Situation 1: Tempogegenstoß (= das, was man beim Fußball Konter nennt: Abwehr erobert Ball, einer rennt schnell, kriegt einen langen Pass und versucht alleine ein Tor zu machen), Verteidiger kommt und stört. Körperkontakt seitlich mit eher wenig Kraft. Kein Kontakt an Kopf/Hals/Nacken. Meiner Einschätzung nach kaum Verletzungsgefahr. Kein tatsächlicher Verlust der Körperkontrolle, wie es im Regeldeutsch heißt. Habe den Vorteil laufen lassen, Ball ging ins Tor, Tor zählt, dann 2-Minuten-Strafe für den Verteidiger. Die Trainerin wollte, dass ich Rot gebe, und hat sich auf eine Anweisung vom DHB in diesem Sommer berufen. Das habe ich heute nachgeschlagen, da steht
Einen Körperkontakt durch den Abwehrspieler
beim Tempogegenstoß kann
nur zu einer
Hinausstellung bzw Disqualifikation führen
(keine Verwarnung!!)
also hatte ich Recht. Gelb geben wäre zu wenig, mögliche Folgen sind 2min oder Rot, aber eben nicht zwangsläufig Rot. Ohne Verletzungsgefahr war die 2min vertretbar, und sie hat mir Quatsch erzählt was die DHB-Anweisung angeht.
Situation 2: Wieder Konter, Abwehrspieler läuft deutlich schneller als Angreifer, an ihm vorbei. Abwehrspieler läuft einen Bogen und kommt dadurch schräg von vorne, Kontakt bei etwa 9-10 Metern. Kontakt am Körper und Wurfarm, meiner Einschätzung nach mäßige Verletzungsgefahr, dicht an der Grenze ab der Strafe sein sollte. Angreifer spielt einen Pass, anderer Angreifer wirft ungestört, trifft das Tor aber nicht. In solchen Fällen sagt die Vorteilsregel sinngemäß, erstmal laufenlassen und Strafen später aussprechen. Machen die Angreifer einen Fehler (zB Schrittfehler oder Kreiseintritt) oder vergeben die Torchance, kriegen sie wieder den Ball, weil das andere Foul ja zuerst war. Vorteilssituation ist aufgehoben, wenn irgendein Angreifer "volle Ball- und Körperkontrolle" hat, wenn er dann vorbeiwirft ist es halt sein Pech. Hier hätte ich 2min geben können, habe ich nicht gemacht, war eine knappe Entscheidung. Vielleicht war ich dadurch beeinflusst, dass mich die Trainerin schon genervt hatte.
Situation 3: Spieler hatte schon eine 2-Minuten-Strafe, ich sehe ein Foul knapp an der Grenze zur Strafe. Vergesse, dass er schonmal 2min hatte, gebe ihm Gelb. Kurz danach meldet sich der Sekretär (= einer am Schiedsgericht, der Strafen und Tore mitschreibt für den Spielbericht), Spiel unterbrochen, das kann man in der Spielberichts-App so nicht anklicken. Ich überlege kurz und entscheide "dann eben nicht". Trainerin fragt, ob es dann nicht eine (zweite) 2-Minuten-Strafe geben sollte. Ich bin mir unsicher und sage ihr Nein, sie fragt ob das nicht gegen die Regeln ist. Ich weiß es nicht genau, sage ihr "kann sein, das ist nunmal meine Entscheidung, wir machen jetzt ohne 2min-Strafe weiter", sie akzeptiert das.
Jetzt beim Regeln nachgeschlagen, da steht in Regel 16:1 Kommentar
Ein bereits hinausgestellter Spieler sollte nicht mehr verwarnt werden.
Also war das eine schlechte Entscheidung von mir, aber weil da nur "sollte nicht" steht, keine Regelwidrigkeit von mir und kein Einspruchsgrund. (Einspruch ist eh unrealistisch, erstens war das niedrige Liga Jugend und zweitens macht man keinen Einspruch gegen einen Sieg mit 33 : 18)
Situation 4: Kreisläufer wird angespielt, fängt den Ball, Abwehr hält ihn mit zwei Leuten fest, alle drei fallen rückwärts in den Torraum. Kaum Verletzungsgefahr. Hätte ich auf 7m entscheiden sollen, habe nur Freiwurf gegeben. Na schön, zweiter klarer Fehler, in einem ganzen Spiel nur zwei ist eigentlich ganz gut.