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Thema: Hast du die Bibel je selbst gelesen?

  1. #1081
    Zurück im Norden
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    Wie Kantelberg schon erwähnte, handelt es sich ja um eine Einschränkung der Vergeltung/ Blutrache. "Auge um Auge" ist sozusagen das Gegenbild zu Lamechs "Einen Knaben erschlage ich für eine Strieme". Bei Diebstählen soll aber wohl doch eine gewisse Abschreckung her, außerdem neigt die Thora zu einer gewissen sozialen Ausrichtung. Man kann sich also vielleicht einen Reichen vorstellen, der sich das Rind eines Ärmeren aneignet. Der Prophet Natan wird später David eine sehr ähnliche Geschichte erzählen, nur mit Schafen.

  2. #1082
    Infrarot Avatar von Der Kantelberg
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    Zitat Zitat von Mongke Khan Beitrag anzeigen
    Wenn vorher "Auge um Auge" als Rechtsgrundsatz etabliert wurde, wieso soll dann jemand, der ein Rind stiehlt, fünf Rinter als Ersatz leisten? Berücksichtigt das sowas wie Fortpflanzung? Das Analogon bei Augen und Zähnen (da ist das biologisch praktikabler) wäre "Auge um 5 Augen, Zahn um 5 Zähne".
    Zitat Zitat von Jon Snow Beitrag anzeigen
    Wie Kantelberg schon erwähnte, handelt es sich ja um eine Einschränkung der Vergeltung/ Blutrache. "Auge um Auge" ist sozusagen das Gegenbild zu Lamechs "Einen Knaben erschlage ich für eine Strieme". Bei Diebstählen soll aber wohl doch eine gewisse Abschreckung her, außerdem neigt die Thora zu einer gewissen sozialen Ausrichtung. Man kann sich also vielleicht einen Reichen vorstellen, der sich das Rind eines Ärmeren aneignet. Der Prophet Natan wird später David eine sehr ähnliche Geschichte erzählen, nur mit Schafen.
    Ich denke, dass da etwas anderes dahintersteckt:

    Die Gesetze der Mosebücher unterscheiden zwischen Sachschaden und Personenschaden. Diebstahl ist Sachschaden und wird verhältnismäßig milde bestraft. (Im Mittelalter wurden Dieben die Hände abgehackt, in Saudi-Arabien selbst jetzt noch) Der Israelit muss das Gestohlene 2- bis 5-fach ersetzen. (Je nach Stelle und Gestohlenem). Tiere werden wie Sachen angesehen.

    Personenschaden hingegen wird meist sehr hart bestraft. Wir finden später viele Fälle, wo die Todesstrafe festgelegt wird. So ist das auch hier. Wenn man bei einer Körperverletzung jemand das Auge ausschlägt, büßt man dafür mit dem eigenen Auge. Das ist meiner Meinung nach schlimmer als der Verlust von 4 Schafen.


    Edit:
    Hier auch der Vergleich zum Codex Hammurapi:
    Wer in Babylon vom König oder Tempel stiehlt, wird mit dem Tod bestraft. Ist der bestohlene Regierungsmitlgied oder Tempeloffizieller, muss der Dieb es 30fach ersetzen. Ist der Bestohlene Staatsbürger, muss es 10-fach ersetzt werden. Kann der Dieb nicht zahlen, muss er stergen. (Quelle: Bible Background Commentary, S.100)

    Hier urteilt das Alte Testament milder als die vergleichbaren Gesetze der Nachbarvölker. Im schlimmsten Fall kann der Dieb in Israel die Schuld nicht zurückzahlen, wird dann Schuldsklave und muss es abarbeiten.
    Geändert von Der Kantelberg (18. Januar 2020 um 23:31 Uhr)
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  3. #1083
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    Zitat Zitat von Fimi Beitrag anzeigen
    Ist fast so, als hätte "Gott" die Tora gar nicht geschrieben, sondern Priester.
    Ich hätte dir übrigens noch weitere hilfreiche Diskussionseinstiege für andere Fäden:

    "Ist fast so, als würde meine Lavalampe gar nicht das meiste CO2 ausstoßen, sondern Windräder."
    "Ist fast so, als hätte gar nicht der Bundespräsident die ganzen Messerangriffe begangen, sondern Ausländer."
    "Ist fast so, als hätte nicht Greta den Klimawandel erfunden, sondern Journalisten."

  4. #1084
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    Zitat Zitat von Der Kantelberg Beitrag anzeigen
    Ich denke, dass da etwas anderes dahintersteckt:

    Die Gesetze der Mosebücher unterscheiden zwischen Sachschaden und Personenschaden. Diebstahl ist Sachschaden und wird verhältnismäßig milde bestraft. (Im Mittelalter wurden Dieben die Hände abgehackt, in Saudi-Arabien selbst jetzt noch) Der Israelit muss das Gestohlene 2- bis 5-fach ersetzen. (Je nach Stelle und Gestohlenem). Tiere werden wie Sachen angesehen.

    Personenschaden hingegen wird meist sehr hart bestraft. Wir finden später viele Fälle, wo die Todesstrafe festgelegt wird. So ist das auch hier. Wenn man bei einer Körperverletzung jemand das Auge ausschlägt, büßt man dafür mit dem eigenen Auge. Das ist meiner Meinung nach schlimmer als der Verlust von 4 Schafen.

    Das ist sicher richtig, aber ich würde die soziale Bedeutung der Vorschrift trotzdem nicht unterschätzen. Auch wenn sie sicher nicht immer umgesetzt wurde, scheint sie mir schon von der Formulierung her eher zum Schutz der Armen vor den Reichen gedacht zu sein. Immerhin wird die Möglichkeit, dass ein "Dieb" keine fünf Rinder haben könnte, gar nicht erwähnt. Es war ja in einer vormodernen Gesellschaft auch wahrscheinlicher, dass ein Mächtiger das Gesetz in die eigene Hand nahm.

    Übrigens gab es auch "im Mittelalter" - also einem Zeitraum von etwa 1000 Jahren - sehr unterschiedliche Strafen für verschiedene Arten von Diebstahl.

  5. #1085
    Infrarot Avatar von Der Kantelberg
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    Zitat Zitat von Jon Snow Beitrag anzeigen
    Das ist sicher richtig, aber ich würde die soziale Bedeutung der Vorschrift trotzdem nicht unterschätzen. Auch wenn sie sicher nicht immer umgesetzt wurde, scheint sie mir schon von der Formulierung her eher zum Schutz der Armen vor den Reichen gedacht zu sein. Immerhin wird die Möglichkeit, dass ein "Dieb" keine fünf Rinder haben könnte, gar nicht erwähnt. Es war ja in einer vormodernen Gesellschaft auch wahrscheinlicher, dass ein Mächtiger das Gesetz in die eigene Hand nahm.
    Das kann sein. Was ich dazu denke ist auch eher eine Vermutung als felsenfestes Wissen.

    Übrigens gab es auch "im Mittelalter" - also einem Zeitraum von etwa 1000 Jahren - sehr unterschiedliche Strafen für verschiedene Arten von Diebstahl.
    Ja, ich hab das einfach mal zu Veranschaulichungszwecken pauschalisiert. Gibt bestimmt auch in Saudi-Arabien Bagatelldiebstähle, wo man die Hand behalten darf, wenns rauskommt.
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  6. #1086
    Wolf im Krokodilpelz Avatar von Mongke Khan
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    Achtung Spoiler:
    1 Wird ein Dieb beim Einbruch betroffen und totgeschlagen, so ist dies für den Täter nicht als Mord anzusehen;
    2 wenn aber die Sonne zur Zeit der Tat über ihm schon aufgegangen war, so soll ein Mord für ihn als vorliegend angenommen werden. Ersatz muß er unbedingt leisten; wenn er nichts besitzt, so soll er zum Ersatz für das von ihm Gestohlene verkauft werden.
    3 Wird das gestohlene Tier, es sei ein Rind oder ein Esel oder ein Stück Kleinvieh, noch lebend in seinem Besitz vorgefunden, so soll er nur doppelten Ersatz leisten;
    4 Läßt jemand ein Feld oder einen Baumgarten abweiden und sein Vieh dabei frei laufen, so daß es auf dem Felde eines andern weidet, so hat er mit dem besten Ertrage seines Feldes und mit dem besten Ertrage seines Baumgartens Ersatz zu leisten. –
    5 Wenn Feuer ausbricht und Dornhecken ergreift und es wird ein Garbenhaufen oder das auf dem Halm stehende Getreide oder das Feld dadurch verbrannt, so soll der, welcher den Brand verursacht hat, den Schaden ersetzen.«
    6 »Wenn jemand einem andern Geld oder Wertsachen zur Aufbewahrung übergibt und es wird dies aus dem Hause des Betreffenden gestohlen, so hat der Dieb, wenn er ausfindig gemacht wird, doppelten Ersatz zu leisten.
    7 Wird aber der Dieb nicht ausfindig gemacht, so soll der Besitzer des Hauses vor Gott hintreten, damit festgestellt wird, ob er sich nicht an dem Eigentum des andern vergriffen hat! –
    8 Bei jedem Fall von Veruntreuung, mag es sich um ein Rind, einen Esel, ein Stück Kleinvieh, ein Kleidungsstück, kurz um irgend etwas abhanden Gekommenes handeln, wovon jemand behauptet, daß es sein Eigentum sei, soll die Angelegenheit beider vor Gott kommen, und wen Gott für schuldig erklärt, der soll dem andern doppelten Ersatz leisten. –
    9 Wenn jemand einem andern einen Esel oder ein Rind oder ein Stück Kleinvieh oder sonst irgendein Stück Vieh zur Hut übergibt und dieses zu Tode oder zu Schaden kommt oder geraubt wird, ohne daß jemand es gesehen hat,
    10 so soll ein Eid bei Gott zwischen den beiden Parteien entscheiden, ob der Betreffende sich nicht am Eigentum des andern vergriffen hat. Der Eigentümer des Tieres muß dann den Verlust hinnehmen, und (der andere) braucht keinen Ersatz zu leisten.
    11 Ist es ihm aber wirklich gestohlen worden, so hat er dem Eigentümer Ersatz zu leisten.
    12 Ist es dagegen (von einem Raubtier) zerrissen worden, so mag er das zerrissene Tier zum Beweis beibringen: für das Zerrissene braucht er keinen Ersatz zu leisten. –
    13 Wenn ferner jemand ein Stück Vieh von einem andern entlehnt hat und dieses zu Schaden oder zu Tode kommt, so muß er, wenn sein Eigentümer nicht zugegen war, unweigerlich Ersatz leisten;
    14 war jedoch der Eigentümer zugegen, so braucht er keinen Ersatz zu leisten. Wenn das Tier (um Geld) gemietet war, so ist der Schaden in dem Mietgeld eingeschlossen.«
    15 »Wenn jemand eine Jungfrau verführt, die noch nicht verlobt ist, und ihr beiwohnt, so muß er sie sich durch Erlegung der Heiratsgabe zur Ehefrau erkaufen.
    16 Wenn ihr Vater sich aber durchaus weigert, sie ihm zu geben, so soll er das als Heiratsgabe für Jungfrauen übliche Kaufgeld bezahlen.«
    17 Eine Zauberin sollst du nicht am Leben lassen. –
    18 Wer einem Tiere beiwohnt, soll mit dem Tode bestraft werden. –
    19 Wer den Göttern opfert außer dem HERRN allein, soll dem Bann verfallen.
    20 Einen Fremdling sollst du nicht übervorteilen und nicht bedrücken; denn ihr selbst seid Fremdlinge im Land Ägypten gewesen. –
    21 Keine Witwe oder Waise sollt ihr bedrücken.
    22 Wenn du sie irgendwie bedrückst und sie dann zu mir schreien, so werde ich ihr Schreien gewißlich erhören, 23 und mein Zorn wird entbrennen, und ich werde euch durch das Schwert sterben lassen, so daß eure Frauen zu Witwen und eure Kinder zu Waisen werden. –
    24 Wenn du jemandem aus meinem Volk, einem Armen, der neben dir wohnt, Geld leihst, so sollst du dich nicht als Wucherer gegen ihn benehmen: ihr sollt keine Zinsen von ihm fordern. –
    25 Wenn du dir von einem andern den Mantel als Pfand geben läßt, so sollst du ihm diesen bis zum Sonnenuntergang zurückgeben;
    26 denn das ist seine einzige Decke, die einzige Hülle für seinen Leib: worauf soll er sonst beim Schlafen liegen? Wenn er zu mir schriee, so würde ich ihn erhören; denn ich bin gnädig. –
    27 Gott sollst du nicht lästern und einem Fürsten in deinem Volk nicht fluchen (Apg 23,5). –
    28 Mit der Abgabe von dem Überfluß deiner Tenne und von dem Abfluß deiner Kelter sollst du nicht zögern. – Den Erstgeborenen deiner Söhne sollst du mir geben.
    29 Ebenso sollst du es mit deinen Rindern und deinem Kleinvieh halten! Sieben Tage soll (das Erstgeborene) bei seiner Mutter bleiben, und am achten Tage sollst du es mir darbringen. –
    30 Heilige Männer sollt ihr mir sein und Fleisch von einem auf dem Feld zerrissenen Tiere nicht essen: den Hunden sollt ihr es vorwerfen.«

    Bemerkungen/ Gedanken:
    • Ich seh schon, jetzt kommt einmal das BGB der Israeliten - da werde ich wohl größere Brocken lesen und weniger drauf eingehen. Ist jetzt nicht sooo spannend imo.
    • Interessant, dass das tödliche Verhindern eines (versuchten) Diebstahls abhängig von der Uhrzeit bestraft wird - nachts ist es kein Mord, tagsüber schon.
    • Ein "Baumgarten" meint, laut der übrigen Versionen, einen Weinberg. Noah hatte doch nach der Sintflut als erstes nen Weinberg angelegt
    • Auch interessant, dass Veruntreuung vor Gott gestellt wird. Ich schätze, das lässt sich allgemein auf Situationen übertragen, in denen Wort gegen Wort steht. Wir haben an der stelle den Grundsatz "in dubio pro reo", bei den alten Israeliten ist es eher "in dubio per deum"
    • Sehr viel Platz nimmt der Umgang mit dem Vieh ein. Macht Sinn, wenn das die Hauptlebensunterhaltsquelle damals war. Zumindest bei den Ägyptern erinnere ich mich daran, dass die Israeliten eher die Viehhüter waren. Wenn ich vieeeel Zeit hätte, könnte ich mal die Anzahl der Verse zu bestimmten Themen zählen und mit dem deutschen Recht vergleichen. Vielleicht sieht man ja spannende Verlagerungen, was wie ausführlich behandelt wird. Ich schütze mal, Straßenverkehrsregeln sind bei uns ausführlicher geplant
    • Ab Vers 17 kommen ein paar unterhaltsamere Regeln: Zauberinnen und Sodomie. Vers 17 (Zauberinnen töten) lässt sich wohl als spätere Legimitation für Hexenverbrennungen heranziehen. Sodomie ist in DE nur eine Ordnungswidrigkeit
    • Vers 19 (Götzen anbeten) klingt so, als ob nur Verbannung und nicht Tod als Strafe folgen? Interessant. Glimpflich wird mit Verbrechen im Allgemeinen ja nicht umgegangen und das war sogar eines der Gebote von Gott selbst.
    • Das "Bedrücken" von Fremden, Witwen und Waisen ist ein seltsames Wort. Im Lateinischen wird "laeseritis" benutzt, was so viel wie "verletzen" oder "Unrecht zufügen" oder auch "beleidigen" bedeuten kann.
    • Vers 24 lässt mich an das noch heute relevante Zinsverbot im Islam denken. Ich muss aber gestehen, dass ich mir nie gemerkt habe, wie Koran und Tora zusammenhängen. Hat der Koran nicht auch Wurzeln in der Tora...?
    • Vers 28, also dass der Erstgeborene an Gott übergeben werden soll, erinnert mich an die Erklärung hier im Faden zur Beschneidung. Man vertraut Gott die Fruchtbarkeit an, der kümmert sich dann schon
    • Kein Aas zu essen (Vers 30) hat neben kulturellen sicher auch hygienische Gründe.
    Zitat Zitat von Ghaldak Beitrag anzeigen
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  7. #1087
    Geschichtsmeister Avatar von maxim_e
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    (<- kein Aas)

  8. #1088
    Wolf im Krokodilpelz Avatar von Mongke Khan
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    2. Mose 23:
    Achtung Spoiler:

    1 »Du sollst kein falsches Gerücht verbreiten. – Biete dem, der eine ungerechte Sache hat, nicht die Hand, daß du ein falscher Zeuge für ihn würdest. –
    2 Du sollst dich nicht der großen Menge zu bösem Tun anschließen und bei einem Rechtsstreit nicht so aussagen, daß du dich nach der großen Menge richtest, um das Recht zu beugen. –
    3 Den Vornehmen sollst du in seinem Rechtshandel nicht begünstigen. –
    4 Wenn du das Rind deines Feindes oder seinen Esel umherirrend antriffst, so sollst du ihm das Tier unweigerlich wieder zuführen.
    5 Wenn du den Esel deines Widersachers unter seiner Last zusammengebrochen siehst, so hüte dich, ihn bei dem Tier allein zu lassen! Du sollst unweigerlich im Verein mit ihm die Hilfeleistung vollbringen. –
    6 Beuge nicht das Recht eines von den Armen deines Volkes in einem Rechtshandel! –
    7 Von falscher Anklage halte dich fern und hilf nicht dazu, einen Unschuldigen, der im Recht ist, ums Leben zu bringen! denn ich lasse den Schuldigen nicht Recht haben.
    8 Nimm keine Bestechungsgeschenke an; denn Geschenke machen die Sehenden blind und verdrehen die Sache der Unschuldigen.
    9 Einen Fremdling sollst du nicht bedrücken! Ihr wißt ja selbst, wie einem Fremdling zumute ist; denn ihr seid selbst Fremdlinge im Land Ägypten gewesen.«
    10 »Sechs Jahre sollst du dein Land bestellen und seinen Ertrag einernten;
    11 aber im siebten Jahre sollst du es ruhen lassen und es freigeben, damit die Armen deines Volkes sich davon nähren können; und was diese übriglassen, soll das Getier des Feldes fressen. Ebenso sollst du es mit deinen Weinbergen und mit deinen Ölbaumgärten halten. –
    12 Sechs Tage hindurch sollst du deine Arbeit verrichten; aber am siebten Tage sollst du feiern, damit dein Ochs und dein Esel ausruhen und der Sohn deiner Magd sowie der Fremdling Atem schöpfen können. –
    13 Auf alles, was ich euch geboten habe, sollt ihr achtgeben. Den Namen anderer Götter aber sollt ihr nicht aussprechen: er soll nicht über deine Lippen kommen.
    14 Dreimal im Jahre sollst du mir ein Fest feiern.
    15 Das Fest der ungesäuerten Brote sollst du beobachten: sieben Tage lang sollst du ungesäuertes Brot essen, wie ich dir geboten habe, zur bestimmten Zeit im Monat Abib! Denn in diesem Monat bist du aus Ägypten ausgezogen. Man darf aber nicht mit leeren Händen vor meinem Angesicht erscheinen.
    16 Sodann das Fest der Ernte, der Erstlinge deines Ackerbaus, dessen, was du auf dem Feld ausgesät hast, und das Fest der Lese beim Ausgang des Jahres, wenn du deinen Ertrag vom Feld einsammelst.
    17 Dreimal im Jahr sollen alle deine männlichen Personen vor dem Angesicht Gottes, des HERRN, erscheinen. – 18 Du sollst das Blut meiner Schlachtopfer nicht zusammen mit gesäuertem Brot opfern, und von dem Fett meiner Festopfer soll nichts bis zum andern Morgen übrigbleiben.
    19 Das Beste von den Erstlingen deiner Felder sollst du in das Haus des HERRN, deines Gottes, bringen. – Ein Böckchen sollst du nicht in der Milch seiner Mutter kochen.«
    20 »Wisse wohl: ich will einen Engel vor dir hergehen lassen, um dich unterwegs zu behüten und dich an den Ort zu bringen, den ich dir bestimmt habe.
    21 Nimm dich vor ihm in acht, gehorche seinen Weisungen und sei nicht widerspenstig gegen ihn; denn er würde euch eure Verschuldungen nicht vergeben, weil ich persönlich in ihm bin.
    22 Doch wenn du seinen Weisungen willig gehorchst und alles tust, was ich (dir durch ihn) gebieten werde, so will ich der Feind deiner Feinde und der Bedränger deiner Bedränger sein.
    23 Wenn mein Engel nun vor dir hergeht und dich in das Land der Amoriter, Hethiter, Pherissiter, Kanaanäer, Hewiter und Jebusiter bringt und ich sie ausrotte:
    24 dann wirf dich vor ihren Göttern nicht nieder, diene ihnen nicht und ahme ihr Tun nicht nach! Nein, du sollst ihre Götzenbilder allesamt niederreißen und ihre Malsteine zertrümmern.
    25 Dient vielmehr dem HERRN, eurem Gott, so will ich dein Brot und dein Wasser segnen und Krankheiten von dir fernhalten;
    26 keine Frau soll in deinem Lande eine Fehlgeburt tun oder kinderlos bleiben, und ich will deine Lebenstage auf die volle Zahl bringen.
    27 Meinen Schrecken will ich vor dir hergehen lassen und alle Völker, zu denen du kommst, verzagt machen und alle deine Feinde vor dir die Flucht ergreifen lassen.
    28 Die Hornissen will ich vor dir hersenden, damit sie die Hewiter, Kanaanäer und Hethiter vor dir vertreiben. 29 Nicht in einem Jahr will ich sie vor dir her vertreiben, sonst würde das Land zur Wüste werden und die wilden Tiere zu deinem Schaden überhandnehmen;
    30 nein, nach und nach will ich sie vor dir vertreiben, bis du so zahlreich geworden bist, daß du das ganze Land in Besitz nehmen kannst.
    31 Und ich will dein Gebiet sich ausdehnen lassen vom Schilfmeer bis zum Meer der Philister und von der Wüste bis an den Euphratstrom; denn ich will die Bewohner des Landes in deine Gewalt geben, daß du sie vor dir her vertreibst.
    32 Du darfst mit ihnen und mit ihren Göttern keinen Vertrag schließen;
    33 sie dürfen in deinem Lande nicht wohnen bleiben, damit sie dich nicht zur Sünde gegen mich verführen; denn wenn du ihren Göttern dientest, so würde das dich ins Verderben stürzen.«


    Bemerkungen/ Gedanken:
    • die ersten Verse zielen auf Aufrichtigkeit bei Rechtsdingen ab. Interessanterweise steht da keine Strafe dabei - vielleicht, weil es schwierig zu überprüfen ist? Klingt für mich ein bisschen nach dem, was wir als Aussage unter Eid haben.
    • Vers 2 sollte man den ganzen Leuten, die blind dem nächsten Shitstorm hinterherlaufen, mal sagen.
    • Vers 5 klingt nach unserer Verpflichtung zur Hilfeleistung.
    • Die Gesetzestexte geben sich an mehreren Stellen Mühe, den mir als Gleichheit vor dem Gesetz bekannten Grundsatz hervorzuheben (nicht nach Einkommen (6) und Herkunft (9) unterscheiden z.B.)
    • Vers 11 klingt nach etwas Utopischem für mich (zumindest nach dem, wie ich Menschen kennengelernt habe). Unentgeltlich das eigene Land den Armen ein Jahr lang überlassen...? Andererseits könnte es auch die Beschreibung einer vormodernen Sozialhilfe sein, wenn die Überlassung nicht vollzogen werden muss. Man zahlt einen Siebt an Steuern, mit dem die sozial Schwachen versorgt werden.
    • Von den drei Festen wurde das Passah-Fest bereits ausführlich beschrieben. Die anderen beiden klingen nach Erntedankfesten, was sicher nicht ungewöhnlich war. Was für mich eher herausgestochen ist: "ein Böckchen sollst du nicht in der Milch seiner Mutter kochen". Zum einen, weil ich mir darüber nie Gedanken gemacht hab (ein bisschen mies dem Tier gegenüber klingt es aber schon: harhar, ich habe dein Kind getötet und nun koche ich es in deiner Milch ) und ich mich frage, wie viel Milch vom Muttertier man da braucht.
    • "Feind deiner Feinde" ist mir bislang nur als Titel eines Frei.Wild-Albums und vielleicht mal als geflügeltes Wort untergekommen. Der Kontext, dass man quasi einen unsichtbaren Aufpasser (den Engel, Vers 20) hat, behagt mir bzw. meinem Freiheitsverständnis aber nicht. Wenn ich es gedanklich ins Englische übersetze, klingt das nach einer coolen Songzeile für einen Metal-Song
    • Der Engel tritt, zumindest für die anderen Völker, wie schon in Ägypten als Bild des Schreckens auf. Zumindest, wenn man die Parallele des "vor dir her Gehens" (Engel -> Schrecken -> Hornissen) zieht. Passt nicht ganz zu den lustigen Engelsfiguren auf dem Weihnachtsbaum, die ich bei dem Begriff im Kopf habe.
    • die letzten Verse machen erneut deutlich, wie wichtig Gott der monotheistische Glaube ist. Die Aufforderung, die Götzenbilder zu zerstören, hinterlässt ein eher flaues Gefühl, seit Trump neulich Irans Kultstätten bedroht hat. Genauso das Vertreiben der Einheimischen und die sehr klar formulierten Gebietsansprüche.
    Zitat Zitat von Ghaldak Beitrag anzeigen
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  9. #1089
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    Man muss ja nicht nur die Milch der Kuh nehmen. Übrigens gibt es heute noch orthodoxe Juden, die zwei Küchen oder wenigstens zwei Kochstellen verwenden, eine für Fleisch und eine für Milch und Milchprodukte.

  10. #1090
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    Zitat Zitat von Mongke Khan Beitrag anzeigen
    [*]Vers 24 lässt mich an das noch heute relevante Zinsverbot im Islam denken. Ich muss aber gestehen, dass ich mir nie gemerkt habe, wie Koran und Tora zusammenhängen. Hat der Koran nicht auch Wurzeln in der Tora...?
    Der Koran ist ja für einen gläubigen Muslim Mohammed direkt von Gottes Engel diktiert worden. Da aber Abraham und Jesus (und einige andere Personen des AT und NT) als gottesfürchtige Propheten gelten, ist aus muslimischer Sicht zumindest ein Teil der Bibel göttlichen Ursprungs, und Mohammed hat beide auch ziemlich sicher gekannt. Es gab zu seiner Zeit auch christliche und jüdische Stämme in Arabien, die sich zum Teil seinen Anhängern anschlossen.

  11. #1091
    Sie/Er/Whatever Avatar von Fimi
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    Zitat Zitat von Jon Snow Beitrag anzeigen
    Man muss ja nicht nur die Milch der Kuh nehmen. Übrigens gibt es heute noch orthodoxe Juden, die zwei Küchen oder wenigstens zwei Kochstellen verwenden, eine für Fleisch und eine für Milch und Milchprodukte.
    Komplett mit Milch- und Fleischgeschirr, -Besteck und so weiter.
    "La majestueuse égalité des lois, qui interdit au riche comme au pauvre de coucher sous les ponts, de mendier dans les rues et de voler du pain." - Anatole France

    Zitat Zitat von Fonte Randa Beitrag anzeigen
    Manchmal kann ich Fimi verstehen...
    Zitat Zitat von Kaiserin Uschi Beitrag anzeigen
    Ja, aber das ist nur ein Grundgesetzbruch, aber kein Verfassungsbrauch. Bring das mal vors Bundesgrundgericht ;)

  12. #1092
    Ausgetreten
    Gast
    Gut für Leute mit Lactoseintolleranz.

  13. #1093
    Vulvarine Avatar von Tohuwabohu
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    Zitat Zitat von Mongke Khan Beitrag anzeigen
    [*]Interessant, dass das tödliche Verhindern eines (versuchten) Diebstahls abhängig von der Uhrzeit bestraft wird - nachts ist es kein Mord, tagsüber schon.
    Das macht schon Sinn im Sinne von nachts eher Notwehr. Das tagsüber verhindert vermutlich, dass man einfach Leute totschlägt und sich dann rausredet, es wäre ein Dieb gewesen.

  14. #1094
    der 397ste von 29355 Avatar von X_MasterDave_X
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    Zitat Zitat von Jon Snow Beitrag anzeigen
    Der Koran ist ja für einen gläubigen Muslim Mohammed direkt von Gottes Engel diktiert worden. Da aber Abraham und Jesus (und einige andere Personen des AT und NT) als gottesfürchtige Propheten gelten, ist aus muslimischer Sicht zumindest ein Teil der Bibel göttlichen Ursprungs, und Mohammed hat beide auch ziemlich sicher gekannt.
    War dieser Engel nicht sogar Gabriel, also derselbe der auch der Maria die Nachricht überbrachte dass sie mit Gottes Sohn schwanger gehen würde?



    @Mongke

    "bedrücken" meint wohl sinngemäß "unterdrücken" im Sinne von "der Rechte berauben", oder wie der Text selbst sagt "übervorteilen". Gott macht sich hier also zum Rechtsanwalt der Witwen, Waisen und ansässigen Ausländer.

  15. #1095
    Zurück im Norden
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    Gabriel ist ja schon in der christlichen Antike der "Verkündigungsengel" und gibt diese wichtig(st)e Botschaft der Geburt Jesu an Maria weiter. Er spielte aber auch im Buch Daniel und in der außeralttestamentlichen jüdischen Literatur eine wichtige Rolle. In Medina nannte Mohammed dann jüdischen Gesprächspartnern auf ihre Frage hin Gabriel als den Engel, der ihm Gottes Botschaften brachte. Es gibt aber auch einige Stellen im Koran, wo nur von einem Engel oder dem Geist Gottes die Rede ist. Es könnte also sein, dass Mohammed selbst nicht alle Offenbarungen auf einen einzigen Engel zurückführte. Der islamischen (Mehrheits-)Tradition nach war es aber Gabriel, der den ganzen Koran überbrachte.

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