, lagen als Haufen fein säuberlich aufeinander gestapelt. Der halbe Arbeitsplatz war von ihnen bedeckt. Metrak hütete diese Tonscherben, wie einen Schatz, denn die Tonfragmente waren sein Besitz und machten Metrak zu einem wohlhabenden Mann in seinem Viertel. Die Zeit verging.

    Plötzlich tauchte der Schreiber im Türrahmen auf. Er war schweißgebadet und atmete heftig. Er schien gerannt zu sein. Sein Blick verriet seine Furcht. Doch vor was er sich fürchtete stand nicht in seinen Augen. Dies galt es zu erfragen.

    „Wo ist Starak?“, fragte Metrak, der nur kurz aufsah.
    „Herr, vergebt mir. Ich…“, stammelte der junge Schreiber.
    „Wo ist Starak?“, fragte Metrak erneut, dieses Mal presste er seine Worte durch seine blutleeren Lippen. Die Wut köchelte nun leicht, wie ein Topf mit Wasser über einer kleinen Flamme.
    „Herr, er weigerte sich mitzukommen. Er…befahl mir zu gehen.“ Der Schreiber suchte nach den richtigen Worten. Er wollte nicht den Ärger bekommen, den Starak eigentlich zustand. Die Worte von Starak klangen alles andere als freundlich.
    „So, so er befahl.“, wiederholte Metrak lächelnd. Er ballte seine Fäuste.
    „Herr, vergebt mir. Ich sagte ihm, dass ihr ihn unverzüglich sehen wolltet.“, der Schreiber fiel nun auf seine Knie und senkte den Blick Richtung Boden.
    „Schon gut.“, Metrak stand auf, umrundete schnell seinen Arbeitsplatz, nahm sich vom Schreiber ungesehen ein starkes Bündel Seile und ging mit langsamen Schritten zum Türrahmen, wo der Knecht noch immer niederkniete.
    „Sei unbesorgt, ich vergebe dir. Dich trifft keine Schuld.“ Freundlich klangen seine Worte und ein schüchternes Lächeln zeigte sich an seinen Mundwinkeln. Der Schreiber frohlockte und hob sein Haupt. Sein klarer Blick traf den von Metrak, der immer noch leicht lächelte.

    Dann geschah es. Mit einer raschen Bewegung hob Metrak seinen Arm, in der Hand das Bündel Seile, und ließ sie mit großer Wucht auf das Antlitz des Schreibers niedersausen, so dass die Hölle im Gesicht niederkam. Der verdutze Schreiber bemerkte im Dunkel der Kemenate eine flüchtige Bewegung über ihm und schloss reflexartig seine Augen. Bis dahin blickte er zu seinem Herrn, der immer noch lächelte. Die nächsten Momente waren für den Schreiber eine schmerzhafte Tortur.

    Als Metrak mit dem Schreiber fertig war, keuchte er. Schweiß stand auf seiner Stirn, die er mit einem Ärmel abwischte, seine Haare klebten an seinem Schädel und sein Mund war trocken von seinem zornigen Geschrei. Metrak sah unbekümmert und voll der Genugtuung auf die blutigen Seile. Der rote Lebenssaft schmiegte sich an jede Rille der gedrehten Seile. Ein Tropfen fiel langsam herab und verschwand für immer auf dem dreckigen Boden gleich neben dem zitternden Körper des Schreibers.

    „Sei unbesorgt, dich trifft keine Schuld. Ich vergebe dir.", meinte Metrak lapidar, wickelte das Seilbündel um seine Faust und stieg mit einem großen Schritt über den geschundenen Leib des Schreibers hinweg. Er war auf dem Weg zu Starak.
    Währenddessen auf dem Wollmarkt zu Bovana.

    Der Lärm auf dem großen Platz war unbeschreiblich. Man verstand kaum sein eigenes Wort geschweige das seines Gegenübers. Ein lautes Johlen, zeterndes Schreien und wütendes Gebrüll lag, wie eine unsichtbare Wolke über den Ständen des Handelsplatzes. Die verschiedensten Sprachen und Dialekte konkurrierten um die Gunst der kauffreudigen Stadtbevölkerung. Die meisten Händler und Krämer boten ihre Waren auf bovanisch an. Der Sprache des Alten Reiches. Daneben gab es Dialekte aus dem Westen und sogar einige Wortfetzen auf ligurisch konnte der Besucher vernehmen. Wenn er denn wusste, dass es ligurisch war und er die Worte aus dem lauten Wirrwarr heraushören könnte.

    Das Gedränge vor den Ständen und der ausgelegten Ware war schlimmer als bei mancher Schlacht der jüngeren Vergangenheit. Eng standen die Männer beisammen und feilschten lauthals um jeden kleinen Vorteil. Natürlich taten es alle Anwesenden zur selben Zeit mit wilden Gesten und hektischen Gesichtszügen. Die Anspannung war fast greifbar und es genügte nicht viel, um den Kessel der Wut zum überkochen zu bringen. Die ersten Fäuste wurden geballt, die fluchenden Ausdrücke wurden zahlreicher und heftiger und einzelne Händler begannen still und heimlich ihre Waren zu verpacken, um sie dem Pöbel nicht kampflos zu geben.

    Da erschien Metrak mit blutverschmierten Armen und Hemd am Rande des Marktes und hielt mit zusammengezogenen Augenbrauen Ausschau nach Starak, seinem Sohn. Das Seil in seiner rechten Hand baumelte nun mit dem anderen Ende knapp über dem dreckigen Pflaster. Das Blut war getrocknet. Niemand der vorbeieilenden Boten und Passaten hatten einen Blick für Metrak ürbig, sie alle waren in ihren eigenen Angelegenheiten unterwegs.

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  3. #1023
    Herzog von Duran Avatar von Frederick Steiner
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    verrate uns doch mal, wohin der neue Handlungsfaden führt

  4. #1024
    Der einzig wahre Falke Avatar von Hawkeye
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    Zitat Zitat von Frederick Steiner Beitrag anzeigen
    verrate uns doch mal, wohin der neue Handlungsfaden führt
    er führt zu einer gemeinsamen währung. aber erst muss der tauschhandel diskreditiert werden.

    leider fehlt mir die rechte motivation zum schreiben.

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  5. #1025
    Der einzig wahre Falke Avatar von Hawkeye
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    Die Bovaner

    Kapitel 286 Markt


    Metrak stand nun am Rande des großen Marktes und nahm die vielen Gerüche mit seiner Nase auf. Sein Augenpaar suchte angestrengt nach einem Hinweis, wo sich Starak aufhielt. Die flüchtigen Blicke der vorbeihuschenden Passanten sah er nicht. Er suchte seinen Sohn, um ihn von seinem törichten Tun abzuhalten. Metrak suchte schon länger nach den Gründen für Staraks unvernünftigem Handeln. Vermutlich lagen diese im zu frühen Tode seine Mutter, dem Eheweib von Metrak. Er selber hatte nie viel Zeit für seine Kinder, die Geschäfte gingen vor.

    Als Starak und seine Geschwister älter wurden, mussten sie im Lager aushelfen, da war kein Platz für liebe Worte und Innigkeit. Metrak wischte die reuigen Gedanken an seine Vaterschaft hinfort und spannte das blutige Seil zwischen seinen Händen. Dann ging er los. Es war kaum ein Durchkommen durch die Menschenmassen. Er wurde hin und her geschubst, zur Seite gedrängt und angerempelt. Doch heute war es ihm egal, er suchte Starak.
    Wer weiß, wo der Bengel sich herumtreibt. Metrak blieb kurz verwirrt an einem großen Stand mit Wolle stehen.

    Die Auslagen waren aus einfachstem Holz gezimmert und lange, dünne Balken hielten ein gespanntes Segel über den Köpfen der interessierten Händler. Die Sonne schien und es wurde zunehmend wärmer. Der massige Händler hinter den Auslagen hatte eine verfilzte Mütze aus seinem kantigen Kopf, ein schlecht rasiertes Gesicht und dunkle, raffgiere Augen. Seine schlechten Zähne passten zum äußeren Erscheinungsbild. Abgetragene Stoffhosen, ein billiges, verdrecktes Leinenhemd und ein zu groß geratener Umhang, der ihm ständig von den schmächtigen Schultern rutschte. Der Händler wirkte erregt und angespannt. Er handelte mit drei Leuten gleichzeitig und dies brachte seinen Kopf zum Glühen. Die drei kauffreudigen Krämer nahmen immer wieder die Wolle in die Hand und fühlten deren Qualität. Sie wirkten nicht zufrieden oder unentschlossen. Alle drei unterhielten sich in einen für Metrak unbekannten Dialekt. Er konnte ihre Lippen nicht genau sehen aber sie redeten laut und es schien ihnen nicht zu gefallen, was der dicke Wollhändler ihnen anbot.

    Metrak wollt schon gehen als er meinte, den Staraks Namen zu hören. Er schaute umher, sah sich jeden Mann im Umkreis an konnte aber nicht sagen, aus welcher Richtung die Worte kamen. Die Stimmlage der drei Händler wurde höher und höher. Sie stritten nun untereinander. Vermutlich haben die drei sich zusammengetan, um Wolle zu kaufen und nun können sie sich nicht auf einen Preis einigen. Idioten, dachte Metrak. Dies sollte man immer vorher absprechen. Selbst wann dies nicht möglich ist, dann verliert man beim Feilschen nicht die Ruhe und gibt sich keine Blöße in dem man sich mit seinem Partner vor allen Leuten ein Wortgefecht leistet.
    Metrak hatte genug gesehen. Er ging weiter die enge Gasse zwischen den Ständen entlang. Sein Blick schielte nach rechts und links und unbewusst prüfte er die ausgelegten Waren. Die kauffreudigen Menschen wurden weniger und Metrak konnte ein wenig schneller gehen. Das Gedränge war hier nicht so schlimm, wie zu Beginn des Weges. Bald konnte Metrak auch den Grund für das fehlende Interesse der Kunden sehen. Die angebotene Ware sah speckig und verfilzt aus.

    Die Wolle hatte keinen Glanz und war dementsprechend nichts wert. Metrak erreichte den gegenüberliegenden Rand des Marktes. Er bog links in eine weitere Gasse und sah zu seinem Erstaunen einen riesigen Berg von Wolle, der beinahe höher war als die umliegenden Stände. Davor hatte sich eine dichte Menschenmenge gebildet, die mit lauten Worten und erhobenen Händen nach der Wolle verlangten. Manche skrupellose Gesellen versuchten bereits ihre unmittelbaren Konkurrenten mit allen Tricks vom Handel fernzuhalten. Es wurde im Verborgenen auf Füße getreten, Beine gestellt, Tritte ausgeteilt und an Umhängen gezogen. Das gewöhnliche Spiel um die besten Plätze. Metrak kannte diese Menschenansammlungen nur zu gut, sein Vater hatte ihm die besten Griffe und Tricks selbst beigebracht.

    Plötzlich geriet die Masse in Bewegung und alle mussten ein paar Schritte nach zurücktreten. Metrak konnte nicht sehen, was in der ersten Reihe passierte aber er meinte erhobene Stöcke zu sehen, die die Leute auseinandertrieben oder sie zumindest zurückdrängten. Vermutlich hatte der Mob beschlossen sich die Wolle einfach zu nehmen anstatt diese richtig und anständig zu tauschen. Metrak wollte bereits dem lauten Schauspiel den Rücken zukehren als auf dem wackligen Wollhaufen eine Gestalt erschien und lächelte. Mit erhobenen Armen versuchte der junge Mann das Gleichgewicht zu halten. Nachdem es ihm geglückt war holte er einmal tief Luft und begann zu sprechen.

    Er redete von der Qualität der Wolle und woher sie stammte. Er sprach laut aber deutlich, seine Worte waren wohl überlegt. Er pries die Wolle an lobte sie aber nicht in den Himmel, er fand die richtigen Worte. Beinahe hätte Metrak seinen Ärger über seinen unvernünftigen Sohn vergessen als der junge Mann sich ein wenig zu ihm drehte. Nun konnte Metrak das Gesicht des Redners sehen. Es war sein Sohn Starak, der die versammelte Menge davon überzeugte mitten im Frühjahr teure Wolle zu kaufen. Metrak wusste nicht, was er machen sollte. Die Händler drängten wieder näher an den Haufen heran und brüllten ihre Angebote in den Himmel. Was konnte Metrak tun?...

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  6. #1026
    Der einzig wahre Falke Avatar von Hawkeye
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    Ankündigung Pause

    Hallo Freunde,

    vermutlich habt ihr es bereits gemerkt. Ich finde kaum Zeit und die nötige Muße mich mit den Bovanern zu beschäftigen.

    Ich kündige deshalb eine Pause an. Die Kieler Woche steht vor der Tür, die WM geht bald los und die nächsten Klausuren wollen danach auch bestanden werden.

    Ich denke, vor August werde ich hier kaum zum Schreiben kommen. Ich will nicht ausschließen, dass ich mal ein Kapitel schreibe und veröffentliche aber die Story wird ein wenig pausieren. Eine künslerische Pause schadet ja nicht, dann sprudeln die Ideen später um so mehr.

    Danke für euer Verständnis. Niemanden wäre geholfen, wenn ich krampfhaft irgendetwas schreibe, was kein Niveau hätte.

    Viele Grüße
    Hawkeye

    Story des Jahrzehnts
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  7. #1027
    User Avatar von Roter Erik
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    Ja wie, du bist ernsthaft noch immer am Studieren?

    Und was haben Kieler Woche und WM überhaupt mit der Bovaner-Story zu tun?




    Alles klar, Hawkeye!
    Nimm dir die Zeit, die du brauchst. Ich werde auf jeden Fall gespannt auf das nächste Kapitel warten

  8. #1028
    Der einzig wahre Falke Avatar von Hawkeye
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    Zitat Zitat von Roter Erik Beitrag anzeigen
    Ja wie, du bist ernsthaft noch immer am Studieren?

    Und was haben Kieler Woche und WM überhaupt mit der Bovaner-Story zu tun?




    Alles klar, Hawkeye!
    Nimm dir die Zeit, die du brauchst. Ich werde auf jeden Fall gespannt auf das nächste Kapitel warten
    Ja, studieren, studieren, studieren...

    Auf die Kieler Woche freue ich mich schon. Endlich zu Fuß an die Kiellinie.. und zu Fuß wieder nach hause....

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  9. #1029
    blub Avatar von ThorMic
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    Kieler Woche
    WM
    Pause
    Eintracht ist mein Verein und er wird's ewig sein!



    Und hier kommt die Maus...

  10. #1030
    anarchische Grünhaut Avatar von Kermit
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    Aber die Gründe sind stichhaltig.
    ---------------------------------------------------------------

    Zitat Zitat von Des Pudels Kern Beitrag anzeigen
    Zitat Zitat von Der Falke Beitrag anzeigen
    Weil so weit ich weiß sind in D auch Lügen meistens von der Meinungsfreiheit erfasst.
    Man kann dich auf diesen Nebensatz durch "weil" Konjunktion reduzieren, Falke. Immer wenn son Ding vom Stapel läuft, weiß selbst der nachsichtigste Leser, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, sich zurückzulehnen, kurz in sich zu gehen und wichtige andere Tagesgeschäfte zu evaluieren. Mir fiel beispielsweise plötzlich ein, dass ich schon seit geraumer Zeit mal einen abseilen wollte, ohne abzukneifen.

  11. #1031
    vom Werwolf gebissen Avatar von Kampfhamster
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    Zitat Zitat von Hawkeye Beitrag anzeigen
    Ich denke, vor August werde ich hier kaum zum Schreiben kommen.
    Bald ist August. Nur mal so zur Erinnerung.
    Die aktuelle Story:

    [Col2 Werewolves] Nich lang schnacken, Seesack packen!


    Die Story des Monats Juli 2010:

    Tom Driscoll und seine Gefährten begeben sich in das Testgewölbe.
    letzte Aktualisierung: 31.1.2013, 20:19 Uhr

  12. #1032
    Zockerin
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    Zitat Zitat von Kampfhamster Beitrag anzeigen
    Bald ist August. Nur mal so zur Erinnerung.
    Der August ist inzwischen schon weit fortgeschritten ... auch nur so zur Erinnerung.

  13. #1033
    Der einzig wahre Falke Avatar von Hawkeye
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    Die Bovaner

    Kapitel 287 Erkenntnis


    Metrak glaubte zu träumen. Er wollte zunächst nicht wahrhaben, was er sah. Sein Sohn Starak stand auf den aufgetürmten Wollballen, wie ein Feldherr auf einer Anhöhe der eine tosende Schlacht verfolgte. Mit weit ausholenden Handbewegungen forderte er seine Zuhörer auf die Wolle zu kaufen. Jetzt und nicht erst im Spätsommer oder im Herbst.

    Einige Männer in Metraks Umgebung winkten mürrisch ab, andere taten so als gehe sie das Spektakel nichts an und doch hörten sie alle gebannt auf die Worte von Starak. Plötzlich hielt dieser in seinem Redeschwall inne und blickte hinunter von seinem Wollhügel in die wartende Menge. Er hatte ein bekanntes Gesicht kurz in der Masse erblickt und suchte es nun angestrengt.
    Dann plötzlich trafen sich die Blicke von Vater und Sohn. Einen unschlüssigen Moment lag, passierte nichts, doch dann sprang Starak von seinem Wollberge sprach mit einem der umstehenden Männern, die die Ware und ihren Eigentümer beschützte. Sie taten es nicht aus Nächstenliebe sondern weil Starak sie noch nicht voll entlohnt hatte.

    Die kräftigen Wachen, bahnten sich mit ihren Knüppeln einen Weg durch die Menge, die daraufhin nur unwillig zurückwich. Mürrische und klagende Laute waren zu hören. Anklagendes Pfeifen ertönte und die Wachen hatten Mühe sich ihren Weg mit Gewalt zu erkämpfen. Starak winkte seinen Vater herbei. Die schmale Gasse diente nur dem Zwecke, dass Metrak ins Zentrum der Menschenmenge gelangte. Ein ungutes Gefühl ließ seine Nackenhaare kribbeln.
    Nachdem Metrak die menschliche Gasse schnell passierte schloss diese sich schnell wieder.

    Starak lächelte als sein Vater zu ihm gebracht wurde, das blutige Seil in dessen Hand hatte er noch nicht erblickt.

    „Vater, sei gegrüßt. Schön, dass du da bist.“ Staraks zeigte über das Erscheinen seines Vaters weder Überraschung noch Argwohn. Einfache Freude umspielte seine Gesichtszüge.

    Metrak antworte nicht. Er sah stumm zum Wollberge, der größer war als er selbst. Starak fing zu erklären an. „Sieh nur Vater, das gehört alles uns. Ich habe nur die beste Wolle des ganzen Marktes getauscht.“ Mit weit ausholender Bewegung deutete er auf die Wolle.

    „Dies ist der größte Teil, der Rest wird direkt in unser Lagerhaus geliefert.“ Metrak stand nur da und blieb stumm. Seine zusammengepressten Lippen wurden ganz langsam weiß und seine Mundwinkel kannten nur eine Richtung, nach unten. Starak schien es nicht zu bemerken oder es interessierte ihn nicht. Er redete einfach weiter.

    „Natürlich wird es noch einige Mühen kosten unsere Wolle ins Lager zu bringen aber sei unbesorgt. Dafür fällt mir auch noch etwas ein. Wie sagst du doch immer so schön…“, weiter kam er nicht. Mit einer plötzlichen Bewegung griff Metrak nach dem Hals seines Sohnes und zog diesen rasch zu sich heran. Sie blickten sich genau in die Augen. Starak mit überraschten, panischen Blicken, die im Gesicht seines Vaters nach einer passenden Erklärung für sein Verhalten suchte.

    Metrak starrte seinen Sohn förmlich an, wie eine der marmorierten Götterstatue im Tempelbezirk die gläubigen Pilger. Metrak suchte nach einer Erklärung für das dumme und beschämende Verhalten seines Sohnes ihm gegenüber. Metraks Griff wurde fester, Starak japste nach Luft und sein Gesicht nahm eine ungesunde Farbe an. Das Blut begann sich in den Adern am oberen Hals zu stauen. Feine Schweißperlen bildeten sich auf seiner faltenlosen, jungen Stirn. Starak versuchte mit seinen Händen den Arm seines Vaters von seiner Gurgel zu ziehen, doch er war zu schwach. Stattdessen kniff Metrak nun seine Augenbrauen zusammen, eine tiefe Furche entstand auf seiner Stirn und ließ ihn älter erscheinen.

    Seine Augen verengten sich bedrohlich, wie bei einem Raubtier, das bereit zum Angriff war. Metrak stand stur mit einer Hand am Hals seines Sohnes und hatte alles um sich herum vergessen bzw. verdrängt. Nichts war wichtig. Nur dieser Augenblick mit seinem Sohn war nun von Belang. Metrak suchte noch immer im Gesicht nach der Schwäche seines Sohnes. Warum ist er nur so, wie er ist? Keine Härte, keine Gerissenheit. Nur die weichen Züge seine Mutter. Sein Herz ist zu gutmütig, sein Verstand zu blass. Wie bei seiner Mutter, dachte Metrak abweisend.

    Zwei Wachen näherten sich Vater und Sohn und wollten dem makaberen Schauspiel ein Ende bereiten. Nicht aus Nächstenliebe aber Starak schuldete ihnen noch einen Teil ihres Lohnes. Kurz bevor sie Metrak am Arm packen konnten, löste dieser von selbst seinen harten Griff und seinen Sohn aus seiner misslichen Lage. Wie ein schwerer Getreidesack sank Starak keuchend zu Boden und hielt sich seinen wunden Hals. Metrak senkte seinen Arm und wollte sich abwenden. Doch er hielt inne.

    „Warum Vater, krächzte Starak vom Boden.“ Metrak dachte kurz nach. Hatte es überhaupt einen Sinn ihm seine Fehler zu nennen? Wenn er ihn nicht selber erkannte, war es nicht wert sein Sohn zu sein.
    „Du bringst Schande über unser Haus und über mich.“ Metrak schnaubte vor Ärger und Enttäuschung. All die Jahre und Mühen der Ausbildung und die investierte Zeit schienen nun sich als sinn- und erfolglos zu erweisen. Er hatte versagt.

    „Schande? Ich verstehe nicht.“, die krächzenden Worte seines Sohne schoben das Selbstmitleid und den Selbsthass in eine dunkle Ecke seines Ichs. Matrak schaute sich um, er sah gierige Fratzen und selbstsüchtige Halunken, die für einen kleinen Gewinn ihre eigenen Kinder verscherbeln würden. Händlerpack! Und er war einer von ihnen. Seine Zeit und seine Mühen mit Starak waren nun nichts mehr wert. Sein Sohn sollte in späterer Zeit sein Erbe antreten und den Namen der Familie weiterführen. Nun wurde ihm deutlich, dass es mit seinem Tode keine weiteren Händler in Bovana mit seinem Namen geben würde.

    Sein Sohn hatte sich als unfähig und dumm erwiesen. Wer kauft schon ganze Wollberge im Frühjahr und riskiert damit das Überleben der Familie. Teure und edelste Waren. Verscherbelt für billige Wolle!
    „Was habe ich nur falsch gemacht. Ihr Götter, warum straft ihr mich so?“, kurz schaute Metrak gen Himmel erhielt aber natürlich keine Antwort auf seine bitteren Fragen.

    „Ich habe nichts falsch gemacht. In wenigen Wochen werden wir die reichsten Händler in Bovana sein.“, murmelte Starak, der sich nun langsam vom Boden aufrappelte.
    „Was faselst du da? Ich dachte, ich hätte dir alles beigebracht, was ich weiß. Niemals kauft man Wolle im späten Frühjahr. Der Tauschpreis ist viel zu hoch. Jedes Kind weiß das. Wolle kauft man im Spätwinter nicht erst im späten Frühjahr. Die Wolle wird im Sommer verarbeitet, gesponnen und gewebt. Das Tuch wird im Herbst gefärbt und zugeschnitten damit es zum nahenden Winter feil geboten werden kann.“ Unbemerkt nickten einige der anwesenden Händler.

    „Kein normaler Mann kauft Wolle nach der Regenzeit.“, mahnte Metrak
    Er ging zwei Schritte auf die wartende Menschenmenge zu, blieb vor einem Mann mittleren Alters stehen. Sah ihn aber nicht an. Seine nächsten Worte wollte er wohl überlegt aussprechen und schaute nun zu Boden. Doch Starak kam ihm zuvor.

    Bild

    „Es sei denn nächsten Winter wird es keine Wolle mehr geben. Dann kauft man alles, was man kriegen kann.“ Starak stand entschlossen und trotzig hinter seinem Vater und schrie fast seine Worte. Kleine Speicheltropfen flogen durch die Luft. Metrak schaute auf. Sein Gegenüber war ebenso überrascht, wie er selbst. Woher sollte sein Sohn wissen, dass es im nächsten Winter keine Wolle mehr geben sollte? Es gab keinen Krieg. Ligurien war befriedet. Seit vielen Sommern gab es keinen Aufstand der Bevölkerung mehr. Warum sollte es keine Wolle geben?

    Langsam drehte sich Starak zu seinem Sohn um, der immer noch trotzig hinter ihm stand. Flankiert wurde er von zwei seiner angeheuerten Leibwächter.
    „Was sagst du da?“ Metrak flüsterte kaum hörbar. „Woher willst du das wissen?“
    „Das ist die alles entscheidende Frage. Denk mal nach, Vater. Wem verdanken wir die Wolle?“
    „Den Schafen?“, völlig perplex antworte Metrak seinem Sohn ohne darauf zu reagieren, wie er mit ihm umging.
    „Genau. Und wenn es keine Schafe mehr gibt. Was dann?“
    „Dann gibt es keine Wolle. Aber warum sollte es keine Schafe mehr geben? Doch nur wenn eine…“, mitten im Satz verstummte Metrak. Die Erkenntnis traf ihn, wie einen Schlag.
    „…eine Krankheit alle Schafe dahinrafft.“, beendete Starak den Satz.
    Danach war die Welt eine andere….
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    Story des Jahrzehnts
    update 16.08.2019



    Schreibt endlich weiter...


    "Ich habe nach dem Spiel in der Kabine viele verwirrte Menschen getroffen."
    Kiel-Trainer Ole Werner am 13.01.21 nach dem Sieg gegen Bayern München


  14. #1034
    vom Werwolf gebissen Avatar von Kampfhamster
    Registriert seit
    29.01.09
    Beiträge
    2.513
    Es geht weiter!
    Ich hab's gewusst, heute, es lag irgendwie in der Luft, mir war schon den ganzen Tag danach!
    Die aktuelle Story:

    [Col2 Werewolves] Nich lang schnacken, Seesack packen!


    Die Story des Monats Juli 2010:

    Tom Driscoll und seine Gefährten begeben sich in das Testgewölbe.
    letzte Aktualisierung: 31.1.2013, 20:19 Uhr

  15. #1035
    anarchische Grünhaut Avatar von Kermit
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    Zitat Zitat von Des Pudels Kern Beitrag anzeigen
    Zitat Zitat von Der Falke Beitrag anzeigen
    Weil so weit ich weiß sind in D auch Lügen meistens von der Meinungsfreiheit erfasst.
    Man kann dich auf diesen Nebensatz durch "weil" Konjunktion reduzieren, Falke. Immer wenn son Ding vom Stapel läuft, weiß selbst der nachsichtigste Leser, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, sich zurückzulehnen, kurz in sich zu gehen und wichtige andere Tagesgeschäfte zu evaluieren. Mir fiel beispielsweise plötzlich ein, dass ich schon seit geraumer Zeit mal einen abseilen wollte, ohne abzukneifen.

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