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Thema: Fragen zur Geschichte

  1. #811
    Ignoriert Mauern Avatar von Argonir
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    Zitat Zitat von Des Pudels Kern Beitrag anzeigen
    Das war missverständlich formuliert. Die Deutschen hatten das ganze sicherlich nicht als Falle und großen Masterplan konzipiert. Es war ne Verzweifelungsaktion, ohne Frage. Allerdings hätten die eingeplanten Eventualitäten dazu führen können, dass die Royal Navy ne ziemlich blutige Nase holt. Die waren ja schon darüber überrascht, als die Deutschen in der Skagerakschlacht ne Gefechtskehrtwendung hinlegten, die Briten hielten das für einen Flottenverband als unmögliches Manöver, und ihnen den sicher geglaubten Sieg (Crossing T) nahmen. Es ist halt nicht bloß immer Tonnagemenge worauf du gucken solltest, sondern die Ausbildung und technischen Details (Geschützreichweite, Frequenz, Durchschlagskraft, Deckpanzerung/Beplankung) spielen eine ausschlaggebende Rolle. Und die Hochseeflotte war halt schon ein verdammt zäher Haufen, der immer für ne Überraschung gut war. Dass die Deutschen skeptisch ob ihrer eigenen Fähigkeiten sind und häufig vom Schlimmsten ausgehen, ist zudem beinahe normal. Von daher würde ich auf die eigene Einschätzung der Admiralität erst einmal nichts geben. Kritisch wurde es vielmehr immer, wenns plötzlich umgekehrt war.
    Achja? Und du kannst das besser einschätzen als die deutsche Admiralität und diverse Historiker, die sich damit beschäftigt haben?

    Das ganze könnte, hätte, etc. spielt doch keinerlei Rolle. Fakt ist, die deutsche Flotte ist nicht ausgelaufen. Fakt ist auch, dass sie auf dem Papier unterlegen war und zwar deutlich. Und da sie nunmal nicht ausgelaufen ist, ist das Papier das einzige was wir haben. Natürlich kann man jetzt als Hobby-Admiral neben seinen Job als Hobby-Bundestrainer, noch einen super Plan zurecht legen, mit dem die deutsche Flotte doch noch hätte gewinnen können. Problem ist nur: die Flotte ist nicht ausgelaufen und Deutschland hat verloren und was die ganzen Hobbystrategen oft vergessen ist, dass grundsätzlich den Gegnern die gleichen Möglichkeiten offen stehen. Auch die können neue Minenfelder (wobei Minen und Minenleger auch nicht nach belieben auf Bäumen wachsen!) legen, auch die können neue Flottentaktiken erproben. Also kann man jedes "hätte die Deutschen.... hätten sie gewinnen können" mit einem "hätten die Engländer.... dann wäre die Deutsche Flotte schnell Geschichte gewesen".
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  2. #812
    begossener Pudel Avatar von Des Pudels Kern
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    Zitat Zitat von Argonir Beitrag anzeigen
    Achja? Und du kannst das besser einschätzen als die deutsche Admiralität und diverse Historiker, die sich damit beschäftigt haben?
    Dass sich tatsächliche Verläufe entgegen vorausgegangener Planungen entwickeln, ist, würde ich sagen, eher als Regel denn Ausnahme zu sehen - wobei der zeitliche Horizont natürlich eine Rolle spielt (s. zweiten Absatz). Was aber taktische Fragen angeht, kann man beinahe nichts im Voraus planen bzw präzise vorhersehen. Dafür ist der menschliche Faktor - auf beiden Seiten - zu ausschlaggebend.


    Das ganze könnte, hätte, etc. spielt doch keinerlei Rolle. Fakt ist, die deutsche Flotte ist nicht ausgelaufen. Fakt ist auch, dass sie auf dem Papier unterlegen war und zwar deutlich. Und da sie nunmal nicht ausgelaufen ist, ist das Papier das einzige was wir haben.

    Wichtig sind hierbei Vergleichsmaßstäbe, die sich letztlich nur über empirische Daten erheben lassen. Und insbesondere bei militärischen Aktionen in der Zeit vor dem Aufkommen von Flugzeugen und Spionagesatelliten - nicht wörtlich verstehen, sondern beispielhaft - hatte derjenige mit der Initiative einen klaren (Anfangs-)Vorteil. Die Frage ist daher, ob es gelingt, diesen Vorteil entscheidend zu verwerten und/ oder ob die Ressourcen/ Reserven des Verteidigers ausreichen, das abzufangen. Das hat nichts mit Hobbyhistoriker oder sonstwas zu tun, sondern ist ua Bestandteil eines jeden Strategiespiels ( ) und Ratio.
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  3. #813
    begossener Pudel Avatar von Des Pudels Kern
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    Zitat Zitat von Argonir Beitrag anzeigen
    [...], dass grundsätzlich den Gegnern die gleichen Möglichkeiten offen stehen. Auch die können neue Minenfelder (wobei Minen und Minenleger auch nicht nach belieben auf Bäumen wachsen!) legen, auch die können neue Flottentaktiken erproben. Also kann man jedes "hätte die Deutschen.... hätten sie gewinnen können" mit einem "hätten die Engländer.... dann wäre die Deutsche Flotte schnell Geschichte gewesen".
    Noch einmal: Das ist mir völlig klar und das habe ich nie bestritten. Der Punkt, auf den ich hierbei "herumreite" ist Initiative. Der Informationsfluss und Aufklärung im 1. WK war ziemlich lückenhaft.
    Falls du des englischen einigermaßen mächtig bist, empfehle ich dir mal zum Einstieg diesen Artikel , der ua offenlegt, wie sehr sowohl Briten als auch Deutsche die Gefahr von Minen und Ubooten für ihre Großkampfschiffe fürchteten. Es handelte sich bei dem so geschehenen Gefecht um einen kombinierten Vorstoß aus Über- und Unterwassereinheiten.
    Im Zuge ihres All-in 1918 hätten die Deutschen allerdings einen sehr großen taktischen Vorteil gehabt, da sie ihre Uboote und Minen im Vorfeld positioniert hätten - das war explizit ein bedeutender, wenn nicht entscheidender Bestandteil der Gesamtoperation.
    Zwar hat Scheer bei dieser Aktion einen Totalverlust durchaus einkalkuliert, jedoch ging er gleichzeitig davon aus, dass das Unternehmen auf jeden Fall einigen Erfolg mit sich gebracht hätte, da eben die intakt gebliebene Uboot-Flotte sowohl die Sicherung, als auch Offensivkapazitäten gegenüber der Royal Navy weiterhin aufrechterhalten hätte können.
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  4. #814
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    Man muss hier wohl drei Dinge trennen. Menelors Frage bezog sich ja auf die militärische Zielsetzung bzw. das Operationsziel, welches das deutsche Flottenoberkommando mit dem Vorstoß verband. Das ist mE relativ gut zu rekonstruieren, weil wir mit dem Einsatzbefehl eine äußerst wertvolle, glaubwürdige Quelle aus erster Hand haben. Es ging darum, die Flotte der Royal Navy unter möglichst günstigen Bedingungen zu Schlacht zu stellen.

    Dann ist da die Frage der Motivation und (eng damit verbunden) die Einschätzung der Erfolgschancen des Vorstoßes durch von Hipper und andere führende Offiziere. Ging es tatsächlich (wie von den meuternden Matrosen vermutet) um eine "Todesfahrt"? Oder sollte einfach noch der Wert der Schlachtflotte bewiesen werden, um später nicht gegenüber dem Heer und der U-Boot-Waffe ins Hintertreffen zu geraten? In dem Fall hat man vielleicht gehofft, wie 1916 einen taktischen Erfolg zu erringen und die Schlacht dann abbrechen zu können. An einen echten Sieg glaubte man vermutlich nicht, sonst hätte man zwischen 1916 und 1918 entsprechende Pläne nicht stets verworfen.

    Die dritte Frage ist die nach den realen Erfolgsaussichten des Planes. Jede Antwort darauf ist natürlich spekulativ, was den Historiker zumindest zu einer gewissen Vorsicht in der Beurteilung mahnen sollte. Die Zahlenverhältnisse sprachen (aus Sicht der Kriegsmarine) eigentlich recht deutlich für die Aussichtslosigkeit eines Kampfes bis zum Ende, und ich würde mich hier eher Argonir anschließen, der diese Einschätzung für zutreffend hält. Wenn ich es richtig im Kopf habe, standen in der Nordsee Ende 1918 23 seetüchtige deutsche Großkampfschiffe 52 britischen und amerikanischen gegenüber (die französische Flotte war vornehmlich im Mittelmeer stationiert). Wenn nicht gerade 20 alliierte Schiffe im Vorfeld durch Minenfelder und U-Boote aus dem Kampf genommen worden wären (was man kaum für realistisch halten wird), wäre das Übergewicht bei der Feuerkraft erdrückend gewesen. Aber wie gesagt, das ist alles höchst spekulativ, deshalb halte ich Menelors Frage eigentlich für historisch viel interessanter.
    Geändert von Jon Snow (21. Juli 2017 um 13:23 Uhr)

  5. #815
    begossener Pudel Avatar von Des Pudels Kern
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    Alle drei Elemente sind eng miteinander verzahnt. Mit Vorsicht zu genießen, aber dennoch als primäre Quelle verwendbar, ist dazu Scheers "Deutschlands Hochseeflotte im Weltkrieg". Hier äußert er ua, dass er durchaus Erfolgsaussichten sah und eben die Ubootwaffe im Anschluss die Aufgaben, die vormalig den Überwassereinheiten zugewiesen waren, übernehmen sollte. Von einer Konkurrenzdenke, die es mit Sicherheit gab, erwähnt Scheer in diesem Zusammenhang nicht.

    Und nochmal bzgl. der Erfolgsaussichten, die ja für eine Erwägung alles andere als irrelevant sind: Die Schlacht im Skagerak war auf dem Papier Argonirs und deiner Logik nach auch von vorneherein entschieden. De facto endete sie aber für die Briten mit einer gefühlten Niederlage und deutlich höheren Verlusten. Die Briten führten ihr neuestes Schlachtgeschwader ein, das allerdings kaum Wirkung zeigte - ua weil eben Aufklärung, Peilung usw nicht mit heutigen Standards zu vergleichen sind. Demgegenüber zahlte sich die überlegene deutsche Feuerleittechnik aus, bzw schlugen die Granaten der dt. Schiffe teilweise durch die zu schwach beplankten Decks durch gleich in die Munitionskammern. Auf dem Papier überlegen bzw guckt ihr einfach nur auf Anzahl und/ oder Tonnage heißt nicht, dass am Ende auch derjenige gewinnt.
    Die Bismarck wurde auch nicht vom eigentlich überlegen eingestuften Verband der Hood und Prince of Wales versenkt, im Gegenteil, wieder flog nach drei Minuten der britische Stolz der Marine in die Luft, weil zu schwach gepanzert, sondern sie wurde letztlich von einem veralteten Doppeldecker manövrierunfähig geschossen.
    Geändert von Des Pudels Kern (21. Juli 2017 um 21:03 Uhr)
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  6. #816
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    Das von 1920? Das ist aber natürlich im Umfeld der Dolchstoßlegende entstanden. Nach dieser Theorie hätte Deutschland ja 1918 auch noch alle Chancen gehabt, den Krieg zu gewinnen. Außerdem spricht der Zeitpunkt der Offensive dafür, dass auch Scheer nicht an einen Erfolg glaubte, sonst hätte er sich nämlich im Juli und August nicht dagegen entschieden, als ein Sieg über die britische Flotte auch dem Heer noch geholfen hätte.

  7. #817
    begossener Pudel Avatar von Des Pudels Kern
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    Er hatte ja durchaus politische Ambitionen, jedoch weiß ich nicht, inwieweit er Anhänger bzw Initiator der Dolchstoßlegende war. Zu dem Zeitpunkt hatte er außerdem wohl eher andere Sorgen - ua Trauer um seine ermordete Ehefrau.

    Ich glaube, man müsste, auch um Menelors Frage zu klären, den genauen Einsatzplan, nicht nur die Zielsetzung "Stellen der Grand Fleet" betrachten. Geplant war ja, mit zwei leichteren Kreuzergruppen jeweils simultan die Themse zu raiden, evtl. auch um Nachschubanlagen nachhaltig zu zerstören und Terror zu verbreiten (s. auch die Luftangriffe), sowie in Flandern aktiv ins Geschehen einzugreifen. Diese beiden Kreuzergruppen sollten dann gedeckt werden vom Rest der Flotte. Das Aufeinandertreffen sollte dann vor der niederländischen Küste stattfinden. Alles in allem ein eigentlich ziemlich solider Plan, vor allem weil, entgegen übrigens Argonirs Behauptung, die Briten für einen solchen Angriff wohl nicht entsprechend vorbereitet gewesen wären. Das Momentum wäre wohl aufseiten der, übrigens zwischenzeitlich seit der Skagerakschlacht technisch noch mal aufgerüsteten, Hochseeflotte gewesen. Weiß nicht, aber sone klare Geschichte wär das halt einfach nicht geworden. Am Ausgang des Krieges hätte sie wohl aber nichts verändert.
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  8. #818
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    Das scheint dir wirklich ein solider Plan zu sein? Und wenn die Seekriegsleitung das auch so gesehen haben sollte: Weshalb hat sie diesen Plan dann nicht im Sommer verwirklicht? Oder bereits 1916/17?

  9. #819
    begossener Pudel Avatar von Des Pudels Kern
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    Zitat Zitat von Jon Snow Beitrag anzeigen
    Das scheint dir wirklich ein solider Plan zu sein? Und wenn die Seekriegsleitung das auch so gesehen haben sollte: Weshalb hat sie diesen Plan dann nicht im Sommer verwirklicht? Oder bereits 1916/17?
    Die Gesamtumstände haben wohl dazu beigetragen. Die Flotte war zuvor eher ein Symbol denn wirklich effektiv. Nicht die Hochseeflotte sorgte dafür, dass die Royal Navy nicht in "deutschen" Gewässern operierte, sondern massive Minensperrgürtel und eben die Ubootgefahr.
    Hätte man sie nun vorher aufs Spiel gesetzt und sie wäre verloren gegangen, ganz gleich welchen Erfolg das gebracht hätte, wäre die Wirkung fatal. Wobei man aber auch sagen muss, dass die Skargerak-Schlacht (1916) mit nahezu allen Einheiten geführt worden ist. Jedoch war es hier möglich, sich zurück zuziehen, während dies in den Planungen 1918 nicht so vorgesehen war.
    Warum sie nicht früher 1918 stattfand? Möglicherweise auch, weil die Frühjahrsoffensive Priorität hatte. Ist halt auch ne Ressourcenfrage. Zur See und zu Land all-in zu gehen war vielleicht logistisch/ organisatorisch nicht möglich und man wollte bei der Frühjahrsoffensive zu Gunsten eines gleichzeitigen Engagements der gesamten Flotte nicht kürzer treten. Eventuell waren auch die Erwartungen an die Offensive so hoch, dass man noch nicht bereit, gleichzeitig die Flotte zu riskieren. Weiß ich nicht.

    Jedoch ist für sich genommen der Plan nicht schlecht und hatte, Achtung!, bei einem gewissen de Ruyter ziemlich durchschlagenden Erfolg.
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  10. #820
    Zurück im Norden
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    De Ruyter wollte die Briten mit Hilfe von Wasserminen und U-Booten besiegen?

    Wie gesagt, man kann da stundenlang mit geringem Erkenntnisgewinn diskutieren. Du schätzt die möglichen Erfolgsaussichten der deutschen Marine, Armee und Luftwaffe in den Weltkriegen ja generell immer sehr hoch ein, und das sei dir unbenommen.

    Interessanter finde ich da (wie bereits gesagt) die Frage nach der Motivation und der zeitgenössischen Einschätzung der Erfolgsaussichten. Dazu gibt es schließlich genügend Quellen. Menelor, hast du bereits nachgeschaut, auf welche Weise in dem von dir genannten Buch das Heer in die Diskussion einfloss?

  11. #821
    Moltkefan Avatar von Menelor
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    Zitat Zitat von Jon Snow Beitrag anzeigen
    Interessanter finde ich da (wie bereits gesagt) die Frage nach der Motivation und der zeitgenössischen Einschätzung der Erfolgsaussichten. Dazu gibt es schließlich genügend Quellen. Menelor, hast du bereits nachgeschaut, auf welche Weise in dem von dir genannten Buch das Heer in die Diskussion einfloss?
    Noch nicht. Das Buch liegt unausleihbar in der Uni, also werde ich vermutlich entweder morgen oder Mittwoch Zeit finden, es mir nochmal durchzulesen.

  12. #822
    begossener Pudel Avatar von Des Pudels Kern
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    Zitat Zitat von Jon Snow Beitrag anzeigen
    De Ruyter wollte die Briten mit Hilfe von Wasserminen und U-Booten besiegen?

    Wie gesagt, man kann da stundenlang mit geringem Erkenntnisgewinn diskutieren. Du schätzt die möglichen Erfolgsaussichten der deutschen Marine, Armee und Luftwaffe in den Weltkriegen ja generell immer sehr hoch ein, und das sei dir unbenommen.
    MMn gilt das Sprichwort "Wer wagt, gewinnt" militärhistorisch gesehen sehr häufig. Insbesondere in Zeiten, in denen die Aufklärung "hinterherhinkt" und ein räumlicher Vorsprung eine Menge ausmacht (Bestimmung des Gefechtsfeldes, Vorbereitung etc). Das gilt nicht nur für das dt. Militär, sondern, exemplarisch sei zB die Schlacht bei Cannae genannt bzw grundsätzlich die Strategie Hannibals. Zufälligerweise war diese Schlacht und dieses Prinzip halt auch das explizit genannte Credo der dt. Heeresführung in quasi beiden Weltkriegen
    Es hängt nur eben auch von der Verwertung des Erstschlags ab. Nicht umsonst hat beim Schach Weiß immer den anfänglichen Vorteil.

    Interessanter finde ich da (wie bereits gesagt) die Frage nach der Motivation und der zeitgenössischen Einschätzung der Erfolgsaussichten. Dazu gibt es schließlich genügend Quellen. Menelor, hast du bereits nachgeschaut, auf welche Weise in dem von dir genannten Buch das Heer in die Diskussion einfloss?
    In der englischen Wikipedia ist es mE ganz gut ausgeführt für den Anfang:

    Writing after the war, Admiral Scheer asserted that "it was highly probable an expedition of the Fleet might achieve a favourable result. If the Fleet suffered losses, it was to be assumed that the enemy's injuries would be in proportion, and that we should still have sufficient forces to protect the U-boat campaign in the North Sea, which would have to be resumed if the negotiations should make imperative a continuation of the struggle with all the means at our disposal." The High Seas Fleet had undertaken similar diversionary attacks intended to draw British units into a submarine/mine ambush before: the Action of 19 August 1916 was the one occasion when this tactic came closest to succeeding. On 27 October, the German Government had agreed to surrender the fleet as part of the armistice; thus in strictly material terms, the German Navy had nothing to lose.
    Die im worst case dennoch vorhandenen Ubootverbände hätten im Zuge der (Friedens-)Verhandlungen noch genug Druckpotenzial und Verhandlungsmasse dargestellt, um ein für das Reich günstigen Ausgang des Vertrages zu ermöglichen.
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  13. #823
    Ignoriert Mauern Avatar von Argonir
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    Zitat Zitat von Des Pudels Kern Beitrag anzeigen
    MMn gilt das Sprichwort "Wer wagt, gewinnt" militärhistorisch gesehen sehr häufig. Insbesondere in Zeiten, in denen die Aufklärung "hinterherhinkt" und ein räumlicher Vorsprung eine Menge ausmacht (Bestimmung des Gefechtsfeldes, Vorbereitung etc). Das gilt nicht nur für das dt. Militär, sondern, exemplarisch sei zB die Schlacht bei Cannae genannt bzw grundsätzlich die Strategie Hannibals. Zufälligerweise war diese Schlacht und dieses Prinzip halt auch das explizit genannte Credo der dt. Heeresführung in quasi beiden Weltkriegen
    Es hängt nur eben auch von der Verwertung des Erstschlags ab. Nicht umsonst hat beim Schach Weiß immer den anfänglichen Vorteil.
    Hannibal ist genau ein Beispiel dafür, dass wer wagt, doch nicht immer gewinnt. Der hat den Krieg trotz zahlreicher Siege verloren. Die Initiative vor der Schlacht von Cannae lag im Übrigen bei den Römern. Die konnten entscheiden, wann und wo sie Hannibal stellten, da dieser in ihrem Herrschaftsgebiet stand und ziemlich eingeschränkt in seinen Optionen war. Hannibal brauchte die Schlacht, die Römer nicht. Doch diese machten ihm ein Angebot was er nicht ablehnen konnte. Unfähigkeit hat zwar schon so manche Schlacht entschieden, es ist aber nichts, worauf man längerfristig bauen kann. Das musste auch Hannibal lernen, der dann auf Gegner stieß, die ihm taktisch und strategisch gewachsen waren. Mit Aufklärung bzw. fehlender Aufklärung hatten nur die ersten Siege Hannibals insbesondere der, bei der Schlacht am Trasimenischen See, zu tun.

    Auch die britische Admiralität war nicht vollendet unfähig. Die gröbsten Probleme, die sich bei der Skagarakschlacht gezeigt hatten, haben sie auch darauf abgestellt. Die Deutschen hatten neben der leicht überlegenen Gefechtstaktik halt Glück gehabt, dass die Briten ein paar Sachen missgedeutet hatten und daher die Fotte wo anders vermuteten, als das sie dann war. Das Wetter tat dann ein Übriges, dass die deutsche Flotte entkommen konnte.
    Natürlich wäre es möglich gewesen, dass sich die Bedingungen wiederholten und die Gegner entscheidende Fehler machen, aber darauf sollte man nicht umbedingt bauen. Genauso wenig, wie man etwas auf eine Rechtfertigungsschrift geben kann, die ein Admiral ein paar Jahre nach dem Krieg veröffentlicht und in der er mit auf dem Papier glänzenden Strategien brilliert. Die Realität ist kein Strategiespiel und hat damit auch nichts zu tun. Auch der Vergleich mit Schach hinkt gewaltig. Seit wann zieht man im Krieg hintereinander und immer nur eine Einheit?

    Ständig irgendwelche Chancen bei deutschen Streitkräften zu sehen, begünstig nur irgendwelche Dolchstoßlegenden. Deutschland hat zwei Weltkrieg verloren. An deren Ausgang war nichts knapp, die wurden beide krachend verloren. Im Nachhinein betrachtet waren beide Niederlagen schon jeweils länger abzusehen.


    Zitat Zitat von Des Pudels Kern Beitrag anzeigen
    Die im worst case dennoch vorhandenen Ubootverbände hätten im Zuge der (Friedens-)Verhandlungen noch genug Druckpotenzial und Verhandlungsmasse dargestellt, um ein für das Reich günstigen Ausgang des Vertrages zu ermöglichen.
    Der Satz ist nicht dein Ernst oder? Von welchen günstigen Ausgang eines welchen Vertrages redest du? Die Bedingungen für Waffenstillstand lagen bereits vor und die waren nicht günstig und wären durch den Verlust der deutschen Hochseeflotte auch nicht besser geworden, auch wenn die U-Boote noch überlebten.

    Das Auslaufen der Flotte wurde zu einem Zeitpunkt befohlen, als man sah, dass der Krieg verloren zu gehen drohte. Ihr Einsatz gleicht einem All-in beim Pokern mit nicht mehr viel Geld und nicht sonderlich guten Karten, von denen die anderen zumindest grob wissen. Klar kann auf dem Flop noch irgendwas kommen, was die Situation rumreißt, aber die Wahrscheinlichkeit ist gering.
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  14. #824
    begossener Pudel Avatar von Des Pudels Kern
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    Zitat Zitat von Argonir Beitrag anzeigen
    Hannibal ist genau ein Beispiel dafür, dass wer wagt, doch nicht immer gewinnt. Der hat den Krieg trotz zahlreicher Siege verloren. Die Initiative vor der Schlacht von Cannae lag im Übrigen bei den Römern. Die konnten entscheiden, wann und wo sie Hannibal stellten, da dieser in ihrem Herrschaftsgebiet stand und ziemlich eingeschränkt in seinen Optionen war.
    Hannibal brauchte die Schlacht, die Römer nicht. Doch diese machten ihm ein Angebot was er nicht ablehnen konnte.

    Das ist halt einfach falsch. Zum einen sorgte Hannibals ungestörtes Herumziehen für zunehmende Unzufriedenheit (freundlich formuliert) bis Panik bei den Römern, zum anderen begann er systematisch Rom versorgungstechnisch in die Mangel zu nehmen.

    Die Initiative lag vollständig bei Hannibal. Interessanterweise begann sich gerade nach Cannae das Blatt zu wenden und die Römer begannen, den Krieg zu ihm zu tragen (Initiative ). Das war der Wendepunkt. Hannibal konnte seinen Vorteil nicht entscheidend genug nutzen. Und genau das war ja nun mein Kriterium.


    Ich möchte hier keinen Nebenschauplatz aufmachen, sondern mir fiel halt gerade sein Feldzug ein, weil Cannae zum geflügelten Wort bzw Doktrin des deutschen Generalsstab war. Quasi jeder Eroberungsplan bis 1945 fusste auf der Entscheidungsschlacht durch Einkesselung. Dass man jedoch gleichzeitig die "richtigen" Ziele und strategischen Nutzen daraus ziehen sollte, entging den Herren bei ihren feuchten Träumereien.

    Auch die britische Admiralität war nicht vollendet unfähig. Die gröbsten Probleme, die sich bei der Skagarakschlacht gezeigt hatten, haben sie auch darauf abgestellt.
    Die Deutschen hatten neben der leicht überlegenen Gefechtstaktik halt Glück gehabt, dass die Briten ein paar Sachen missgedeutet hatten und daher die Fotte wo anders vermuteten, als das sie dann war. Das Wetter tat dann ein Übriges, dass die deutsche Flotte entkommen konnte.

    Fehlende Aufklärung bzw Mittel dazu, schrieb ich ja. Übrigens gab entweder Jellicoe oder Beatty an, dass die deutsche Aufklärung der britischen hochüberlegen war (Zeppeline) und die so viel wert sei - leistungsmäßig - wie 5-6 Kreuzer. Diesen Vorteil besaßen die Deutschen durchgehend. Von daher ist deine Behauptung, hier hätten die Briten aufgeholt zu beweisen. Du schreibst halt einfach Käse, Dude Ebenso wurde die Hochseeflotte nach der Schlacht technisch grundüberholt bzw die neuen Schiffe der Bayernklasse waren einsatzbereit. Die deutschen Schiffe waren unterhalb der Wasserlinie grundsätzlich stärker gepanzert, ebenso die Decks. Hinzu kam, dass die britischen Granaten ohnehin nicht so durchschlagskräftig waren bzw dazu neigten, nicht erst nach dem Aufschlag zu detonieren, sondern beim Aufschlag. Das Kaliber ist nicht alles. Hier besaßen die Deutschen massive Vorteile. Gleichzeitig war auch die Feuerleittechnik der Hochseeflotte besser, sodass sie wesentlich weniger Zeit benötigten, um deckend zu schießen. Das sind alles so Faktoren, die man leider nicht bei ner rein mathematischen Vergleichsrechnung einbeziehen kann, sondern die sich erst beim tatsächlichen Einsatz zeigen. Und die Skagerakschlacht ging halt für die Briten nicht so toll aus. Es war auch kein Glück, wie du schreibst, sondern eine "Gefechtskehrtwendung". Dh die Hochseeflotte fuhr dieses Manöver 2 oder 3 mal. Das ist Können der Besatzungen.

    Der Satz ist nicht dein Ernst oder? Von welchen günstigen Ausgang eines welchen Vertrages redest du? Die Bedingungen für Waffenstillstand lagen bereits vor und die waren nicht günstig und wären durch den Verlust der deutschen Hochseeflotte auch nicht besser geworden, auch wenn die U-Boote noch überlebten.

    Nicht ich, sondern Scheer redet davon. Du kannst kein englisch, dann brauchen wir das wohl auch nicht weiter zu diskutieren.
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  15. #825
    Moltkefan Avatar von Menelor
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    Ich habe den Text abfotografiert und versuche mal so gut es geht die Argumente zusammenzufassen.

    Im Bezug auf die Äußerungen von Scheer: "Die Hervorhebung des moralischen Motivs der geplanten Operation bedeutete nicht, dass sie ohne strategisches Ziel gewesen wäre. Auch die Feststellung, dass der Flottenvorstoß keine kriegsentscheidende Wendung herbeiführen könne, schloss das strategische Ziel, die Entlastung der Landstreitkräfte, nicht aus. Eben wegen diesem Ziel stimmte die Oberste Heeresleitung dem geplanten Vorstoß zu."

    Im Bezug auf den Einsatzbefehl: "Der Angriff der Linienschiffe auf die flandrische Küste sollte die Engländer zum Auslaufen zwingen. Bis die Engländer die Deutschen stellen können, sollen sie von Minen und U-Booten angegriffen werden. Für den Fall, dass die englische Marine nicht angreift, war ein Nachstoßen nicht beabsichtigt. Für den Rückmarsch der deutschen Flotte in die verminte deutsche Bucht lag ein minenfreier Weg vor. -> Der Plan zielte also nicht auf ein Zusammenstoßen um jeden Preis und einen "ehrenvollen Untergang", vielmehr lag ein Plan für eine gesicherte Rückkehr vor."

    Im Bezug auf die Bewertung des Plans als Todesfahrt/ Fahrt zur Ehrenrettung: "Diese Ansicht stützt sich auf eine Meinungsäußerung, die außerhalb des Befehlsbereich gefallen ist. [Nach Meinung des Autors] stand bei dem Unternehmen zwei Bewegpunkte auf selber Stufe: Der strategische Gedanke sowie der Ehrenpunkt."

    Im Anschluss arbeitet er sich noch an der Meinung anderer Autoren ab, die bspw sagen, dass dieser die "äußerste Zuspitzung des preußischen Militarismus" sei. Außerdem stellt er fest, dass der Vorgang verfassungskonform gewesen sei, obwohl man sich in Waffenstillstandsverhandlungen befand.

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